Sommersemster 2022: Yanis Mayr und Lukas Marthe
Der Klimawandel ist mittlerweile ein bedeutendes globales Problem, welchem die
Menschheit gegenübersteht (Zhao & Luo, 2021). Doch obwohl der Klimawandel und
dessen Folgen bereits weitgehend bekannt sind, entspricht das Verhalten vieler
oftmals nicht dem, um der Klimakrise effektiv entgegenzuwirken. So stellt sich die
Frage, warum tun wir nicht das, was notwendig wäre? (Gifford, Kormos & Mclntyre,
2011) Warum geben wir nicht unser Bestes, um den Klimawandel zu bekämpfen?
Der Grund hierfür ist einfach. Ist gibt einen Unterschied zwischen der Einstellung zur
Umwelt und dem tatsächlichen Verhalten der Menschen. Ursache für diese Differenz
sind Hindernisse, welche zwischen strukturellen und psychologischen Hindernissen
unterteilt sind. Strukturelle Hindernisse entstehen aufgrund von Armut und schlechter,
klimaschädlicher Infrastruktur. Mit Investitionen und Hilfsprogrammen kann man
diesen aber entgegenwirken. Psychologische Hindernisse hingegen zeichnen sich
unter anderem durch eingeschränkte Kognition und eingeschränktes Verhalten aus,
welchen Menschen unterliegen und zudem nur schwer zu überwinden sind. (Gifford,
Kormos & Mclntyre, 2011).
So bevorzugt ein Individuum nach dem Present Bias etwa zeitlich näher liegende
Aspekte im Verhältnis zu zeitlich weiter entfernteren Aspekten (Weber, 2017). Das
führt beispielsweise dazu, dass Aktuelles, wie etwa die Kosten von
Klimaschutzmaßnahmen, überbewertet werden, aber der daraus resultierende Nutzen
für die Zukunft des Klimas unterbewertet wird (Zhao & Luo, 2021).
Ein verwandtes Thema des Present Bias ist der Status Quo Bias. Denn obwohl
Menschen mit einfachen Veränderungen in der Gegenwart große Auswirkungen
erzielen könnten, bleiben viele dennoch lieber bei ihrem bisherigen Verhalten. Der
Bias führt beispielsweise dazu, dass Menschen nicht in energieeffiziente Geräte (z.B.
E-Auto) investieren, obwohl diese zu zukünftigen Energieeinsparungen führen
würden. Gründe sind unter anderem der Aufwand und die Ungewissheiten, welche
durch das Abändern des Gewohnten entstehen. (Zhao & Luo, 2021)
Aber auch die Verlustaversion der Menschen spielt in diesem Kontext eine wichtige
Rolle. So ist bekannt, dass für uns Verluste schwerer wiegen als Gewinne (Kahneman
& Tversky, 1979). Kombiniert man nun die genannten Aspekte, bedeutet dies bezogen
auf die Klimakrise, dass Menschen nicht einen sicheren Verlust, etwa das Verzichten
von Verbrennermotoren oder Fliegen in den Urlaub, auf sich nehmen wollen, “nur” um
einen unsicheren Gewinn irgendwann in der Zukunft zu erzielen. Der unsichere
Gewinn wäre zum Beispiel, dass ein energieeffizientes Gerät in der Zukunft einen
tatsächlichen Nutzen für die:den Betroffene:n stiftet.
Ebenfalls bezüglich der Aufmerksamkeit und der Wahrnehmung unterliegen wir
Menschen Biases, welche uns möglicherweise daran hindern das zu tun, was
hinsichtlich des Klimawandels am besten wäre. So reagieren Menschen, abhängig
von der politischen Ausrichtung und der früheren Überzeugung, unterschiedlich auf
Informationen. Zum Beispiel konzentrieren sich laut Eye-Tracking Studien liberale
Personen bei der Betrachtung der globalen Temperaturkurve eher auf die Phase mit
starkem Temperaturanstieg, während konservative Personen sich eher auf die Phase
mit einem flachen Anstieg fokussieren. Auch unsere Besorgnis über die Krise ist
ausschlaggebend darüber, inwiefern wir klima-bezogenen Wörtern Aufmerksamkeit
schenken. Neben der selektiven Aufmerksamkeit kommt es häufig aber auch zu einer
selektiven Wahrnehmung, nach dieser die Menschen die Ansichten weniger Personen
einer Gruppe überbewerten, wodurch die Zu- oder Abneigung zu einem bestimmten
Leitbild hinsichtlich des Klimas übertrieben wird. (Zhao & Luo, 2021)
Ein weiterer kritischer Bias hinsichtlich der Informationsverarbeitung ist der
sogenannte Confirmation Bias. Menschen neigen nämlich dazu, Informationen,
welche unseren Ansichten widersprechen, zu ignorieren, aber Informationen, welche
unsere Ansichten unterstützen, zu berücksichtigen. (Peters, 2020)
Diese Biase können somit Gründe sein, weshalb manche Menschen, trotz eindeutiger
Beweise, immer noch am Klimawandel zweifeln oder diesen als weniger relevant
betrachten (Zhao & Luo, 2021).
Aber nicht nur hinsichtlich der Informationsverarbeitung, sondern auch hinsichtlich
unserer Taten steht unser menschliches Verhalten uns im Weg. Denn auch wenn wir
klimaschonend handeln, können wir diese Handlungen durch darauffolgende
Maßnahmen wieder zunichte machen. Ein Beispiel für einen solchen Rebound-Effekt
wäre, dass Menschen durch den Besitz eines Autos mit niedrigem CO2-Ausstoß
dieses möglicherweise mehr nutzen, als wenn es einen höheren Ausstoß hätte.
Dadurch wird der eigentlich positive Effekt auf das Klima aufgehoben oder sogar
umgekehrt. Folglich können manche klimafreundlichen Handlungen weniger Wirkung
haben, als sie uns vermuten lassen. (Gifford, Kormos & Mclntyre, 2011)
Neben den bereits genannten existieren aber noch wesentlich mehr
Verhaltensmuster, welche ausschlaggebend für die Bekämpfung des Klimawandels
sein können. So etwa die Vereinfachung, nach welcher wir geringe
Wahrscheinlichkeiten, wie etwa Klimakatastrophen, vernachlässigen. (Botzen,
Duijndam & van Beukering, 2021).
Man erkennt also, dass wir Menschen weniger rational agieren als man zunächst
denkt und wir somit nicht immer die optimalen Verhaltensmuster an den Tag legen.
Dieses irrationale Verhalten hat folglich seinen Preis. So auch bei der Bekämpfung
des Klimawandels. (Gifford, Kormos & Mclntyre, 2011)
Literaturverzeichnis
Botzen, W., Duijndam, S., & van Beukering, P. (2021). Lessons for climate policy from
behavioral biases towards COVID-19 and climate change risks. World Development,
137, 105214.
Gifford, R., Kormos, C., & McIntyre, A. (2011). Behavioral dimensions of climate
change: drivers, responses, barriers, and interventions. Wiley Interdisciplinary
Reviews: Climate Change, 2(6), 801-827.
Kahneman, D., & Tversky, A., (1979): Prospect Theory: An Analysis of Decision under
Risk. In: Econometrica. Band 47, S. 263–292.
Peters, U. (2020). What is the function of confirmation bias?. Erkenntnis, 1-26.
Weber, E. U., (2017): Breaking cognitive barriers to a sustainable future. Nat. Hum.
Behav. 1, 0013.
Zhao, J., & Luo, Y. (2021): A framework to address cognitive biases of climate change.
Neuron, 109(22), 3548-3551.