Józef Niewiadomski und Wolfgang Palaver: Einleitung zu: "Vom Fluch und Segen der Sündenböcke (BMT1)"
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Inhaltsverzeichnis von: "Vom Fluch und Segen der Sündenböcke
(BMT1)"
Der folgende Text findet sich gedruckt in: Vom Fluch
und Segen der Sündenböcke. Raymund Schwager zum 60. Geburtstag
(BMT 1), Hg. Józef Niewiadomski u. Wolfgang Palaver, Innsbruck
- Münster 1995 [ISBN: 3-85400-003-0], 7-13.
Einleitung
Die akademische Theologie steht heute was ihre öffentliche und gesellschaftliche Relevanz betrifft mit dem Rücken zur Wand. Der einstmaligen Königin der Wissenschaft droht das Schicksal des Orchideenfaches. Im Hintergrund dieses Bedeutungswandels steht die Tatsache, daß theologische und religiöse Voraussetzungen für alle anderen wissenschaftlichen Disziplinen mehr oder weniger bedeutungslos geworden sind. Die Jahrzehnte seit dem Ende des II. Weltkrieges waren vom Versuch vieler Theologen geprägt, diesem Bedeutungsverlust ihrer Disziplin entgegenzuwirken. Vielfach geschah das dadurch, daß man von den eigentlichen und traditionell im Vordergrund stehenden Themen und Argumentationsweisen der Theologie Abstand nahm und sich inhaltlich und methodisch dem Diskurs der säkularen Wissenschaften anzupassen versuchte. Viele Theologen wollten beweisen, daß auch sie »moderne« Wissenschaftler sein können und keineswegs einer längst vergangenen mythisch-religiösen Epoche verhaftet geblieben sind. Im Kontext des akademischen Alltags wurden solche Versuche oft als bahnbrechend empfunden; sie harmonisierten nur allzu gut mit dem Glauben vieler Forscher naturwissenschaftlicher und kulturwissenschaftlicher Provenienz, die in Religion und Theologie höchstens noch einen Gegenstand und eine Methode der historischen Forschung sehen konnten. Ein Gespräch der universitären Disziplinen, an dem die Theologie sich beteiligen könnte, war diesen letztendlich nur als Einbahnstraße der Berichtigung theologischer Vorurteile vorstellbar: die Rationalitätskriterien ihrer Wissenschaften sollten der Theologie zu einer rationalen Erkenntnis verhelfen. Im besten Fall konnte man sich also bei solchen Begegnungen auf die Konstatierung von »Parallelautobahnen« einigen, die zum selben Ziel führend, sich jedoch niemals begegnen werden. Die Vorstellung, daß auch die Theologie sich von ihrem Wahrheitspotential her »kreativ«, d. h. auch korrigierend an den Forschungen anderer Wissenschaften beteiligen könnte, blieb solchen Wissenschaftlern prinzipiell unvorstellbar. Die Rechtfertigung ihrer eigenen erkenntnistheoretischen Urteile und Vorurteile erübrigte sich: Der Erfolg der säkularen Wissenschaften sprach für sich.
Versuche, Theologie mittels der ausdrücklich einem methodischen Atheismus verpflichteten Kommunikationstheorie von Jürgen Habermas allgemein plausibel zu machen, sowie das Programm der »Autonomen Moral«, unter Absehung von den spezifisch christlichen Inhalten, Moraltheologie und Sozialethik zu betreiben, sind die hervorstechendsten Beispiele dieser »Anpassungs-Logik« im Bereich der deutschsprachigen Theologie. Auch in der feministischen Theologie und in der Befreiungstheologie gab und gibt es Tendenzen in diese Richtung. Die Bemühung, die Bedeutung der Theologie zurückzugewinnen, indem der Diskurs der säkularen Wissenschaften nachgeahmt wird, ist allerdings zum Scheitern verurteilt. Wenn die Theologie nur noch wiederholt, was andere Wissenschaften bereits sagen, macht sie offenkundig, daß sie selbst keine Bedeutung mehr hat und auf sie notfalls verzichtet werden kann.
Doch auch die gängige, seit Jahrzehnten von vielen Theologen unbeirrbar praktizierte Strategie der Isolation stellt keine Lösung dar. Im Gegenteil: Sie führt in ein akademisches Niemandsland. Etliche Theologen kapseln sich vom allgemeinen wissenschaftlichen Diskurs ab, indem sie eine Theologie betreiben, die sich auf kleine interne Theologenzirkel beschränkt und inhaltlich nur eine Bekehrung der Bekehrten bietet. Eine solcherart betriebene Wissenschaft bleibt ein unerreichbares Angebot für alle jene Menschen, die nicht mehr selbstverständlich und unhinterfragt in einer »christlichen« Welt leben. Daran wird der sich in unseren Tagen vollziehende kulturelle Umschwung im Hinblick auf die Neueinschätzung der Bedeutung von Religion im gesellschaftlichen Leben auch nichts ändern können.
Dieser Wandel zeigt aber, daß die säkularen Wissenschaften selbst in einer Krise stecken und in ihrer gesellschaftspolitischen Bedeutung fragwürdig geworden sind. Ihr einst unhinterfragter Erfolg ist nicht mehr selbstverständlich. Gerade im Hinblick auf das Phänomen der Religion ist das Versagen der säkularen Wissenschaften in unserer Gegenwart ganz evident geworden. Ein Grunddogma der modernen Wissenschaft war die Säkularisierungsthese, wonach mit zunehmender Modernisierung auch das Verschwinden der Religionen einhergehen würde. Die 80er und 90er Jahre haben aber tatsächlich genau das Gegenteil gezeigt. Trotz zunehmender Modernisierung gibt es weltweit ein steigendes Interesse an Religion, und religiöse Bewegungen gewannen in den letzten zwei Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung. Das mit dieser Renaissance der Religionen zusammenhängende Phänomen des verstärkten Auftretens fundamentalistischer Gruppierungen traf die säkulare Wissenschaft völlig unvorbereitet. Auch viele Theologen wurden vom plötzlichen Erwachen des Fundamentalismus überrascht, weil sie vielfach die Säkularisierungsthese unhinterfragt übernommen hatten. Die ersten Versuche, das Phänomen dieser Renaissance der Religion global durch die Subsumierung unter einen weiten Fundamentalismusbegriff in den Griff zu bekommen und es dadurch kulturell zu depotenzieren, scheiterten. Allzuleicht sahen sie über die religiösen Bedürfnisse der Menschen hinweg, schrieben die alten Fronten fest und drängten damit jeden, der an der Säkularisierungsthese Zweifel bekam, mit Gewalt in die Reihe der fundamentalistischen Konventikel. Auf diese Weise wurden aber nur problematische Allianzen geschaffen. Viele der fundamentalistischen Konventikel verkünden nämlich einen programmatischen Rückzug aus dem universitären Bereich oder haben diesen Rückzug bereits vollzogen. Durch den Vorwurf, akademische Theologie habe die Wahrheit verraten, legitimiert, gründen sie ihre eigenen Lehranstalten und Forschungsstätten. Dadurch wird aber die Not des Relevanzverlustes der Theologie im akademischen Bereich erst recht zum Programm erklärt, das wissenschaftstheoretische Ethos der säkularen Wissenschaften aber indirekt bestätigt. Die in den kleinen Gettos kirchlich-konfessioneller Religiosität domestizierte Theologie mag zwar dem eng formulierten religiösen Bedürfnis der Betroffenen dienen, sie stellt aber keine Herausforderung mehr für die wissenschaftliche Öffentlichkeit dar. Die häufig vorkommenden Allianzen zwischen Fundamentalisten und (bestimmten) (Natur-) Wissenschaftlern bestätigen diesen Trend.
Die Krise der säkularen Wissenschaften hängt nicht zuletzt mit der Erwartungshaltung und den Enttäuschungen der Öffentlichkeit zusammen. Das in den letzten Jahren deutlich geschärfte Krisenbewußtsein und die gewachsene Sensibilität für globale Fragen verhalten sich kontrafaktisch zur ständig fortschreitenden Spezialisierung und der damit verbundenen Trennung zwischen den akademischen Disziplinen. Wie ein Kontrapunkt wird dieser fast schon mechanisch sich vollziehende Prozeß durch die Forderungen und auch immer wieder neu versuchten Ansätze einer interdisziplinären wissenschaftlichen Arbeit zur Lösung der globalen Probleme begleitet. Gelingt den akademischen Disziplinen hier keine Umorientierung, so wird die Universität ihre gesellschaftliche Relevanz noch mehr verlieren.
Angesichts solcher Fragen wird immer deutlicher klar, daß die zukünftige Rolle der Theologie noch keineswegs entschieden ist, war sie doch (neben der Philosophie) traditionell jene Disziplin, die die Frage der Globalität ins Zentrum ihres Denkens rückte. Wie weit sie im akademischen (und gesellschaftspolitischen) Kontext eine wichtige Rolle spielen wird, hängt allerdings davon ab, ob es ihr gelingt, gleichzeitig zweierlei zustande zu bringen: einerseits zum Dialog mit der säkularen Wissenschaft und der säkularen Öffentlichkeit fähigzu sein und andererseits ihre genuine Verbundenheit mit der jüdisch-christlichen Offenbarung und der kirchlichen Tradition zu wahren.
Raymund Schwagers theologisches Projekt scheint für diese so notwendige Aufgabe besonders wichtige Voraussetzungen mit sich zu bringen. Das theologische Werk Schwagers war von Anfang an darauf ausgerichtet, christliche Tradition und moderne Welt jenseits aller Modetrends miteinander ins Gespräch zu bringen; er ist aber weder an der Anpassung an die säkulare Wissenschaft, noch an einem binnentheologischen Rückzug und schon gar nicht an einem fundamentalistischen Feldzug interessiert. Zur methodischen Basis seines Gesprächs mit der modernen Welt wählte er die mimetische Theorie René Girards. Aus den großen literarischen Texten gewonnen, bringt sie nicht nur für die Theologie wichtige Konsequenzen mit sich, sondern auch für zahlreiche Human- und Geisteswissenschaften, ja sogar für die Naturwissenschaften. Nachdem sie das Phänomen der Gewalt reflektiert, ein Phänomen, das zugleich konkret und universal weil allen Menschen und allen Kulturen zugänglich ist, eignet sie sich vorzüglich als methodische Basis für die interdisziplinäre Arbeit. Zudem zählt das Problem der Gewalt zu den brennendsten kultur-politischen Fragen der Gegenwart. Schlußendlich erlaubt sie auch eine neue Form des theologisch-systematischen Denkens. Deren vielfältig herausfordernde Funktion dürfte eben nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, daß die mimetische Theorie nicht irgendeine säkulare Theorie neben vielen anderen ist, sondern im Raum des säkularen Denkens bleibend sich selbst indirekt aus der jüdisch-christlichen Offenbarung speist. Die zentralen literarischen Texte, die im Hintergrund der Theorie Girards stehen, wurzeln im biblischen Denken. Sie sind die großartigsten und gelungensten Versuche der europäischen Tradition, biblisches Denken und die konkreten Erfahrungen des menschlichen Lebens miteinander zu verbinden. Für Girards Theorie sind also jene Texte entscheidend, die vom biblischen Geist geprägt sind; im Unterschied zu vielen modernen Theorien kehrt sie den kulturellen Mehrwert der jüdisch-christlichen Tradition nicht leichtfertig unter den Tisch, noch wirft sie ihn überhaupt über Bord. Sie schöpft faktisch aus dem Traditionspotential der jüdisch-christlichen Offenbarung und tabuisiert den Garanten derselben nicht!
Eine theologische Rezeption der mimetischen Theorie ist daher keine Anwendung einer Theorie, die gleichsam von außen an die zentralen Inhalte der christlichen Theologie herangetragen wird, sondern ein über Umwege erfolgendes Wiederentdecken der eigenen theologischen Inhalte und Anliegen im Gewand der großen literarischen Werke, für die auch jene Menschen offen sind, die dem kirchlich vermittelten Christentum völlig fern stehen.
Auf der Ebene der Schlagworte wird die Theorie Girards von den Kritikern diametral anders eingeschätzt: Man sieht in ihr entweder den Ausdruck einer radikal aufgeklärten, die Religion restlos beseitigenden Ideologie, oder aber den reaktionär-fundamentalistischen Versuch der Rechristianisierung der gesamten menschlichen Kultur. Solche Schlagworte, so plakativ sie auch sein mögen, weisen auf die »Sperrigkeit« dieser Theorie hin: sie bezweckt weder die Harmonisierung, noch die Gettoisierung der verschiedenartigen kulturellen Impulse.
Schwager interessierte sich im Gegensatz zu dieser Kritik niemals für die oberflächliche Etikettierung von Theorien. Seine Rezeption der Theorie Girards war von Anfang an eine genuin theologische; es ging ihm um mehr, als nur um eine Absegnung der im nichttheologischen Kontext erkannten Inhalte. Aus dem Fundus der theologischen Tradition schöpfend, ging er eigene Wege und wurde auch zu einer Herausforderung für Girard, wie dessen Beitrag in diesem Band ganz offen zeigt.
Zu einem solchen Grenzgänger, Skeptiker all den herrschenden Moden gegenüber und »Brückenbauer« ist Raymund Schwager nicht zuletzt aufgrund seiner Biographie geworden. Früh lernte er, den kollektiven Mythen zu mißtrauen. Am 11. November 1935 im Kanton Thurgau in der Schweiz geboren, wuchs er in jenem Teil der Schweiz auf, dessen Geschichte in einem frontalen Widerspruch zum Nationalmythos der Schweizer steht. In der Schule lernte er die »Freiheitsmythen« der sogenannten freien Urschweizer, hörte aber kein Wort darüber, daß diese in der Vergangenheit die Thurgauer unterdrückt haben. So ist ihm wie er selbst sagte das Wort des Propheten Jesaja (8,12) immer vertrauter geworden: »Nennt nicht alles Verschwörung, was dieses Volk Verschwörung nennt«; er ergänzte es für sich: »nenn nicht alles Freiheit, was die Menschen Freiheit nennen.«
Nach dem Gymnasium bei den Kapuzinern trat er 1955 in die Gesellschaft Jesu ein. Die demokratische und aufgeklärte Schweiz hielt allerdings zu dieser Zeit den Orden für eine »verschworene Gesellschaft«; die gesetzliche Ausgrenzung der Jesuiten in der Schweiz wurde erst 1973 beendigt. Seine akademische Ausbildung war keineswegs auf die akademische Karriere »fixiert«. Die philosophischen Studien (19571960) absolvierte er (in bester deutscher Tradition) im Berchmannskolleg in Pullach bei München, das Theologiestudium (19631967: während der Konzilszeit also) in Frankreich (LyonFourviere), das Doktoratsstudium (19671969) in Fribourg/Schweiz. Anschließend geht er in die immer noch unter dem Decknamen »Institut für Weltanschauliche Fragen« getarnte Redaktion der Jesuitenzeitschrift »Orientierung« nach Zürich. Die Artikel, die er für diese Zeitschrift verfaßte, zeugen von seinen sehr breit gestreuten Interessen: Schwager wollte weder ein »Spezialist«, noch ein »Fachidiot« werden. In diese Zeit fällt die wichtige Begegnung mit dem Werk und der Person René Girards und die Entscheidung für dessen Ansatz. Der Einstieg in die Theologische Fakultät der Universität Innsbruck (1977) erfolgte keineswegs unter einem eindeutig »glücklichen Stern«. Die damals immer noch nicht verarbeitete »Affäre Schupp« (1974 verlor der Dogmatikprofessor Franz Schupp seine Lehrerlaubnis) spaltete die Studierenden: den neuen Dogmatiker begrüßte entweder Desinteresse oder aber offene Ablehnung. Seit dem Erscheinen seines Buches Brauchen wir einen Sündenbock? (1978) spaltet Schwager die wissenschaftlichen Geister. Kollegen nehmen es entweder nicht zur Kenntnis oder ärgern sich über die nicht alltäglichen Thesen. Da Schwager den Moden mißtraut, arbeitet er »emsig« an seiner Theorie weiter. Unbeirrt versucht er, Mitarbeiter und Studierende zu einem kontinuierlichen Gesprächskreis zu motivieren und sucht Kontakte über die Fakultät hinaus. Jahrelang ist er die Kristallisationsfigur des Arbeitskreises: »Wissenschaft und Verantwortlichkeit«, der vom Senat der Universität Innsbruck zur Aktivierung des interdisziplinären Gesprächs eingesetzt wurde. Ohne seinen Einsatz wäre diese Initiative wohl kaum über die Geburtsstunde hinausgekommen. Auch die im Zusammenhang mit der mimetischen Theorie Girards stehende internationale und interdisziplinäre wissenschaftliche Gesellschaft »Colloquium on Violence and Religion«, der Schwager als erster Präsident von 1991 bis 1995 vorstand, verdankt seinem jahrelangen Engagement seine jetzige Effizienz.
Der vorliegende Band will bewußt keine Festschrift im gängigen Sinn (in dem »Gott und die Welt« schreibt) sein; von vornherein war der (kleine) Band von uns inhaltlich fest umrissen: als ein Teil des weiter zu verfolgenden Projektes der Reihe Beiträge zur mimetischen Theorie, die einer kontinuierlichen und systematischen Erforschung dieses Ansatzes dienen soll.
Auch wenn die Autoren dieser Festschrift als Personen eingeladen wurden, so stehen einige doch auch als »Symbole« für bestimmte Sachverhalte oder Institutionen. Besonders hat es uns gefreut, mit welcher Selbstverständlichkeit René Girard sofort bereit war, einen Beitrag zu verfassen. Die Tatsache, daß er mit seinem Essay hier bereits ein Stück Forschungsgeschichte zum Thema: SchwagerGirard (gerade unter dem in der theologischen Literatur so oft aufgegriffenen Aspekt des Opferbegriffes) geschrieben hat, ehrt uns! Robert G. Hamerton-Kelly und James G. Williams sind zwei (theologische) Freunde Schwagers aus der ersten Stunde des »Colloquium on Violence and Religion«; der Historiker Helmut Reinalter ist ein jahrelanger Mitstreiter im Senatsarbeitskreis der Universität Innsbruck »Wissenschaft und Verantwortlichkeit«; Gerhard Larcher steht für alle jene theologischen Freunde, die von anderen Ansätzen kommend, in den letzten Jahren in Schwager einen Gesprächspartner für ihre Arbeit fanden; Stanislaw Budzik und Joseph M. Kufulu vertreten die Doktoranden Schwagers. Unter den Mitarbeitern an der Theologischen Fakultät und am Institut für Dogmatik haben jene einen Beitrag verfaßt, die im Laufe der Zeit durch Schwager wesentliche inhaltliche Impulse gewonnen haben, sich mit seiner Theologie immer mehr auseinandersetzten und (wenn auch kritisch) sich auf diese oder jene Weise identifizieren.
Noch ein Wort zum Titel: Aufgrund des Buches: Brauchen
wir einen Sündenbock? wird Raymund Schwager im deutschen
Sprachraum geradezu mit dem Begriff Sündenbock identifiziert.
Die in den 70er Jahren formulierte Frage, wurde damals allzuoft
mit einem emphatischen »Nein« beantwortet. Das Werk Schwagers
wurde allzu einlinig im Kontext des Programms: »Theologie als
Aufklärung« gelesen. Die späten 90er Jahre bringen eine
entgegengesetzte Versuchung. Girard und Schwager können als
Legitimation des Sündenbockdenkens und der Sündenbockstrukturen
gebraucht und mißbraucht werden (und werden dies auch
teilweise). »Vom Fluch und Segen der Sündenböcke« soll den
Doppelaspekt des »mysterium tremendum et fascinosum« in
Erinnerung rufen und auch den unabwendbaren Preis der
Überwindung von dem René Girard in seinem Beitrag spricht
vor Augen führen.
Linz/Innsbruck, im September 1995
Józef Niewiadomski, Wolfgang Palaver