Ob die Brief-Kassette von Uşak nach Fulpmes, die Arbeitskleidung aus der Textilfabrik Herrburger und Rhomberg, die Arbeitskarte von Mara Ivkić aus Kroatien oder "einfach" ein türkischer Reisepass. Als gemeinsamen Nenner haben diese Gegenstände, dass sie die Arbeitsmigration der 1960er und 70er Jahre in Tirol greifbar machen. Ergänzend mit erzählten Geschichten der ObjektbesitzerInnen, ZeitzeugInnen und der KuratorInnen der Ausstellung, gab die Schau sechs Monate lang im Sonderausstellungsraum des Tiroler Volkskunstmuseums 2017 einen Einblick in das Leben der "Gastarbeiter", die in Tirol zum Arbeiten angeworben wurden.
Das Ausstellungsmaterial wurde für eine virtuelle Präsentation aufbereitet und steht nun online zur Verfügung. Von den über 30 in Form von Skype-Konferenzen arrangierten Videos von ZeitzeugInnen und KuratorInnen (zwei Stunden Videomaterial) über ausgewählte Objekte bis hin zu Audio-Führungen in den Sprachen BKS (Bosnisch, Kroatisch, Serbisch), Türkisch, Englisch und Deutsch sind die verschiedenen sozialen Perspektiven der Tiroler "Gastarbeiter" durchgängig abrufbar. Vertiefte Informationen, wie Statistiken, Faktenlisten und nicht zuletzt der Ausstellungskatalog, sind ebenso online zu finden sowie eine Auswahl an Einträgen ins BesucherInnenbuch. Auch das partizipative Element der Ausstellung - die Einladung an BesucherInnen die eigene Migrationsgeschichte zu hinterlassen - ist in das digitale Konzept integriert worden.
Mit der Webpräsenz der Ausstellung, für die im realen Format auch die Universität Innsbruck (Institut für Erziehungswissenschaft und Institut für Zeitgeschichte), das Referat Integration der Stadt Innsbruck und das Land Tirol, Abteilung Gesellschaft und Arbeit – Integration als Kooperationspartner mit an Bord waren, will das ZeMiT die "Gastarbeiter"-Migration in Tirol dokumentieren und festhalten. Es soll daran erinnern, dass Menschen, die zum Arbeiten geholt wurden und den Wirtschaftsaufschwung mit ihrer Arbeitskraft ermöglichten, sehr wohl ein Teil der Geschichte Tirols sind. Ähnlich wie beim Forschungsprojekt "Gesichter der Migration. Jugendliche aus Tirol erforschen gemeinsam ihre familiale Migrationsgeschichte" zeigt sich, dass Migration ein grundlegender Bestandteil von Biografien ist, dass dies keine Seltenheit, sondern Normalität darstellt und dass Familiengeschichten unter der Perspektive einer Migrationsgeschichte betrachtet werden können.
© Christian Niederwolfsgruber
Sónia Melo
Projektmitarbeiterin am Zentrum für Migrantinnen und Migranten in Tirol.
Die Ausstellung „Hier zuhause. Migrationsgeschichten aus Tirol“ ist eine Kooperation mit dem Zentrum für MigrantInnen in Tirol (ZeMiT), den Instituten für Zeitgeschichte und Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck, dem Land Tirol (Abteilung Gesellschaft und Arbeit – Integration) und der Stadt Innsbruck.
Die Digitalisierung www.hier-zuhause.at ist ein Projekt vom ZeMiT unterstützt von den Tiroler Landesmuseen und kofinanziert durch das Land Tirol, Abteilung Gesellschaft und Arbeit – Fachbereich Integration. Die Objekte und ihre Geschichten sind im Dokumentationsarchiv Migration Tirol am ZeMiT angesiedelt und digital archiviert.