Margarete Gräfin von Tirol
Ausstellung und Tagung auf Schloss Tirol
(Julia Hörmann-Taxis)
Im Südtiroler Landesmuseum für Kultur und Landesgeschichte Schloss Tirol befindet sich seit 2003 eine Dauerausstellung zur Tiroler Geschichte, mit einem umfangreichen mittelalterlichen Teil. Eigens dafür adaptierte Räumlichkeiten sind für jährliche Wechselausstellungen zu diversen Themen der Tiroler Landes- und Kulturgeschichte vorgesehen.
Ausstellung
Für das Jahr 2007 ist vom 29. Juni bis 19. November eine Ausstellung über die Tiroler Landesfürstin Margarete Maultasch geplant. Außerdem soll – als zweiter Schwerpunkt – allgemein die Situation mittelalterlicher Frauen in Tirol thematisiert werden. Die Kombination dieser zwei großen und unterschiedlichen Themenbereiche erfordert ein gut strukturiertes und übersichtliches Konzept. Es geht darum, einen Einblick in mittelalterliche Lebenswelten zu vermitteln – wie verlebten Frauen ihren Alltag, welche Tätigkeiten übten sie aus, welche Chancen hatten sie? – und andererseits am Beispiel des Schicksal der Margarete Maultasch die Komplexität von politischen Netzwerken aufzuzeigen. Margarete Maultasch gehört zum kulturellen Erbe der Tiroler Geschichte. Keine andere Frauengestalt des Mittelalters hat so deutliche Spuren hinterlassen. Das zeigt vor allem ihre vielfältige Rezeptionsgeschichte in der bildenden Kunst wie in der Literatur. Diesem Aspekt wird in der Ausstellung breiter Raum gewidmet. |
Tagung
Am 3. und 4. November 2006 fand in Schloss Tirol eine Tagung statt, deren Ziel eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Ausstellungsthema ist. WissenschafterInnen aus Deutschland, Italien und Österreich referierten und diskutierten über die unterschiedlichsten Aspekte in Zusammenhang mit der Person der Margarete Maultasch (Biografie, Eheskandal, Rezeption) und in einem zweiten Teil wurde analog zum Ausstellungskonzept allgemein die Rolle mittelalterlicher Frauen in Tirol beleuchtet. Die Tagung war öffentlich zugänglich und vermittelte einem breiteren Publikum einen wichtigen Ausschnitt aus der mittelalterlichen Geschichte und Kultur unseres Landes (z. B. Alltag und Fest, Frauen in der Musik und Literatur). Zwei Publikationen, ein Tagungsband und ein Katalog zur Ausstellung, sind in Vorbereitung.
Die „Maultasch“ – Rezeption: Margarete von Tirol in Geschichtsschreibung, Literatur und Bildender Kunst
Das unrühmliche Andenken, das Margarethe in der Geschichtsschreibung gefunden hat, ist mittlerweile widerlegt. Die abwertende Charakterisierung findet sich in erster Linie in Werken zeitgenössischer italienischer und luxemburgisch/böhmischer Autoren, die den Vorgängen rund um ihre Trennung und ihre zweite Eheschließung mit dem Wittelsbacher Ludwig von Brandenburg negativ gegenüberstanden. Einiges mag auch der, schon zu ihren Lebzeiten belegte Beiname "Maultasch" dazu beigetragen haben, dessen Bedeutung jedoch nicht restlos geklärt ist. "Maultasch" sei ein Hinweis auf ihren verunstalteten Mund mit übergroßer, herabhängender Unterlippe. Eine andere Interpretation versteht "Maultasch" im Sinne von "Hure" oder "lasterhaftes Weib".
Vor allem erstere Erklärungsvariante ist in die bildlichen Darstellungen der Herzogin eingearbeitet worden.
Wie Margarethe tatsächlich ausgesehen hat, ist indes nicht überliefert. Ein Zeitgenosse zumindest beschreibt sie als "besonders schön". Das einzige zeitgenössische Bildnis findet sich auf ihrem Siegel, das eine schlanke, vornehme Frauengestalt unter einem Baldachin stehend zeigt. In dieser Darstellung Porträtähnlichkeit zu sehen, ist jedoch für das 14. Jahrhundert noch zu gewagt. Dennoch bildete sie das Vorbild für die "schönen" Margarethe-Porträts des 16. Jahrhunderts, wie z.B. das Ölbild aus der Ambraser Sammlung (1. H. 16. Jhd.) oder den Stich von Dominicus Custos (1599). Nachträglich hat man dem Ambraser Bild eine übergroße, geschwollene Unterlippe aufgemalt, um dem Namen "Maultasch" Rechnung zu tragen.
Als krasser Gegensatz zu den ansprechenden Darstellungen ist das Bildnis einer ausnehmend häßlichen alten Frau zu sehen, das - allerdings erst im 18. Jahrhundert - mit der Tiroler Landesfürstin in Beziehung gesetzt wurde. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts hat ein Meraner Fotograf dieses Bild als Sujet für eine Postkarte verwendet. Das Porträt der "häßlichen Herzogin Margarethe Maultasch" ging um die Welt.
Verfolgt man den Ursprung dieses absurden Bildnisses, das immer wieder kopiert worden ist, so kommt man auf ein weder mit Tirol noch mit Margarethe in irgendeinem Zusammenhang stehendes Ergebnis. Am Anfang der Reihe steht vielmehr eine Skizze Leonardos da Vinci. Als erster in der Kunstgeschichte hat er sich mit der Karikatur als künstlerische Ausdrucksform auseinandergesetzt. Mit der Tiroler Landesfürstin, die ihm wohl unbekannt gewesen sein dürfte, hat Leonardos in ihrer Häßlichkeit karikaturhaft überzeichnete alte Frau nichts zu tun. Auch der niederländische Maler Quentin Massys, der Jahre später eine der Skizze Leonardos nachempfundene Rötelzeichnung als Vorbild für sein Ölbild "Brustbild einer häßlichen Frau" (1513) herangezogen hat, hat dabei nicht an die "Maultasch" gedacht.
Erst am 1777 datierten Kupferstich des Gilles-Antoine Demarteau findet sich als Bildunterschrift der Name der Margarethe Maultasch. Andere übernehmen in der Folge diese Zuschreibung samt Typus.
Was aber auch immer letztlich die Gründe waren, die zu der diffamierenden Gleichsetzung der alten Frau mit der Tiroler Herzogin führten - feindliche Propagandaabsichten der Franzosen gegen die Habsburger wurden u.a. dahinter vermutet - die Tatsache bleibt bestehen, daß Margarethe als "Häßliche Herzogin" damit breiteren Kreisen bekannt und auch in der Literatur in dieser Rolle verarbeitet wurde. Der prominenteste Autor, der sich mit dem "Maultaschstoff" literarisch beschäftigte, ist Lion Feuchtwanger. In seinem Roman "Die häßliche Herzogin" setzte er der Tiroler Landesfürstin ein wenig schmeichelhaftes Andenken.