Das Projekt "growing ideas"

Das Projekt "growing ideas" verfolgt das Ziel, mind. zwei forschungsbasierte Kinderbücher zur Verlagsreife zu bringen, die naturwissenschaftliches und medizinisches Fachwissen kindgerecht anbieten. Ein weiteres Ziel ist es, mit Hilfe dieser Bücher möglichst früh alternativen Vorstellungen entgegenzuwirken und das Interesse an MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) zu fördern. Daneben möchte das Projekt Kindergartenpädagogen/-innen dabei unterstützen, Antworten auf Kinderfragen geben zu können, denen Sie aufgrund von individuell wahrgenommenen Unsicherheiten im Kontext von naturwissenschaftlichen und medizinischen Themen eventuell ausweichen.

Letzteres soll mittels einer öffentlich zugänglichen Webseite passieren, welche den Pädagogen/-innen einen Leitfaden zur Handhabung der wissenschaftlichen Kinderbücher liefert und auch andere Interessierte mit vertiefenden Hintergrundwissen unterstützt.

Die Durchführung des Projektes erfolgt durch die Dissertantin Mag.a Julia Magdalena Nagy, MSc am Institut für Fachdidaktik (Fakultät für LehrerInnenbildung, Universität Innsbruck) unter der Supervision von Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Suzanne Kapelari, MA (Institut für Fachdidaktik, Fakultät für LehrerInnenbildung, Universität Innsbruck) mit zusätzlicher Unterstützung der involvierten Partner (Wissenstransfer West / Medizinische Universität Innsbruck / Klasse! Forschung / Tyrolia / Bundesbildungsanstalt für Elementarpädagogik).

Methodische Grundlage des Projektes sind mehrere Leitfadeninterviews, die sowohl mit Schüler:innen der Bundesbildungsanstalt für Elementarpädagogik als auch mit bereits beruflich tätigen Pädagogen:innen durchgeführt werden. Aufgrund der erhobenen Vorstellungen und Erklärungsangebote werden mit professionellen Texter:innen und Grafiker:innen die Kinderbücher erstellt.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Lernen wird durch bereits bestehende Vorstellungen und existierendes Wissen beeinflusst. Inhalte werden daher nur dann aufgenommen, wenn diese auch vorrangegangenen Vorstellungen entsprechen [1]. Dies bedeutet in weiterer Folge, dass Vorstellungen nicht ersetzt, sondern lediglich erweitert oder verändert werden können [2]. Auch Kinder halten an ihren bestehenden Vorstellungen fest, um für sie unbekannte Phänomene in ihrer Umwelt zu erklären [3]. Diese frühen, wenngleich auch zu Beginn limitierten, Erfahrungen bildet für Kinder die Grundlage ihres späteren Lernens. In dieser frühen Erfahrungsbildung besteht allerdings auch die Gefahr, dass alternative Vorstellungen, die beispielsweise in den Köpfen der Pädagog:innen sind, an die Kinder weitergegeben werden [4, 5].

In den letzten Jahren begann daher das Interesse zur Forschung im Bereich der frühkindlichen Bildung im Alter zwischen null und acht Jahren (= emergent science) zu steigen, da in diesem Alter der Grundstein für jegliche weitere Entwicklung des Kindes gelegt wird [6]. Die Qualität der in diesem Zeitfenster angebotenen Erfahrung ist daher von essenzieller Bedeutung. 

In diversen Studien konnte belegt werden, dass die Entwicklung unter anderem davon profitiert, wenn Kinder mit Bilderbüchern konfrontiert werden. Durch Bilderbücher wird die Vorstellungskraft der Kinder gestärkt und in weiterer Folge die Kompetenz entwickelt, mentale Bilder von abstrakten Sachverhalten zu bilden [7]. Zusätzlich erlauben Bücher mit informierendem Charakter den Kindern, die Wissenschaft als Teil ihrer Umwelt zu erfahren und Interesse dafür zu entwickeln [8]. Bilderbücher würden sich demnach als ideale Lösung anbieten, Kindern qualitative Erfahrung im Bereich der Naturwissenschaften zu präsentieren. Die Herausforderung, die sich hierbei ergibt, ist, dass sich häufig Pädagog:innen nicht darüber hinaussehen, Bilderbücher mit MINT-bezogenen Themen im Unterricht zu bearbeiten. Einerseits sind sich Pädagog:innen in diesen Bereichen oft selbst eher unsicher und haben dadurch eine negativere Einstellung den Fächern gegenüber, oder aber sie sind der Meinung, dass das Lesen von informierenden Texten für Kinder zu langweilig ist und sie diese Art Bücher daher im Unterricht vermeiden [9, 10]. Diese Grundeinstellungen und Vorstellungen der Lehrpersonen sind die Basis deren Unterrichts. So ist es wichtig, erneut darauf hinzuweisen, dass sich diese Ein- und Vorstellungen auf die zu Unterrichtenden übertragen. Ist der erste Kontakt mit MINT negativ, so wird sich das auf die weitere Entwicklung übertragen [11]. 

Besonders letzterem Punkt versucht dieses Projekt entgegenzuwirken. Indem Kinderbücher zu wissenschaftlichen Themen erstellt werden, die für Kinder interessant aufgearbeitet sind und entsprechendes Begleitmaterial erstellt werden, die den Pädagog:innen einen sicheren und unkomplizierten Umgang mit eben jenen Büchern ermöglicht, kann qualitative Erfahrung mit MINT im Kindergartenalter gewährleistet werden. Durch diese qualitative Erfahrung wiederum können sich naturwissenschaftlich anerkannte Vorstellungen bilden, welche die Kinder in ihrer weiteren Entwicklung unterstützen. Zusätzlich wird, durch die positive Erfahrung der Pädagogen/-innen, deren Einstellung zu MINT-Themen verändert, was sich wiederum auf die Lernenden auswirken wird.

 

Quellenangabe

[1] Reinfried, Sibylle (2006): Alltagsvorstellungen - und wie man sie verändern kann. Das Beispiel Grundwasser. In: geographie heute (243), S. 38–43.

[2] Rutke, Ulrike (2006): Schülervorstellungen und wissenschaftliche Vorstellungen zur Entstehung und Entwicklung des menschlicchen Lebens. ein Beitrag zur Didaktischen Rekonstruktion. Dissertation. Ludwig-Maximilian Universität, München.

[3] Harlen, Wynne; Qualter, Anne (2018): The teaching of science in primary schools. Seventh edition (A David Fulton book).

[4] Gropengießer, Harald; Marohn, Annette (2018): Schülervorstellungen und Conceptual Change. In: Dirk Krüger, Ilka Parchmann und Horst Schecker (Hg.): Theorien in der naturwissenschaftsdidaktischen Forschung, Bd. 25. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, S. 49–67.

[5] Wandersee, J. H. (1994): Reserach on alternative conceptions. In: Handbook of research on science teaching and learning, S. 177–210.

[6] Tunnicliffe, Sue Dale; Johnston, Jane (2011): The Journal of Emergent Science. In: Journal of Emergent Science (1), S. 1–6. Online verfügbar unter https://www.ase.org.uk/resources/journal-of-emergent-science/issue-1.

[7] Kalogiannakis, Michail; Nirgianaki, Georgia-Marina; Papadakis, Stamatios (2018): Teaching Magnetism to Preschool Children: The Effectiveness of Picture Story Reading. In: Early Childhood Educ J 46 (5), S. 535–546. DOI: 10.1007/s10643-017-0884-4.

[8] Mantzicopoulos, Panayota; Patrick, Helen (2011): Reading Picture Books and Learning Science: Engaging Young Children With Informational Text. In: Theory Into Practice 50 (4), S. 269–276. DOI: 10.1080/00405841.2011.607372.

[9] Pentimonti, Jill M.; Zucker, Tricia A.; Justice, Laura M.; Kaderavek, Joan N. (2010): Informational Text Use in Preschool Classroom Read-Alouds. In: The Reading Teacher 63 (8), S. 656–665. DOI: 10.1598/RT.63.8.4.

[10] Gomes, Judith; Fleer, Marilyn (2018): Is Science Really Everywhere? Teachers’ Perspectives on Science Learning Possibilities in the Preschool Environment. In: Res Sci Educ 9 (2), S. 275. DOI: 10.1007/s11165-018-9760-5.

[11] Park, Mi-Hwa; Dimitrov, Dimiter M.; Patterson, Lynn G.; Park, Do-Yong (2017): Early childhood teachers’ beliefs about readiness for teaching science, technology, engineering, and mathematics. In: Journal of Early Childhood Research 15 (3), S. 275–291. DOI: 10.1177/1476718X15614040.

 

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