Projekte
optionMUDI: Option museal / Option digital
Follow the Money. Remittances as Social Practice
(Über)Leben mit 1,50 € am Tag. Migrationsbewegungen verarmter (Romani) Bevölkerungsgruppen aus den post-kommunistischen Ländern nach Tirol und deren Überlebensstrategien
Deprovincializing Contemporary Austrian History − Migration and the transnational challenges to national historiographies (ca. 1960-today)
Asmara – Unfolding its Architecture
Verknüpfte Analyse von Mehrsprachigkeiten am Beispiel der Universität Salzburg (VAMUS)
Arbeitsmigration in Südtirol seit dem zweiten Autonomiestatut
Migration von Räumen – Identität durch Architektur im Kontext türkischer Remigration
Bitter Oranges – Lebensbedingungen afrikanischer Erntehelfer in Kalabrien
Glauben unter Verdacht? – Einfluss des öffentlichen Islam-Bildes auf Lebensentwürfe und religiöser Orientierungen Jugendlicher und Heranwachsender mit muslimischem Hintergrund in Österreich
ReMIGRA. Return Migration as an Interdisciplinary Research Area Using the Example of the South Tyrolean "Return Option"
Leitung
assoz. Prof. Mag. Dr. Eva Pfanzelter, MA
MitarbeiterInnen
Mag. Dr. Sarah Oberbichler Dr. Valerio Larcher Verena Hechenblaikner, BA
Laufzeit
2020-2023
Fördergeber
Gefördert von der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol
Rückkehrmigration, auch als Remigration oder Repatriierung bezeichnet, ist ein immer noch allzu häufig vernachlässigtes
Thema in der Migrationsforschung und Migrationsgeschichte. Dies gilt auch für jene Südtiroler MigrantInnen, die während des Zweiten Weltkriegs ihre Heimat im Rahmen der als "Option" bekannt gewordenen "freiwilligen" Ausbürgerung verließen. 1939 wurde das so genannte "Optionsabkommen" zwischen den zwei Diktatoren, Adolf Hitler und Benito Mussolini, geschlossen: Die deutschsprachige Bevölkerung Südtirols musste sich für eine Auswanderung ins Deutsche Reich und damit für die deutsche Staatsbürgerschaft oder für den Verbleib in Italien und die Annahme der italienischen Sprache und Kultur entscheiden. Bis 1943 verließen rund 75.000 Menschen ihre Heimat, um im Deutschen Reich eine ungewisse Zukunft zu finden. Erst nach 1948 konnten diejenigen, die ins Ausland gezogen waren, den Wiedererwerb oder die Beibehaltung der italienischen Staatsbürgerschaft beantragen und legal in ihr Heimatland zurückkehren.
Die bisherige historische Forschung geht davon aus, dass etwa ein Drittel der AuswandererInnen schließlich nach Südtirol zurückkehrte. Auf Basis des vorhandenen Archivmaterials und einiger gesammelter Oral Histories möchte dieses Projekt nun ein Neubewertung der Geschichte der "Rückkehr Option" bieten. Dazu ist es unerlässlich herauszufinden, wie die spezifische Rückkehrmigration der Südtiroler Bevölkerung anhand der vorhandenen Archivfragmente, dislozierten Sammlungen und gedruckten Quellen erforscht werden kann. Aufgrund der Komplexität des Themas wird ein Ansatz mit digitalen Methoden und Technologien gewählt, um zusammengehörende, aber in verschiedenen Archiven untergebrachte Archivbestände zu identifizieren und die Geschichte der "Rückoption" zu rekonstruieren. Durch die Kombination von traditionellen und digitalen Methoden ergänzt das Projekt die bestehende Migrationsforschung und bietet Potential für zukünftige Forschungen.
optionMUDI: Option museal / Option digital
Leitung
assoz. Prof. Mag. Dr. Eva Pfanzelter, MA Univ.-Prof. Mag. Dr. Dirk Rupnow
MitarbeiterInnen
Mag. Ivan Stecher Giada Noto, MA
Laufzeit
Laufzeit Option museal: März 2021 – Februar 2023 | Laufzeit Option digital: September 2021 – Februar 2023
Fördergeber
Gefördert vom Land Tirol im Rahmen des Förderschwerpunktes „Erinnerungskultur“ und der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol
Ein Forschungsdesiderat ist die detaillierte Erarbeitung der Migrationsgeschichte eines Zuzugsgebietes, denn während es mehrere Untersuchungen zu Abwanderungsgemeinden in Südtirol gibt, sind solche von den Zielgemeinden der Optant_innen meist nur in Zusammenhang mit den Südtiroler Siedlungen zu finden. Jenbach in Nordtirol bietet sich als Untersuchungsgemeinde an, da hier einerseits im Jenbacher Museum ein Bereich der Dauerausstellung der Option gewidmet ist, der längst auf eine Neuinterpretation und -kontextualisierung wartet. Andererseits ist Jenbach auch als typische Gemeinde mit Arbeitsmigrationsgeschichte zu begreifen, da der 1938 arisierte und in „Heinkel Werke Jenbach“ benannte (ab 1959 Jenbacher Werke AG) größte Rüstungsbetrieb Tirols gezielt in der Kriegszeit Arbeitskräfte aus Südtirol rekrutierte, wobei der Großteil der Arbeitskraft aus tausenden Zwangsarbeiter_innen bestand, die im Zuge des Krieges ins Land geholt wurden. Um qualifizierte Arbeitskräfte war das Werk gleichfalls bemüht. Aus diesem Grund unterstütze die Heinkel AG die Errichtung der Südtiroler Siedlungen. Eine davon, die Tratzbergsiedlung diente in den späteren Jahrzehnten anderen ausländischen Arbeitskräften als Unterkunft und neue Heimat.
Das „Fallbeispiel Jenbach“ ordnet sich somit unter dem Maßstab der Migrationsgeschichte in ein breites Forschungsfeld an: Neben der erwähnten Südtiroler Siedlung als langdienende Migrantensiedlung werden weitere migrantische Aspekte wie Ressentiments, Vorurteile, kulturelle und soziale Auseinandersetzungen, aber ebenso Integration und Anpassung in den Blick genommen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die lokale Erinnerungskultur an Südtirol und die Option: ihre Entwicklung und verschiedenen Phasen, ihre Akteur_innen und Netzwerke sowie ihre Medien, die Denkmäler und Institutionalisierung (Verbände) stehen im Zentrum der Untersuchung.
Um die Geschichte der Option in Jenbach zu rekonstruieren, werden eine Vielzahl an Quellen erschlossen. Sie reichen von Oral History über Fundstücke im Jenbacher Museum, Zeitungsarchiven und Gemeinderatsprotokollen bis hin zu den Personalakten, den Akten der „Neuen Heimat Tirol“ oder der Bezirkshauptmannschaft Schwaz im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Mit den Forschungsergebnissen wird nicht nur anvisiert, die Forschungslücke „Option Jenbach“ zu schließen, sondern es soll anhand dieses Fallbeispiels die ambivalente Migrationsgeschichte Option in zahlreichen, bisher nicht weiter berücksichtigten Facetten detailliert erarbeitet werden. Damit kann die „Option Jenbach“ als beispielgebend für Untersuchungen anderer (städtischer) Aufnahmeorte von größeren Optantengruppen werden. Die Projektergebnisse sind auch für die Weiternutzung in Dokumentationszentren und Ausstellungen angedacht.
Follow the Money.
Remittances as Social Practice
Leitung
Univ.-Prof. Dr. Silke Meyer
MitarbeiterInnen
Fatma Haron, MA Claudius Ströhle, MA
Laufzeit
2016-2020
Fördergeber
FWF Der Wissenschaftsfonds und Tiroler Matching Funds
Fördersumme
EUR 249.704
Remittances, i.e. the portion of someone`s earnings sent from one`s migration destination to the place of origin, are a crucial part of transnational migration cycles. According to the official statistics by the World Bank of the year 2016, migrants were sending an estimated amount of 575.2 billion USD worldwide.
This project aims to investigate the role of remittances in the history of worker`s migration and analyse their social impact and effect on migrants` everyday lives, social participation strategies and the politics of transnational identity. Rather than an economic transaction, we understand remittances as a social practice and search for their cultural meanings. Thus, the focus is to attain an insight into the economic, cultural, social and political exchange between the sending- and receiving regions from an actor-centred perspective.
Mostly, migration studies have tended to concentrate on urban centres; little is known about the conditions and effects of migration in small towns or villages. Therefore, our field of research expands from the village Fulpmes in Tyrol to the region of Uşak in Turkey. Approximately one fifth of the population in Fulpmes inhabits family ties in this region in Turkey, initiated by the pioneer migrants in the 1960s and 1970s. By studying the remittance practices and field in Uşak and in Fulpmes, we aim to follow a transnational perspective in which we can examine sending and receiving actors and practices in one field of analysis (Peggy Levitt/ Ninna Sørensen). Transnational actors in their daily routines and forms of participation create a social field that crosses national borders (Linda Basch). It is, however, important to note that transnationalism does not eliminate borders and their meaning. The transnational perspective is not a cosmopolitan one, it does not claim a postnational utopia. Rather, it acknowledges nations as a frame of references for actors while examining the daily dealings beyond this national frame.
Through this transnational angle and ethnographic approach, we follow remittance actors` everyday lives in Austria and Turkey, i.e. participant observation, qualitative interviews, discourse analysis. Thus, we claim to reconstruct the social function of exchange in transnational and transgenerational networks and contribute to a deepened understanding of migration as a key concept of a locally and globally organized society.
Gesichter der Migration – Jugendliche aus Tirol erforschen gemeinsam ihre familiale Migrationsgeschichte
Leitung
Univ.-Prof. Dr. Erol Yildiz
MitarbeiterInnen
Dipl.-Päd. Miriam Hill
Anita Rotter MA
Alexander Böttcher BA
Laufzeit
07/2017-06/2019
Fördergeber
Bundesministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Forschung
Fördersumme
EUR 201.865,60
Im Sparkling Science-Projekt „Gesichter der Migration“ erforschen Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit WissenschaftlerInnen der Universität Innsbruck neben ihrer familialen Migrationsgeschichte auch die Historie der Standorte ihrer Schulen Fulpmes und Pradl. Die erzählten Familiengeschichten dienen dazu, bisher unsichtbares Wissen sichtbar zu machen: Wie sind Menschen in familiäre und andere grenzüberschreitende Netzwerke eingebunden? Wie bewegen sie sich in transnationalen Räumen? Wie kombinieren sie Unterschiedliches miteinander und entwickeln daraus ihre eigenen Lebensentwürfe? Dabei werden die Jugendlichen als ExpertInnen ihrer Lebenspraxis wahrgenommen und in den gesamten Forschungsprozess aktiv mit einbezogen: Sie entwickeln ihre eigenen Forschungsfragen, die sie dann anhand offener Interviews mit ihren Eltern und Verwandten führen. Darüber hinaus suchen die Jugendlichen mittels ethnografischer Feldforschung nach Spuren von Migration vor Ort. Die Marktgemeinde Fulpmes und das Innsbrucker Stadtviertel Pradl sind stark durch die Vielfalt der Migrationsgeschichten und Mobilitätsbewegungen ihrer BewohnerInnen geprägt: Fulpmes war unter anderem durch die florierende Werkzeugindustrie der 1960er und -70er Jahre ein idealer Arbeits- und mitunter auch Wohnort für die sogenannten „GastarbeiterInnen“ und ihre Nachfahren. So bestehen nach wie vor zwischen den BewohnerInnen der türkischen Provinz Usak und denen von Fulpmes familiäre und oder freundschaftliche Verbindungen, die sich über die transnationalen Grenzen hinweg manifestieren. Pradl wiederum war in der Vergangenheit und ist auch aktuell durch den Zuzug von Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern, Städten, Orten und Vierteln beeinflusst worden.
Aus wissenschaftlicher Sicht wird danach gefragt, wie Migrationserfahrungen in den einzelnen Familien wahrgenommen und bewertet werden und ob über Migration ein Wissen bzw. Bewusstsein vorhanden ist. Ausgehend von den Erkenntnissen der Forschung organisieren die ForscherInnen gemeinsam mit den Jugendlichen eine Ausstellung und eine Tagung an der Universität Innsbruck. Darüber hinaus wird ein Online-Heft zu den Ergebnissen des Projektes erstellt, welches sich an Schulen und an die allgemeine Öffentlichkeit richtet. Mit diesem Projekt wird somit einerseits ein wichtiger Beitrag zur Erforschung familiärer Migrations- und Stadtgeschichten geleistet werden. Andererseits können die Erkenntnisse des Projektes dazu dienen, ein anderes Bewusstsein über Migration und Diversität vor Ort zu schaffen.
(Über)Leben mit 1,50 € am Tag. Migrationsbewegungen verarmter (Romani) Bevölkerungsgruppen aus den post-kommunistischen Ländern nach Tirol und deren Überlebensstrategien
Leitung
Mag. Dr. Barbara Tiefenbacher
MitarbeiterInnen
Mag. Elisabeth Hussl
Daniel Škobla, PhD
Mario Rodriguez Polo, PhD
Laufzeit
04-08/2016
Fördergeber
TWF - Tiroler Wissenschaftsfonds
Fördersumme
EUR 10.050
Die Präsenz von bettelnden migrantischen Menschen im urbanen öffentlichen Raum hat in den letzten Jahren nicht nur in Tirol sondern österreichweit zu intensiven und kontroversen Diskussionen geführt, die vor allem rund um die Einführung von Bettelverboten kreisen. Während die einen in den Reglementierungen eine Verdrängung von Armut aus dem öffentlichen Raum sehen, erachten die anderen dies als notwendige Maßnahme gegen die „Bettelmafia“. In Tirol gingen zuletzt immer wieder die Wogen rund um (weitere) Forderungen nach „temporären“ Bettelverboten hoch, welche – wie in Innsbruck seit März 2015 bei Weihnachts- und Ostermärkten – auch das "stille" Betteln untersagen. Das geplante Forschungsprojekt hat es sich daher zum Ziel gesetzt, die gegenwärtige Armutsmigration v.a. aus der Slowakei nach Innsbruck näher zu untersuchen. Vermittels einer Interviewforschung mit ArmutsmigrantInnen aber auch VertreterInnen von Behörden und NGOs sollen Basisinformationen über die Lebensrealitäten der MigrantInnen in Innsbruck erhoben werden. Es soll untersucht werden, wie sich ihre Situation in Innsbruck und Umgebung gestaltet, ob es etwa für Männer und Frauen, ältere Menschen oder Kinder unterschiedliche Herausforderungen gibt. Anhand eines transnationalen Fallbeispiels Innsbruck – Südslowakei soll ebenso analysiert werden, welche Entwicklungen in den Herkunftsregionen – so liegt die Arbeitslosenrate im Herkunftsbezirk bei fast 30% – in dem Jahrzehnt vor und nach 1989 zur massiven Verarmung breiter Bevölkerungsschichten, von der v.a. Angehörige von Romani Communities betroffen sind, geführt haben. Die Ergebnisse dieses Forschungsprojektes sollen dazu beitragen, die komplexen Hintergründe für die Migration nach Innsbruck besser zu verstehen. Das Projekt verfolgt daher das Ziel, Hintergrundinformationen zielgruppengerecht aufzubereiten und zu vermitteln, um so informierte Debatten in Tirol zu unterstützen.
Deprovincializing Contemporary Austrian History − Migration and the transnational challenges to national historiographies (ca. 1960-today)
Leitung
Univ.-Prof. Mag. Dr. Dirk Rupnow
MitarbeiterInnen
Arif Akkılıç (Wien, WV)
Mag. Vida Bakondy
Mag. Ljubomir Bratić (10/2013-)
Mag. Dr. Wladimir Fischer (05-11/2013)
Mag. Dr. Vladimir Ivanović (Berlin/Belgrad, WV)
Mag. Theresa Weitzhofer-Yurtışık (Ankara, WV)
Laufzeit
11/2012-10/2016
Fördergeber
FWF Der Wissenschaftsfonds
Fördersumme
EUR 325.707
Das Projekt zielt auf eine transnationale Geschichte der Zweiten Republik Österreich seit den 1960er Jahren ab, verstanden als Migrationsgesellschaft und beispielhafter Fall. Unter Bezugnahme auf aktuelle Debatten und Theorien in den Geschichtswissenschaften soll reflektiert werden, wie eine zeitgemäße österreichische Geschichte geschrieben werden kann, die die Realitäten unserer heutigen Gesellschaften, die nicht zuletzt unter dem Einfluss von Migration den Rahmen des Nationalen auf verschiedenen Ebenen unterlaufen und sprengen, produktiv aufnimmt und widerspiegelt. Da für eine solche Geschichte, die Migration und Minderheiten systematisch einbezieht und integriert, noch wesentliche – vor allem quellenmäßige – Grundlagen fehlen, ist ein großer Teil des Projekts der empirisch-archivalischen Recherchearbeit in Österreich, aber auch den Herkunftsländern von MigratInnen gewidmet. Mit ihr sollen mögliche Überlieferungen und Quellen identifiziert und mittels eines online-Repertoriums allgemein für die weitere Forschung zugänglich gemacht werden. In den Blick geraten dabei nicht nur die staatlichen Archive mit ihren verstreuten Beständen zum Thema, sondern auch bisher von der Forschung kaum genutzte institutionelle Archive sowie private Überlieferungen, die zudem durch Oral History ergänzt werden sollen. Vom Thema Migration aus, das in der institutionalisierten Zeitgeschichte bislang marginalisiert ist, lässt sich die österreichische und damit auch eine europäische Zeitgeschichte neu erschließen sowie räumlich und zeitlich neu konfigurieren. Vor allem wird es notwendig sein, die Räume und Geschichten der Herkunftsländer mit der österreichischen Geschichte zu verknüpfen. Das Projekt eröffnet der österreichischen Zeitgeschichte neue europäische und globale Horizonte sowie zugleich vielfältige Möglichkeiten zur Zusammenarbeit innerhalb des Fachs Geschichte und zur intensiven transdisziplinären Vernetzung.
Asmara – Unfolding its Architecture
Leitung
Dr. Peter Volgger
MitarbeiterInnen
Dipl.-Ing. Stefan Graf
Laufzeit
2015-2017
Fördergeber
Vizerektorat Universität Innsbruck, Dekanat Architektur, Kulturabteilung des Landes Tirol, Italienzentrum, FWF (Ansuchen)
Fördersumme
EUR 15.000
Das Buchprojekt rekonstruiert im ersten Teil das koloniale architektonische und städtebauliche Erbe, indem es dieses aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und die kolonialen Schichten der Stadt freisetzt. Internationale Experten betrachten in ihren Essays kritisch den Versuch, in Asmara ein Weltkulturerbe aufzubauen und beleuchten das „Cultural Heritage Project“ im Kontext einer globalisierten Welt. Sie zeigen, was das ‚Koloniale’ in der Architektur bedeutet, wie die Stadt zur Projektionsfläche von Modernefantasien europäischer Architekten wurde und wie die Architektur in den Kolonien im Spannungsfeld gegenwärtiger politischer und ökonomischer Verhältnisse in Italien rezipiert wird. Ergänzt werden die Beiträge durch Fotoessays und bislang unveröffentlichte Dokumente aus dem Archiv in Asmara und dem Kolonialarchiv in Rom.
Der zweite Teil des Buches entwickelt eine radikale Außenperspektive entlang der Trajektorien der Migration und öffnet damit den postkolonialen Diskurs. Ein Viertel der eritreischen Bevölkerung be-findet sich auf der Flucht oder lebt schon seit Jahren in der Diaspora. Im Kontext von Asmaras kom-plexer politischer Entwicklung hat Migration ethische, räumliche und ökonomische Kräfte freigesetzt, welche alternative Narrative der Stadt im globalen Raum ermöglichen. Diese neuen Erzählungen brei-ten sich im Internet aus, sie erzeugen ein neues Mapping von Asmara oder finden in der materiellen Kultur von Flüchtlingen ihren Niederschlag, die in den Lagern im Sudan mit rudimentären Mitteln das Asmara ihrer Kindheit nachbauen. Fotoessays bekannter Fotografen dokumentieren die dabei ent-stehende Kultur der Migration, in der sich unerwartete Bilder von Asmara finden lassen.
Zu den Autoren gehören Architekten, Historiker, Städtebauer, Anthropologen, Medientheoretiker, Soziologen, Journalisten und Schriftsteller, Künstler, Dissidenten und Menschen, die in Asmara aufgewachsen sind und von ihrer Kindheit dort erzählen.
Verknüpfte Analyse von Mehrsprachigkeiten am Beispiel der Universität Salzburg (VAMUS)
Leitung
Univ.-Prof. Mag. Dr. Monika Dannerer
Ass.-Prof. Mag. Dr. Peter Mauser (Universität Salzburg)
MitarbeiterInnen
Marion Flach BA MA
Stephanie Hüttner BA BA
Sebastian Maier
Mag. Andrea Schnötzinger
Philip Vergeiner BA
Eva Weitzhofer
Laufzeit
04/2014-03/2018
Fördergeber
Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank
Fördersumme
EUR 100.000
Die aktuelle gesamtgesellschaftliche Situation ist vor dem Hintergrund von Migrationsprozessen, (Bildungs-)Mobilität und Globalisierung geprägt von vielfältigen Formen der Mehrsprachigkeit (u.a. innere und äußere Mehrsprachigkeit). Während diese Formen der Mehrsprachigkeit im täglichen Leben fest miteinander verwoben sind, werden sie in der Forschung zumeist getrennt behandelt. An diesem Punkt setzt das Projekt „VAMUS“ an, indem es die jeweiligen Perspektiven auf Mehrsprachigkeit synoptisch zusammenführt und einen verstärkten Austausch bisher getrennter Forschungsrichtungen initiiert.
Dieser innovative Ansatz soll am Beispiel der Universität Salzburg Anwendung finden: Als international orientierte Bildungseinrichtung spielt die äußere Mehrsprachigkeit an der Universität eine zentrale Rolle (u.a. Studierenden- und Lehrendenmobilität; Englisch als Wissenschaftssprache und z.T. als lingua franca). Gleichzeitig ist die Universität eine regional fest verankerte Institution, an der DialektsprecherInnen aus dem unmittelbaren Einzugsgebiet ebenso wie Personen aus dem gesamten deutschen Sprachraum (hier kommen die Formen der inneren Mehrsprachigkeit zum Tragen) und international mobile Menschen mit anderen Erstsprachen als Deutsch aufeinandertreffen, und zwar als Studierende, Forschende und in der Verwaltung. Ziel des Forschungsprojekts „VAMUS“ ist es denn auch, diese drei Gruppen in ihren Sprachattitüden, -einschätzungen sowie Selbsteinschätzungen sprachlichen Handelns und sprachlicher Entwicklung zu erfassen und zu analysieren, um ein klares und diastratisch differenziertes Bild von Funktionen und Entwicklung der Mehrsprachigkeit an der Institution Universität zu gewinnen. Dies soll u.a. dazu führen, dass regional und international mobile Lehrende und Studierende gezielter angesprochen und ggf. unterstützt werden können, dass die Verwendung von Sprache(n) in Wissenschaft und universitärer Verwaltung kritischer reflektiert werden. Zu diesem Zweck ist in den drei Gruppen der Studierenden und Lehrenden (jeweils mit Unterscheidung der kultur-und-gesellschaftswissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen und juridischen Fakultät) sowie des Verwaltungspersonals eine breit angelegte, quantitativ auswertbare Online-Fragebogen-Enquete geplant, die exemplarisch durch (u.a. sprachbiographische) Interviews vertieft werden soll. Video-/Audioaufnahmen von studentischen Präsentationen im Rahmen von Seminaren sowie von Schaltergesprächen mit Studierenden (etwa in der Serviceeinrichtung Studium) sollen die Selbstaussagen aus Fragebogen-Enquete und Interviews mit dem tatsächlichen sprachlichen Verhalten konfrontieren und damit einen zusätzlichen Analyseblickwinkel bieten.
Migrantische Arbeitswelten in Südtirol (Lehrforschungsprojekt)
Leitung
Univ.-Prof. Mag. Dr. Gilles Reckinger
Prof. Dr. Susanne Elsen (FU Bozen)
Prof. Dr. Dorothy Zinn (FU Bozen)
Laufzeit
1/2014-02/2016
Das Lehrforschungsprojekt "Migrantische Arbeitswelten in Südtirol" beschäftigt sich mit der Integration und Exklusion von MigrantInnen in verschiedenen Sektoren des Arbeitsmarktes in Südtirol. Dabei soll zunächst im Hinblick auf sozialstrukturelle Daten erforscht werden, ob MigrantInnen symbolisches Kapital (Bildungsabschlüsse, Schichtzugehörigkeit im Herkunftsland) auf dem Südtiroler Arbeitsmarkt einlösen können, und welche Zugänge ihnen offen stehen. Auf der Basis dieser theoriegeleiteten Auswahl von möglicherweise geschlechts- und herkunftsspezifischen Arbeitsmärkten soll mit qualitativen Methoden ein Einblick in die subjektiven Deutungen, Gefühle und Umgangsstrategien der MigrantInnen in Bezug auf ihre Arbeitssituation gewonnen werden. Dabei ist es ein zentrales Anliegen des Projektes, die Rückwirkungen auf die alltäglichen Lebenswelten der Betroffenen in den Blick zu nehmen.
Ziel des Lehrforschungsprojektes ist es, Studierenden über drei Semester in einer konkreten gemeinsamen Feldforschung eine Praxisausbildung in Methodologie und Methoden des Feldzugangs und der Feldforschung (WS 2014/15), fundierte Kenntnis des Untersuchungsfeldes (SoSe 2015) und reflektierte Interviewpraxis vor Ort (SoSe 2015, Block) und Methoden der Auswertung von qualitativen verstehenden Interviews zu ermöglichen (WS 2015/16). Die Ergebnisse der Forschung werden in Form eines gemeinsamen Forschungsberichtes des Forschungsteams vorgelegt.
Arbeitsmigration in Südtirol seit dem zweiten Autonomiestatut
Leitung
Ass.-Prof. Mag. Dr. Eva Pfanzelter (M.A.)
Univ.-Prof. Mag. Dr. Dirk Rupnow
MitarbeiterInnen
Mag. Dr. Kurt Gritsch
Dr. Gerhard Hetfleisch (WV)
Mag. Sarah Oberbichler
Sophie Ellensohn, Julia Tapfer
Laufzeit
03/2014-02/2017
Fördergeber
Autonome Provinz Bozen – Südtirol
Fördersumme
EUR 230.630
Migration ist eines der entscheidendsten Elemente zum Verständnis der europäischen Nachkriegsgeschichte und Gegenwart – und vielleicht derzeit die größte gesellschaftspolitische Herausforderung. In ihren Auswirkungen auf unsere Gesellschaften kann sie wohl nur mit wenigen anderen Ereignissen und Prozessen verglichen werden. Das Projekt, durchgeführt in Kooperation mit der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen (Prof. Mag. Dr. Annemarie Augschöll), widmet sich der historischen Aufarbeitung der regionalen Migrationsgeschichte der vergangenen vier Jahrzehnte und damit dem Entstehen der "neuen" Minderheiten, wie MigrantInnengruppen in Südtirol im Gegensatz zu den "alten", autochthonen Minderheiten genannt werden. Ein solcher dezidiert historischer Zugriff und eine Integration in die regionale Zeitgeschichtsforschung ist ein offensichtliches Desiderat. Möglich wird dadurch auch eine Vernetzung und Verknüpfung mit einer momentan sehr regen internationalen Forschungstätigkeit in diesem Bereich.
Migration von Räumen – Identität durch Architektur im Kontext türkischer Remigration
Leitung
Univ. Prof. Dr. Erol Yildiz
Univ.-Prof. Dr. Stefanie Bürkle (TU Berlin)
Laufzeit
11/2103-04/2016
Fördergeber
Volkswagen-Stiftung
Fördersumme
EUR 260.000
Das Projekt untersucht in transdisziplinärer Zusammenarbeit von Raum- und Gesellschaftswissenschaften die gestalterischen und räumlichen Merkmale der von Rückkehr- oder Pendelmigranten in der Türkei gebauten Architekturen. Dabei bietet die Analyse der Baukultur der Rückwanderer Rückschlüsse über Kontinuität und Wandel ihrer Lebensweise. Ziel ist eine Typologisierung der entstehenden Architekturen vor dem Hintergrund der transnationalen Verbindungen der Migranten, eine Typologie von Räumen im Kontext von türkischer Remigration.
Transnationale Beziehungen verändern Bild und Struktur der Stadt. Die interkulturelle Realität der Migranten und die Frage nach der Identität durch Architektur werden in einen Zusammenhang gebracht. Ausgehend von raumtheoretischen Ansätzen stellen wir physischen Raum und gesellschaftliche Phänomene in einen wechselseitigen Zusammenhang. Darüber hinaus greifen wir auf Konzepte der Migrationsforschung zurück, die Verbindungen der Migranten zwischen Herkunfts- und Aufnahmeländern thematisieren. Damit knüpfen wir an die Transnationalismusdebatte an.
Gegenstand der künstlerischen Stadtforschung sind Stadtraum und Architektur in der Türkei. Dort werden neben dem Stadtraum ca. 20 Häuser bzw. Wohnungen untersucht. Zusätzlich wird für drei Rückkehrszenarien an beispielhaften Orten der Stadtraum aufgenommen: Remigration in einen städtischen Kontext, die oft ländlichen Herkunftsregionen oder küstennahe Feriengebiete. Mit sozial- und bildwissenschaftlichen Methoden werden neben Sekundäranalysen an den Untersuchungsorten Daten erhoben. Eine Dokumentation und Kartierung von Häuser und Stadtraum erfolgt mit künstlerischen Methoden dokumentiert, und wird durch qualitative Interviews kontextualisiert.
In einer Ausstellung und einer Publikation werden künstlerische, raum- und sozial-wissenschaftliche Ansätze integriert und einer, über ein Fachpublikum hinausgehenden, gesellschaftlichen Öffentlichkeit präsentiert. Zusätzlich sind ausstellungsbegleitende Konferenz- und Diskussionsveranstaltungen sowie eine Auswertung der Ergebnisse in Form von Veröffentlichungen in Fachzeitschriften geplant.
Bitter Oranges – Lebensbedingungen afrikanischer Erntehelfer in Kalabrien
Leitung
Univ.-Prof. Mag. Dr. Gilles Reckinger
Dr. Diana Reiners
MitarbeiterInnen
Carole Reckinger, MSc.
Laufzeit
02/2012-12/2016
Fördergeber/Partner
Ministère de la Culture (Luxembourg), Fonds National de la Recherche (Luxembourg), Österreichische Gesellschaft für politische Bildung, Fondation pour la recherche en Education Européenne, Association Européenne des Enseignants, Forum Austriaco di Cultura Roma
Bitter Oranges ist ein photographisches und ethnographisches Ausstellungsprojekt, das die Arbeits- und Lebensbedingungen der migrantischen ErntehelferInnen auf den Zitrusplantagen in Süditalien analytisch dokumentiert.
Viele der afrikanischen Migranten und Migrantinnen, die über Lampedusa nach Europa kommen, arbeiten zu Hungerlöhnen auf den Zitrusplantagen in Süditalien. Jedes Jahr in der Weihnachtszeit pflücken sie zu Tausenden um die Stadt Rosarno (Kalabrien) billige Orangen für die EuropäerInnen – fast immer ohne Arbeitsverträge und ohne Garantie auf Auszahlung ihres geringen Lohnes. Die Menschen leben unter katastrophalen Bedingungen in Slums am Rande der Stadt, neben Autobahnen und in den umliegenden Wäldern. Nach der Saison gibt es nicht viel Arbeit, aber einige der Arbeiter können so wenig Geld verdienen, dass sie sich das Zugticket nach Apulien nicht leisten können, um zur Tomatenernte zu fahren. Sie müssen das ganze Jahr in Kalabrien ausharren und verdienen kaum genug um sich etwas zu essen zu kaufen.
Das Forschungsteam reist regelmäßig nach Kalabrien, um die Zustände vor Ort zu dokumentieren, ethnographische Zeugnisse zu erheben und die Zusammenhänge zwischen italienischer und europäischer Grenzpolitik und Ökonomie an den unteren Rändern der Arbeitsgemeinschaft zu verstehen.
Neben der Photo- und Textausstellung wird es einen Veranstaltungszyklus zu den Fragen Migrationsbewegungen, europäische Ökonomie, gemeinsame Agrarpolitik und faire Handelsbedingungen sowie zum neuen Gesicht der Sklaverei in Europa geben. Diese Aktivitäten werden gemeinsam mit den PartnerInnen an unterschiedlichen Orten erarbeitet. Die Tagung "Hungerlöhne, Slums und Illegalisierung. Dynamiken des Ausbeutens in der Lebensmittelproduktion" an der Universität Innsbruck im Oktober 2014 bildete dazu den Auftakt.
Das anthropologische und soziopolitische Anliegen dieses Ausstellungsprojektes ist es, den undokumentierten MigrantInnen in Süditalien, die aus dem Blickfeld der öffentlichen Ausfmerksamkeit gedrängt werden, ein Gesicht zu geben. Ein zentrales Ziel ist es, anhand eines konkreten empirischen Beispiels ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es im 21. Jahrhundert innerhalb der Europäischen Union Existenzbedingungen gibt, die als moderne Sklaverei zu beschreiben sind. Die Ambivalenzen der europäischen Grenz-, Migrations- und Arbeitsmarktpolitiken – allesamt Ergebnisse demokratischer, legislativer, ökonomischer Aushandlungsprozesse und damit kulturanthropologisch relevant – ebenso wie die kulturellen Praktiken der Betroffenen sollen thematisiert und in ihrer Vielschichtigkeit beleuchtet werden. Der Fokus auf die visuell-anthropologische Darstellung und Zeugnisse der Lebenswelten der MigrantInnen möchte eine Grundlage schaffen für eine Sensibilisierung der europäischen BürgerInnen und KonsumentInnen für diese Bedingungen und in Verbindung mit den anknüpfenden Aktivitäten Wege für mögliche Alternativen eröffnen.
Glauben unter Verdacht? – Einfluss des öffentlichen Islam-Bildes auf Lebensentwürfe und religiöser Orientierungen Jugendlicher und Heranwachsender mit muslimischem Hintergrund in Österreich
Leitung
Univ.-Prof. Dr. Erol Yildiz
Univ.-Ass. Dr. Marc Hill
Fördergeber
FWF Der Wissenschaftsfonds
Fördersumme
EUR 349.000 [beantragt]
Der Ausgangspunkt der Studie ist, dass das öffentliche Image des Islam in Österreich im Allgemeinen negativ besetzt ist und dass die öffentliche Repräsentation des Islam biographische Konstruktionen und religiöse Orientierungen muslimischer Jugendlicher und Heranwachsender in Österreich beeinflusst. Obwohl sie in Österreich geboren und aufgewachsen sind, werden sie oft auf die religiöse Zugehörigkeit reduziert und sehen sich in eine Sonderrolle gedrängt. Die vielfältigen Orientierungen werden kaum wahrgenommen, wenn überhaupt, nur unter negativem Vorzeichen. Darüber hinaus wird die religiöse Differenz fast automatisch mit Migrationskontext diskutiert. Dann ist oft die Rede von muslimischen Jugendlichen und Heranwachsenden mit Migrationshintergrund, eine wissenschaftliche Erfindung, die eine neue Differenzlinie konstruiert, die für die betroffenen Jugendlichen und Heranwachsenden nicht unproblematisch ist. Hier stellt sich die Frage, wie sie diese Situation einschätzen, darauf reagieren, welche Lebensentwürfe daraus hervorgehen, welche religiösen Orientierungen sichtbar werden und welche Zukunftsvisionen unter diesen gesellschaftlichen Bedingungen entwickelt werden. Es handelt sich um eine qualitativ ausgerichtete Studie. Die Grundlage der Untersuchung bilden problemzentrierte Einzelinterviews mit 65 Personen, die in Wien, Linz, Salzburg Klagenfurt und Villach durchgeführt werden.