Option museal
Die Südtiroler Option von 1939. Fallstudie Jenbach

Die Migrationsgeschichte des Bundeslandes Tirol und der Provinz Bozen Südtirol weist trotz reger Forschungstätigkeit nach wie vor Lücken auf. Eine ganz spezielle Migrationsgeschichte, die die beiden ehemals zusammengehörigen Landesteile verbindet, ist jene der Option der deutschsprachigen Südtiroler_innen im Anschluss an die 1939 erfolgte Umsiedlungs-abmachung der Diktatoren Adolf Hitler und Benito Mussolini. Rund 110.000 Südtiroler Haushalte gaben damals eine sog. Optionserklärung ab, in der sich etwa 86 Prozent der Menschen für eine Auswanderung ins Deutsche Reich entschieden. In Folge der mit einem massiven bürokratischen Aufwand durchgeführten Abstimmung verließen 75.000 Südtiroler_innen das Land in Richtung Deutsches Reich und landeten zunächst einmal in Innsbruck, von wo aus sie vor allem in Gemeinden in Tirol und Vorarlberg, aber auch in andere ostmärkische (österreichische) Bundesländer und entfernt liegendere Gebiete im tschechischen Sudetengau (Sudetenland) oder nach Hamburg bzw. auf den Balkan weitergeschickt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte vermutlich rund ein Drittel der Ausgewanderten – zunächst illegal und dann in Folge der Rücksiedlungsabkommen von 1948 legal – in die Provinz Bozen zurück.
 
Kachel Option Museal

Laufzeit

März 2021–Februar 2023

Projektbeschreibung

Ein Forschungsdesiderat ist die detaillierte Erarbeitung der Migrationsgeschichte eines Zuzugsgebietes, denn während es mehrere Untersuchungen zu Abwanderungsgemeinden in Südtirol gibt, sind solche von den Zielgemeinden der Optant_innen meist nur in Zusammenhang mit den Südtiroler Siedlungen zu finden. Jenbach in Nordtirol bietet sich als Untersuchungsgemeinde an, da hier einerseits im Jenbacher Museum ein Bereich der Dauerausstellung der Option gewidmet ist, der längst auf eine Neuinterpretation und -kontextualisierung wartet. Andererseits ist Jenbach auch als typische Gemeinde mit Arbeitsmigrationsgeschichte zu begreifen, da der 1938 arisierte und in „Heinkel Werke Jenbach“ benannte (ab 1959 Jenbacher Werke AG) größte Rüstungsbetrieb Tirols gezielt in der Kriegszeit Arbeitskräfte aus Südtirol rekrutierte, wobei der Großteil der Arbeitskraft aus tausenden Zwangsarbeiter_innen bestand, die im Zuge des Krieges ins Land geholt wurden. Um qualifizierte Arbeitskräfte war das Werk gleichfalls bemüht. Aus diesem Grund unterstütze die Heinkel AG die Errichtung der Südtiroler Siedlungen. Eine davon, die Tratzbergsiedlung diente in den späteren Jahrzehnten anderen ausländischen Arbeitskräften als Unterkunft und neue Heimat.

Das „Fallbeispiel Jenbach“ ordnet sich somit unter dem Maßstab der Migrationsgeschichte in ein breites Forschungsfeld an: Neben der erwähnten Südtiroler Siedlung als langdienende Migrantensiedlung werden weitere migrantische Aspekte wie Ressentiments, Vorurteile, kulturelle und soziale Auseinandersetzungen, aber ebenso Integration und Anpassung in den Blick genommen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die lokale Erinnerungskultur an Südtirol und die Option: ihre Entwicklung und verschiedenen Phasen, ihre Akteur_innen und Netzwerke sowie ihre Medien, die Denkmäler und Institutionalisierung (Verbände) stehen im Zentrum der Untersuchung.

Um die Geschichte der Option in Jenbach zu rekonstruieren, werden eine Vielzahl an Quellen erschlossen. Sie reichen von Oral History über Fundstücke im Jenbacher Museum, Zeitungsarchiven und Gemeinderatsprotokollen bis hin zu den Personalakten, den Akten der „Neuen Heimat Tirol“ oder der Bezirkshauptmannschaft Schwaz im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Mit den Forschungsergebnissen wird nicht nur anvisiert, die Forschungslücke „Option Jenbach“ zu schließen, sondern es soll anhand dieses Fallbeispiels die ambivalente Migrationsgeschichte Option in zahlreichen, bisher nicht weiter berücksichtigten Facetten detailliert erarbeitet werden. Damit kann die „Option Jenbach“ als beispielgebend für Untersuchungen anderer (städtischer) Aufnahmeorte von größeren Optantengruppen werden. Die Projektergebnisse sind auch für die Weiternutzung in Dokumentationszentren und Ausstellungen angedacht.

Institut

Ein Projekt des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck

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Födergeber

gefördert vom Land Tirol im Rahmen des Förderschwerpunktes „Erinnerungskultur“

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Projektleitung und Kontakt

Gesamtprojektleitung und Kontakt

assoz. Prof. Mag. Dr. Eva Pfanzelter (MA)
Institut für Zeitgeschichte
Universität Innsbruck
Innrain 52, A-6020 Innsbruck
Tel.: +43 512 507-44008
eva.pfanzelter@uibk.ac.at

Co-Projektleitung „Option museal“

Univ.-Prof. Mag. Dr. Dirk Rupnow
Institut für Zeitgeschichte
Universität Innsbruck
Innrain 52, A-6020 Innsbruck
Tel.: +43 512 507-44007
dirk.rupnow@uibk.ac.at

 



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