#international
Zu Gast: Caroline Schaumann
LFUI Guest Professorship
November - Dezember 2024
Heimatuniversität / Land
Emory University / USA
Funktion
Professorin für German Studies
Forschungsschwerpunkte
Umweltwissenschaft, Kulturgeschichte des Bergsteigens, Anthropozän
Zu Gast bei
Christian Quendler
Institut / Arbeitsbereich
Institut für Amerikastudien
Vortragsveranstaltung an der UIBK
28.11.2024, um 12 Uhr: Multidirektionale Gewalt in Alfred Döblins "Die Ermordung einer Butterblume"
"Jede Lösung eines Problems ist ein neues Problem"
Innsbruck ist für mich...
Seit ich im Juni 2022 zum ersten Mal nach Innsbruck kam und an einem Workshop mit Professor Christian Quendler im Rahmen des Projekts Delocating Mountains teilnahm, wusste ich: hier möchte ich weiterarbeiten. Ich war fasziniert von dem bunten Leben an der Universität, den aufmerksamen Studierenden, den herrlichen Ausblicken auf die Berge und den sich bietenden Wanderungen. Mit Professor Quendler, Postdocs und Doktoranden begann von da an ein reger Austausch, der zu Professor Quendlers Besuch und Lehrvortrag, Eva Maria Muellers Fulbright Research Stay und Anna Koflers Fulbright Teaching Assistantship an der Emory University führte und in dem Band Global Mountain Cinema (herausgegeben von Christian Quendler, Caroline Schaumann und Kamaal Haque, Edinburgh University Press, 2025) mündete. Ich freue mich nun darauf, Kollegen:innen, Studierende und neue Freunde näher kennenzulernen und meine Forschung zu Bergen, Bergsteiger:innen und Bergfilmen in dieser inspirierenden Umgebung zu vertiefen.
Ich bewältige Stress mit/durch...
Ich liebe es zu wandern und zu klettern. Die beständige Vorwärtsbewegung, die fließende Abfolge von Kletterzügen einschließlich vieler Um- und Abwege ist Teil meiner Lebensphilosophie: „Jede Lösung eines Problems ist ein neues Problem“. Beim Klettern musst du einen neuen und manchmal waghalsigen Vorstoß riskieren, um neue Griffe, Fußtritte und mögliche Aufstiegswege zu erkennen. Nur die Bewegung erzeugt neue Perspektiven. Ist man eine Position weiter, ergeben sich neue Probleme und Aufgaben, die zu bewältigen sind. Scheitern ist Teil des Fortschritts, Stillstand bedeutet Kraftverlust und Perfektion gibt es nicht, da immer wieder neue Herausforderungen auftauchen.
Zu meinem Forschungsgebiet bin ich gekommen, weil...
Meine akademische Laufbahn begann durch Zufall, da ich eigentlich in Deutschland Journalistin werden wollte. Dann kam ich unerwartet in die USA und begann dort zu studieren. Der Spaß an der Lehre und dem Umgang mit Studierenden bewegten mich dazu, in Kalifornien meine Dissertation zu den autobiographischen Texten deutscher und deutsch-jüdischer Frauen abzuschließen. Ich fand Anstellung an der Emory University in Atlanta und nach der Publikation meines auf der Doktorarbeit beruhenden Buches wollte ich ein neues Themengebiet erschließen. Mehr und mehr wendete ich mich aktuellen Umweltproblemen aber auch Werken des 19. Jahrhunderts zu, die oft eine andere Einstellung zur Natur ausdrückten. Meine Schwerpunkte liegen jetzt in Diskursen des Ecocriticism, in der Kulturgeschichte des Bergsteigens und im Anthropozän. Mein Weg in die akademische Laufbahn war nicht geradlinig, aber bereitet mir immer wieder neu Vergnügen und Motivation. Deswegen rate ich Studierenden, so weit wie möglich offen zu bleiben für neue Impulse und an eigenen Interessen festzuhalten.
Besonders inspirierend an meiner aktuellen Forschung finde ich...
In einer Zeit, in der der Klimawandel und andere Umweltprobleme zunehmend an Bedeutung gewinnen, leistet meine Forschung einen Beitrag zu den Herausforderungen unserer Zeit. Indem ich wissenschaftliche und persönliche Ziele verbinde, hoffe ich, eine Brücke zwischen akademischer und öffentlicher Wissenschaft zu schlagen, um narrative Modelle der Umweltwissenschaften zu untersuchen. Mich fasziniert es, Texte in einer anderen Sprache, aus einer anderen Kultur, oder aus einer anderen Zeit zu lesen und auf diese Weise auf originelle und ermutigende Antworten für heutige Herausforderungen zu stoßen. Zum Beispiel beschrieb schon Alexander von Humboldt Ausbeutung, Artensterben, Entwaldung und Monokulturen im Zuge des Kolonialismus, und forderte ein true cost accounting ein, das die wahren Kosten in Bezug auf Umweltschäden, soziale Ungleichheit und Volksgesundheit einbezieht.
Ich motiviere meine Studierenden, kreativ und innovativ zu denken, indem...
Als Lehrerin und als Wissenschaftlerin ist mein Anliegen, ein Verständnis für die Komplexität der Welt und eine anhaltende Begeisterung für intellektuelle Bestrebungen zu wecken. Die grundlegenden Ziele und Herausforderungen meiner Lehrtätigkeit und meiner Forschung sind daher ähnlich, und ich bin dankbar für die Möglichkeit, mein wissenschaftliches Schreiben durch die Praxis im Klassenzimmer ergänzen zu können. In meiner Lehrtätigkeit werden Studierende stets mit einem ungewohnten Element konfrontiert: dem Klang einer fremden Sprache, den Werten einer anderen Kultur, einem Schwarzweißfilm mit Zwischentiteln oder einem unbekannten Text aus einer anderen Zeit oder anderen Umgebung. Ich glaube, dass Lernen am effektivsten dann stattfindet, wenn das Gewohnte ungewohnt wird, so dass das Ungewohnte - schließlich - vertraut werden kann. Anstatt Unterschiede zwischen Kulturen, Geschichten oder Erwartungen zu glätten, fordere ich meine Student:innen auf, das zu untersuchen, was ihrer eigenen Erfahrung widerspricht, und die Unterschiede und Verbindungen als Mittel zur (Selbst-)Reflexion zu nutzen. Diese Herausforderung, die eine Unterrichtsstunde, ein Semester oder den gesamten Lehrplan umfassen kann, prägt mein Engagement im Klassenzimmer und mein Bemühen, meine Lehre zu verbessern.