Jahresfeuer


Feuer ist ein elementarer Bestandteil vieler Riten und Bräuche. Jahreszeitlich gebundene Feuer bilden nur einen Teil des aufs ganze gesehen umfangreichen Feuerbrauchtums. Der überwiegende Teil der Jahresfeuer fällt in die erste Jahreshälfte von Weihnachten bis zur Sommermitte, wobei sich in jeder Landschaft bestimmte Termine besonders herauskristallisieren. Für Österreich können wir aufgrund der Erhebungen zum "Österreichischen Volkskundeatlas" ziemlich deutliche regionale Schwerpunkte erkennen. Osterfeuer finden wir zum Beispiel im gesamten südösterreichischen Raum (v.a. in den südlichen Gebieten Kärntens, der Steiermark und Burgenlands). Feuer zu Peter und Paul begegnen dagegen verstärkt in den nördliche Teilen Salzburgs und Oberöstereichs, während die Feuer am 1. Fastensonntag ("Funkensonntag", "Hollerpfannsonntag", "Kassuntig") in Vorarlberg, im Außerfern und Teilen Südtirols, v.a. im Vinschgau ihren Schwerpunkt haben. Sonnwend- und Johannisfeuer sind eigentlich in ganz Österreich anzutreffen. Eine Besonderheit Tirols sind die Herz-Jesu-Feuer.


Sonnwendfeuer

Die Feuer zur Sommersonnenwende weisen wohl vorchristliche Wurzeln auf, waren aber vor allem im Mittelalter sehr verbreitet und haben sich über die Verbote der Aufklärung hinweg vielerorts bis in unsere Zeit erhalten. Im Zuge der Christianisierung ersetzte die Kirche das Fest der Sommersonnenwende durch jenes der Geburt Johannes des Täufers am 24.6. (=> Johannisfeuer), aus den Sonnwendfeuern wurden die Johannesfeuer. Ob jedoch unter dem Namen Sonnwendfeuer oder Johannisfeuer, die Feuer zur Sommersonnenwende zählen zu den verbreitetsten in ganz Österreich.

Unter dem Namen "Sonnwendfeuer" werden in Tirol vor allem noch im Raum Innsbruck und im Zillertal Bergfeuer entzündet. Brauchtermine sind die Nächte um die Sommersonnenwende, das ist der 22. Juni. Besonders in den letzten Jahrzehnten sind sie zugunsten der => Herz-Jesu-Feuer in den Hintergrund getreten, nicht zuletzt deshalb, weil die Feiern zur Sommersonnenwende in der Zeit des Nationalsozialismus für ideologische Zwecke mißbraucht wurden.


Johannisfeuer

In der Nacht des 24. Juni werden in Tirol, Nieder- und Oberösterreich, Bayern, Baden-Württemberg und Mitteldeutschland (Harz) die Johannisfeuer entzündet. Der 24. Juni ist der Geburtstag Johannes des Täufers. Er geht dem Geburtsfest Christi um sechs Monate voraus und galt ursprünglich als Fest erster Klasse. Die Kirche versuchte bereits im Mittelalter die älteren Sonnwendfeuer durch die Johannesfeuer zu ersetzen. Das Entzünden von Johannisfeuern ist seit dem 12. Jahrhundert bekannt und seit dem 14. Jahrhundert häufig belegt. Im Mittelalter führte man vor allem Tänze rund um die "Johannisfeuer" auf.

Da das Fest des heiligen Johannes in die Zeit der Sommersonnenwende fällt, war es im Volksglauben mit vielen Bräuchen - besonders Reinigungs- und Fruchtbarkeitsriten - verbunden. Der Sprung über das Johannisfeuer sollte sowohl baldige Heirat als auch Schutz vor Hexen und Geistern versprechen. Angebrannte Holzstücke steckte man in Felder und Äcker, um diese vor Ungeziefer zu schützen.

Auch die Johannisfeuer wurden zunehmend durch Herz-Jesu-Feuer ersetzt. In der Wildschönau, im Zillertal, im Rofangebiet und im Gebiet um Lermoos sind sie jedoch noch zu finden.


Herz Jesu- Feuer

Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert werden auf den Bergen Tirols Herz-Jesu-Feuer als Zeichen der Erneuerung des Herz-Jesu-Gelöbnisses von 1796 entzündet. Als französische Truppen unter Napoleon I. das Land Tirol bedrohten, traten die Tiroler Landstände 1796 in Bozen zusammen, um die Situation zu beraten. Der Stamser Abt Sebastian Stöckl regte dort an, das Land dem "Heiligsten Herzen Jesu" anzuvertrauen und so göttlichen Beistand zu erhalten. Der Vorschlag wurde einstimmig angenommen, die Landstände gelobten im Namen des Volkes, das Herz-Jesu-Fest jährlich feierlich zu begehen. Als Herz-Jesu-Tag wurde der 2. Freitag nach dem Fronleichnamsfest gewählt.

Am Samstag nach diesem Freitag werden nun in ganz Tirol Herz-Jesu-Feuer entzündet. Sie gelten als "lodernder Beweis" der Unauflösbarkeit des Gelöbnisses der Tiroler Landstände aus dem Jahre 1796.
Die Feuer ordnet man häufig in Form von Herzen, Kreuzen oder den Zeichen Christi "INRI" oder "IHS" an, aber auch in Schriftzügen, die meist auf die Tiroler Einheit hinweisen.

 


Literatur:

Wolfram, R. Die Jahresfeuer. In: Österr. Volkskundeatlas. Kommentar und Karten 3. Lfg. (1968), Bl. 52 u. 4. Lfg. (1971), Bl. 68 u. 69.

Haider, Friedrich: Tiroler Brauch im Lebenslauf. Innsbruck 1990. - Teutsch, Brigitte: Tiroler Brauchtum. Rund ums Jahr. Starnberg 1995. 

Petzoldt, Leander: Volkstümliche Feste. Ein Führer zu Volksfesten, Märkten und Messen in Deutschland. München 1983.

Küster, Jürgen: Wörterbuch der Feste und Bräuche im Jahreslauf. Freiburg 1985, 89-90.

Schmidt, L.: Zur Geschichte deer Sommer-Sonnwendfeuer in Tirol. Bericht über den fünften Historikertag in Innsbruck (Veröff. D. Verbandes Österr. Geschichtsvereine 13, 1960), 109 f.

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