Krapfenschnappen in Osttirol


Noch vor wenigen Jahrzehnten war das Krapfenschnappen in fast allen Gemeinden Osttirols und Teilen des Südtiroler Pustertales beheimatet. Spätestens seit 1945 hat sich der Brauch aber auf die Region Lienz (Partriarsdorf, Dölsach, Debant, Thurn, Iselsberg), St. Veit i. Def. und Kals a. Gr. beschränkt. In Defreggen wird der Brauch "Grégeln" genannt, in der Debant oder am Iselsberg nennt man sie Krapfenschnaggler. In Kals ist der Allerheiligentag als "Schnappertag" bekannt.

Krapfenschnappen in Patriarsdorf (Lienz/ Osttirol) vom 1.11.1999 Photo: Berger Karl © 1999

Krapfenschnappen in Patriarsdorf (Lienz/ Osttirol) vom 1.11.1999
Photo: Berger Karl © 1999

Beim Krapfenschnappen zieht eine Gruppe Burschen von Haus zu Haus. Sie sind mit einem weißen Hemd bekleidet und mit einem Fell (Patriarsdorf) über dem Gesicht maskiert, auf dem Kopf tragen sie einen Hut. In ihren Händen tragen sie den "Schnapper" . Es handelt sich dabei um eine Holzstange, auf der sich ein Tierkopf (Hahn, Widder, Geiß,..) mit beweglichem Unterkiefer befindet. Durch eine Schnur wird der Unterkiefer bewegt, wodurch ein dumpfes Geklapper zu hören ist. Kommt die Gruppe in ein Haus, so beginnt auf Kommando des meist ältesten Burschen das Geklapper. Als Dank erhalten die Krapfenschnapper Krapfen ("Kiachlen"), Süßigkeiten und Geld. Diese Gaben werden vom "Weibele" (Patriarsdorf) in den Korb auf ihrem Rücken gegeben. Dabei bringen sie als Dank ein Gedicht (Debant), ein Lied (Thurn) dar. In Patriarsdorf dürfen die Burschen sich nicht zu erkennen geben und nicht sprechen. Werden sie aber dennoch angesprochen, müssen sie in verstellter, tiefer Stimme antworten. In Kals bedanken sich die Krapfenschnapper für die erhaltenen Gaben mit den Worten: "Vergelt's Gott für die Armen Seelen".

Krapfenschnapper in Patriarsdorf bei Fam. Girstmair, vlgo. Unterbrunner 1999 Photo: Berger Karl © 1999

Krapfenschnapper in Patriarsdorf bei Fam. Girstmair,
vlgo. Unterbrunner 1999
Photo: Berger Karl © 1999

 

Die Interpretation des Brauchs als heidnischer Totenkult ist überaus fraglich. Vielmehr ist das Krapfenschnappen als Heischebrauch (Heischen = Gaben erbitten, erwerben) zu sehen. Für die Jugendlichen bildet dieser Aspekt noch heute den zentralen Motivationsgrund zur Ausübung des Brauches. Durch die Maskierung sind die Brauchträger nicht erkennbar. In Patriarsdorf verstellen sie zusätzlich ihre Stimmen.

 


Literatur:
Lienz. Das große Stadtbuch, Innsbruck 1982
Haider, Friedrich: Tiroler Brauch im Jahreslauf, Innsbruck
Bockhorn, Olaf: Vergelt's Gott für die armen Seelen, in: Gapp, Hans: Alpenbräuche, Innsbruck 1994

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