Wer wir sind
Paul Braitenberg und Verena Walther forschen zur Verbindung von Ernährung und Migration. Ihr Arbeitstitel lautet: Andere Küchen in Tirol - Ernährungspluralismus und kulinarische Migrationsgeschichten. Sie fragen sich: „Kann man Tiroler (Migrations-)Geschichten auch anhand von Essen erzählen? Unser Interesse gilt der kulinarischen Vielfalt hierzulande. Wir befragen Menschen, die mit Kochtraditionen und Essgewohnheiten aufgewachsen sind, die aus unserer Perspektive anders oder exotisch sind. Was macht diese Küchen überhaupt so anders? Welche Produkte fehlen dabei am meisten? Und gibt es vielleicht auch Tiroler Lebensmittel, die in diese Küchen integriert wurden?“
Fränk Dumong aus Luxemburg interessiert sich für die regionale Lebensmittelproduktion in Tirol: „Dass es mich zum Studieren in die Alpen verschlug, lag nicht allein an den Bergen und am Skifahren. Genauso attraktiv fand ich die regionale Küche und den Umgang mit Nahrungsmitteln. Ich bin jahrelanger Käseliebhaber und werde mich in diesem Projekt mit der historischen und kulturellen Entstehung sowie der heutigen Käseproduktion beschäftigen. Ich frage mich, ob man als Tiroler_in immer intuitiv zum regionalen Bergkäse greift? Oder werden die Brote auch ab und zu mit spanischem Manchego belegt oder mit Époisses de Bourgogne bestrichen?“
Sarah Galadriel Erlebach beschäftigt sich mit einem Bio-Bauernladen:
„Gegenwärtig ist die Nahrungsmittelvielfalt so groß wie nie zuvor. Als Gegen-bewegung zur Globalisierung des Lebensmittelmarktes wird ein Zurück zu Altbekanntem in Form von Bäuerlichem immer beliebter und präsenter. Doch das Einkaufserlebnis am Bauernmarkt muss mit dem Einkaufen von Standardprodukten im Supermarkt ergänzt werden. Welche Motivation steckt dabei hinter den Kaufentscheidungen? Welche Brüche, welche Fragen und welche Geschichten verbinden sich mit diesem Einkaufen?“
Tabea untersucht am Beispiel Kaffee die Beziehung zwischen Produktion und Konsum: „Kaffee ist mehr als ein Getränk. Er ist in unsere alltäglichen sozialen Handlungen integriert und verweist auf hohen symbolischen Wert. Menschen, die Kaffee trinken, sind Teil eines globalen Netzwerkes von sozialen und ökonomischen (Tausch)-Beziehungen. Mich interessieren die Beziehungen zwischen Konsument_innen und Erzeuger_innen. Wie bewusst ist dieses globale Geflecht speziell in Tirol? Welches Wissen verbinden die Menschen mit dem global gehandelten und zugleich lokal weiterverarbeiteten Produkt Kaffee?“
Ferdinand Firmian fragt nach einem flexitarischen Ernährungsstil: „Steigender Fleischkonsum zeichnet unsere Überflussgesellschaft aus. Umweltschutz und Tierethik verweisen auf damit zusammenhängende Problematiken. Immer mehr Menschen sind sich dessen bewusst. Deshalb fiel meine Wahl auf das Phänomen Flexitarismus. Die flexitarische Ernährungsweise ist gekennzeichnet durch den fallweisen Verzicht auf Fleisch oder die bewusste Auswahl hochwertig produzierten Fleisches. Dieser Ernährungsstil kann also als Gegenbewegung zur industriellen Fleischproduktion angesehen werden. Mein Interesse liegt auf diesen Zusammenhängen.“
Melanie Haberl untersucht die Mehrdeutigkeit von Bauernmärkten als soziale Orte: „In Zeiten des Großhandels und digitalen Lebensmittelshoppings erfreut sich die Direktvermarktung bei Kund*innen wie Produzent*innen nach wie vor großer Beliebtheit. Doch was macht Bauernmärkte so attraktiv? Neben den Aspekten regional, saisonal und bio spielt auch das Einkaufserlebnis am Begegnungsort Bauernmarkt eine Rolle. Ich möchte also erforschen, was bei einem Besuch an Tiroler Bauernmärkten noch alles mitgekauft wird und wo für Erzeuger*innen und Konsument*innen der Mehrwert zum Nährwert liegt.“
Lisa-Marie Hartge interessiert sich für den Zusammenhang von Pestiziden und Nahrung: „Schon ein kleines Kind lernt, den Apfel, den es essen möchte, vorher abzuwaschen. Warum? Aus dem einfachen Grund, weil wir genau wissen, dass Obst und Gemüse mit Pestiziden behandelt werden. Und was Schädlinge abtöten soll, kann eben auch für uns Menschen nicht gut sein. Aber was wissen wir eigentlich genau darüber? Wie gehen wir im Alltag mit diesem Wissen um – ignorieren oder reagieren wir? Gibt es Alternativen? Diesen Fragen werde ich nachgehen und meinen Zugang möchte ich dabei über ein Expert_inneninterview finden.“
Anisa Lucia Schlichtling interessiert sich für die unterschiedliche Wahrnehmung und Bewertung des Essens von Tieren: „Während manche Tiere gegessen werden, gelten andere als ekelerregend oder gar als Tabu. Warum verzichtet jemand aus Tierliebe auf den Konsum von Fleisch und verzehrt ohne Vorbehalt Fisch? Warum essen wir Rind und nicht Heuschrecken oder Hund? Ist es in Ordnung ein Tier zu essen, wenn man es mit eigenen Händen getötet hat? Die verschiedenen Argumente und Widersprüche, mit denen sich Individuen zu den neuen Möglichkeiten und ethischen Fragen der Ernährung zu positionieren versuchen, möchte ich im Zuge dieses Projekts aus einer ethnologischen und psychologischen Perspektive ergründen.“
Nadja Neuner-Schatz studierte Europäische Ethnologie in Innsbruck und forscht zur Produktion ethnographischen/volkskundlichen Wissens in der Moderne, zu Prozessen der Subalternisierung, zum Mensch-Tier-Verhältnis (Human-Animal Studies) und zu gegenwärtigen Ernährungspraxen.