Habilitationsprojekt von Dr. Willibald Sandler


Skizzen zur dramatischen Theologie.
Erkundungen und Bewährungsproben


Abstract
Inhaltsverzeichnis


Abstract

„Skizzen zur dramatischen Theologie“ ist eine kumulative Habilitationsarbeit aus 17 Texten, die großteils in stark gekürzten Versionen bereits publiziert wurden. Als „Erkundungen und Bewährungsproben“ der dramatischen Theologie weisen sie einen klaren gemeinsamen Fokus auf. Ausgehend von der dramatischen Theologie Raymund Schwagers, aber auch der Theodramatik Hans Urs von Balthasars, erschließt Sandler zu verschiedenen Fragen der Systematischen Theologie, insbesondere der Dogmatik, aber auch zu interdisziplinären Problemstellungen, neue Antwortansätze erschlossen und entwickelt damit zugleich die dramatische Methode weiter.Wie spezifisch dogmatische Themen in Bezugnahme auf Hans Urs von Balthasar und politische Theologie im Umfeld einer „Innsbrucker dramatischen Theologie“ in gesellschaftsrelevanter Weise entwickelt werden, zeigt exemplarisch ein Aufsatz zur negativen Theologie (Text 3). Diese wird entfaltet als Einsatz für eine „offen zu haltende Mitte“, im Offenhalten eines allein Gott vorzubehaltenden Zielgrundes menschlichen Begehrens, – einer „heiligen Mitte“, die in unserer Welt immer wieder und in unterschiedlichsten Formen ideologisch als manipulative Machtposition einzunehmen versucht wird. „Negativer Theologie käme dann die verantwortungsvolle Aufgabe zu, als Hüterin des göttlichen Geheimnisses Ausschlussgewalt zwischen Menschen an der Wurzel zu unterbinden“ (S. 99).Der dogmatische Thementeil der Habilitationsarbeit enthält mit Auseinandersetzungen zum Themenkreis Sünde – Erbsünde – Böses sowie zur Soteriologie zwei inhaltliche Brennpunkte. Die biblische Sündenfallerzählung wird – zwischen den Extremen einer historisierenden und einer mythologisierenden Deutung – als exemplarische Geschichte interpretiert (Text 5), an der die Theodizeefrage anfänglich aufbricht, und die solcherart durch die Geschichte hindurch immer wieder zum Reibebaum für religionskritische Auseinandersetzungen wurde. Diese Problemgeschichte wird – zugleich gesellschafts- und kirchenkritisch – als „Sündenfallgeschichte“ einer verlorenen „verdankten Autonomie“ gedeutet.Soteriologisch wird vor allem die Frage nach der erlösenden Bedeutung des Kreuzes – nach einem Zusammenbruch der lange dominierenden Anselmschen Satisfaktionslehre zumindest auf der Ebene der Verkündigung – behandelt (Texte 7 und 8). Hier zeigt sich das Anliegen, Bezug zu den relevanten biblischen Texten, scharfe Logik in der Argumentation und spirituellen Lebensbezug miteinander zu verbinden. Die Polyperspektivität heutiger Soteriologie mit ihrer Betonung des Gewichts menschlicher Freiheit wird hier verbunden mit einer Wahrnehmung des „Gewichts der Sünde“ in ihren strukturellen, Freiheit bindenden und in solcher freier Selbstbestimmung des Menschen auch von Gott respektierten Abgründigkeit. Daraus wird eine Aporetik entwickelt, welche die soteriologische Unverzichtbarkeit des Kreuzestodes Jesu  neu verdeutlicht, und zwar auf eine Weise, die weder Gottes Güte noch seine Allmacht noch die Unvertretbarkeit menschlicher Freiheit und Verantwortung verdunkelt, und die überdies kriteriologisch relevant für die Problematiken einer Leidensspiritualität ist. Weitere Themen in Auswahl: Handeln Gottes, mit einer Kriteriologie für die Zuschreibung innerweltlicher Ereignisse zu einem besonderen, unterscheidbaren göttlichen Handeln; eine kritische Rezeption von Augustins früher Gnadentheologie, in Auseinandersetzung mit Kurt Flaschs Vorwurf einer „Logik des Schreckens“; christologische Zeichenfunktion und Vorbild-Auftrag für die Kirche im Blick auf die Problematik einer sündigen und skandalisierten Kirche;  das argumentative Potenzial von universalen Erzählungen für eine Verhältnisbestimmung von narrativer Ethik und dramatischer Theologie; zwei Proben für die Potenziale der dramatischen Theologie zur Interpretation eines literarischen Textes (Dostojewskij) sowie eines Films (Lars von Trier).



Inhalt:

  •  
    • Vorwort
    • Einleitung
  • I. Was ist dramatische Theologie? 
    • Text 1: Was ist dramatische Theologie? (1998)
      • 1. Dramatische Theologie im 20. Jahrhundert: Barth – Aulén – Balthasar
      • 2. Wesensmerkmale der dramatischen Denkform 
    • Text 2: Rahner, Girard und dramatische Theologie. Innsbrucker Ansätze zu einer Dogmatik in „nachkirchlicher Zeit“ (2001)
      • 1. Dogmatik in einer „nachkirchlichen Zeit“
      • 2. Neuere Ansätze in der „Innsbrucker Dogmatik“
      • 3. Mimesis – Gnade – Ambiguität: Elemente aus der eigenen Arbeit
  • II. Theologische Themen
    • Text 3: Die offen zu haltende Mitte. Negative Theologie in dramatischer Polyperspektivität (2008)
      • 1. Negative Theologie in „ästhetischer Polyperspektivität“ bei Hans Urs von Balthasar
      • 2. Einspruch im Namen der Opfer: Johann Baptist Metz
      • 3. Negative Theologie als dramatische Polyperspektivität in der Innsbrucker Dramatischen Theologie
      • Verwendete Literatur
    • Text 4: Gottes Handeln unterscheiden in Theologie und Erfahrung. Auf dem Weg zu einer theologischen Kriteriologie für unterscheidbare Zuordnungen von Gottes Handeln (2008)
      • 1. Die Rede von Gottes Handeln ist absolut zentral
      • 2. Theologische Systematisierungen von Gottes Handeln
      • 3. Warum es für TheologInnen peinlich ist, von einem Handeln Gottes zu reden
      • 4. Theologische Hintertüren, um sich der peinlichen Rede von einem Handeln Gottes zu entziehen
      • 5. Vorschläge für eine kirchliche Kultur im Hinblick auf unterscheidbare Zuschreibungen von Gottes Handeln
      • 6. Wann werden Zuschreibungen von Gottes Handeln problematisch?
      • 7. Inhaltliche Unterscheidungskriterien für Zuschreibungen von Gottes Handeln
      • 8. Kriterien für Zuschreibungen von Gottes Handeln im Bittgebet
      • 9. Charismen als zentraler Ort von Handeln Gottes in einer Balance von Autonomie und Theonomie
    • Text 5: Hat Gott dem Menschen eine Falle gestellt? Theologie des Sündenfalls und Sündenfall der Theologie (2007)
      • 1. Ein narzisstischer Fallenstellergott? Verdächtigungen gegen den Gott der Sündenfallgeschichte
      • 2. Ist Gott die moralische Ursache für den Sündenfall? Schlaglichter einer Verdachtsgeschichte
      • 3. (Christlich-konservativer) Verdacht gegen den (religionskritischen) Verdacht: Der Sündenfall der Neuzeit
      • 4. Verdacht gegen den (christlich-konservativen) „Verdacht gegen den Verdacht“: Der Sündenfall der Theologie
      • 5. Warum hat Gott den verbotenen Baum in das Paradies gestellt? – Das Frageverbot in der biblischen Exegese
      • 6. Narrative Theodizee. Die Schlüsselstellung der Paradiesesgeschichte
      • 7. Warum hat Gott einen verbotenen Baum in das Paradies gestellt? – Konstruktion einer möglichen Antwort
      • 8. Ergebnis
    • Text 6: Jesus Christus, Sieger über Teufel und Dämonen. Biblische Perspektiven für einen effektiven Widerstand gegen den Sog des Bösen (2009)
      • 1. Ein heikles Thema
      • 2. Eine Frage der Balance: Das Böse im Alten Testament
      • 3. Balanceverlust in der frühjüdischen Literatur
      • 4. Dramatik von Sünde und Erlösung im Neuen Testament
      • 5. Teufel und Dämonen in Jesu Gottesreichverkündigung: nach den synoptischen Evangelien
      • 6. Der gestürzte Herrscher von Welt und Öffentlichkeit: Johannesevangelium und Offenbarung des Johannes
      • 7. Die gemeinsame Einsicht der Evangelien: Der Teufel steckt im Kollektiv
      • 8. „Abschied vom Teufel“ in den Evangelien? Warum die Passionserzählungen vom Teufel schweigen
      • 9. Wie hat Jesus den Teufel besiegt?
      • 10. „Seid nüchtern und wachsam ...“ Wie Christen gegen den Teufel kämpfen sollen
      • 11. Verteufelung der Öffentlichkeit?
      • 12. Sollen Christen heute an den Teufel glauben?
      • 13. Der mögliche Beitrag von Christen im Sog des Bösen
    • Text 7: Der Preis der Erlösung. Skizze einer dramatischen Soteriologie (2009)
      • Vorwort
      • 1. Das christliche Verständnis von Erlösung
      • 2. Erlösung in Jesus Christus
      • 3. Erlösung und jüngstes Gericht
      • 4. Erlösung und das Leid in der Welt
      • 5. Die zwei Wege von Erlösung
      • 6. „Auf der Suche nach menschlicher und kosmischer Fülle“: Antworten auf die Fragen zum Symposium
    • Text 8: Wozu ist Jesus gestorben? Versuch einer vernünftigen, bibelgemäßen und eingängigen Antwort aus der Perspektive der dramatischen Theologie (2010)
      • 1. Erlösungsverständnis in der Krise
      • 2. Das Kreuz als Preis der Erlösung
      • 3. Die faktische Begrenztheit der menschlichen Freiheit und auch Sünde
      • 4. Das Christusereignis als Drama der Erlösung
      • 5. Das Kreuz als Realsymbol für die Transformation von Leid in der Geschichte
      • 6. Eine bibelgemäße, vernünftig nachvollziehbare und eingängige Antwort?
      • Literaturverzeichnis
    • Text 9: Augustinus – Lehrer der Gnade und Logiker des Schreckens? Ein nötiger Schnitt in der Rezeption von „An Simplician“ aus der Perspektive der dramatischen Theologie (2010)
      • 1. Logik des Schreckens?
      • 2. Gnade und Freiheit jenseits von Konkurrenz. Die theologisch unhintergehbare Wende von Augustins „An Simplician“
      • 3. Gottes Vorherbestimmung von heilsgeschichtlichen Rollen. Ein adäquates Verständnis von Röm 9
      • 4. Prädestination und Unwiderstehlichkeit von Gottes Gnade: Wo Augustinus die Balance verliert
      • 5. Gottes Heilsmacht in einem Ansatz dramatischer Theologie
      • 6. Selektive Rezeption von „An Simplician“ – ein Zwischenresümee
      • 7. Entdifferenzierung und Gewalt
    • Text 10: Stadt auf dem Berg? Kirche in der Spannung von Vorbild-Auftrag, Solidarisierung mit Sündern und eigener Schuld (2004) 
      • 1. Jesus, die eigentliche Stadt auf dem Berg
      • 2. Kirche als Stadt auf dem Berg in der Nachfolge Jesu Christi
      • 3. Kirche: Stadt auf dem Berg als Schauspiel für die Welt
      • 4. Die Gefahr von verkürzten Kirchenbildern
      • 5. Kirche in der Zerreißprobe
    • Text 11: Kirche als Sakrament des Heilsdramas Jesu Christi (2005)
      • 1. Kirche als universales Zeichen des Heils nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil
      • 2. Das Problem der universalen Zeichenhaftigkeit von Kirche bei Raymund Schwager 
      • 3. Dramatische Methode
      • 4. Dramatische Christologie in ekklesiologischer Perspektive
      • 5. Jesus Christus als Zeichen des Heils aus der Perspektive eines dramatischen 
      • Zeichenverständnisses
      • 6. Eine „dramatische Topologie“ der Zeichenhaftigkeit von Kirche
      • 7. Dramatisches Verständnis von kirchlichen Konflikten und die Möglichkeit eines „schuldlosen Dissenses“
      • 8. Kirche als universales Zeichen des Heilsdramas Christi, das von der Welt nicht erfasst wird, aber die Welt erfasst
    • Text 12: Eucharistische Erneuerung (2008)
      • 1. Eucharistie – eine strömende Kraftquelle?
      • 2. Die verwandelnde Kraft der Begegnung mit Jesus nach den Evangelien
      • 3. Eucharistie als Sakrament der Begegnung mit Jesus Christus
      • 4. Eucharistische Erneuerung 
      • 5. Konkrete Übungen zur eucharistischen Erneuerung
    • Text 13: Das Friedensgebet der Religionen in Assisi (2003)
      • 1. Der Weltgebetstag von Assisi (1986)
      • 2. Frieden aus biblisch-christlicher Perspektive
      • 3. Bedingungen für das Erreichen eines wahren Friedens
      • 4. Wirkungen des Gebets um Frieden
      • 5. Die Weltfriedensgebete und das Forschungsprogramm „Religion-Gewalt-Kommunikation-Weltordnung“
  • III. Interdisziplinäre Erprobungen
    • Text 14: Narrative Ethik und dramatische Theologie (2009) 
      • 1. Dramatische Theologie
      • 2. Konfrontation und Konversion: Biblisches Erzählen im Konflikt
      • 3. Erzählung und Wahrheit: Auf dem Weg zu universalen Erzählungen in der Bibel
      • 4. Von Gottes Handeln erzählen
      • 5. Ein dramatisch-theologischer Begriff von Erzählen
      • 6. Narrative Ethik und dramatische Theologie
    • Text 15: „Schrecklich ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen“. Gratwanderungen zwischen dem liebenden und dem zornigen Gott im Licht einer Erzählung von Dostojewskij (2001). 
      • 1. Michails Beichte
      • 2. Der Kontext der Erzählung: Angriff und Verteidigung des Christentums in Dostojewskijs „Die Brüder Karamasoff“
      • 3. Die heilsmittlerische Bedeutung Sossimas für den Mörder Michail
      • 4. Die Härte der Liebe des Mitleidens
      • 5. Die Zwielichtigkeit Gottes aus der Perspektive des unengagierten Beobachters
      • 6. Der Vorwurf des Großinquisitors: Überforderung der Menschen
      • 7. Zwei zentrale Botschaften: das nahe Paradies und die universale Schuldsolidarität
      • 8. Die erlösende Kraft einer rückhaltlosen Solidarität
      • 9. Urbild von Sossimas heilsmittlerischem Wirken: die Phasen des Wirkens von Jesus Christus
      • 10. Theologisches Resümee
    • Text 16: Die pervertierte Gabe. Lars von Triers Film „Dogville“ aus der Perspektive der dramatischen Theologie (2008)
      • 1. Dramatische Theologie
      • 2. Interpretation von Dogville
    • Text 17: Apokalypse und geistlicher Kampf. René Girards „Clausewitz zu Ende denken“ im Blick auf eine dramatische Theologie und Spiritualität (2010)
      • 1. Im Auge des Sturms: Topos und Utopie eines Auswegs aus der apokalyptischen 
      • Gewalt
      • 2. Katastrophische Mimetik und ihr religiöses Fundament
      • 3. Mimetische Theorie und dramatische Theologie
      • 4. Apokalypse und geistlicher Kampf
      • 5. „Girard zu Ende denken“ – und zu Ende gehen
  • Anhang: Kommentare der MitautorInnen des Bandes „Negative Theologie heute“ zum Aufsatz „Die offen zu haltende Mitte“
  • Publikationsnachweise und Bibliographie
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