Projekte

Finanzierung:
ÖAW Doc team Projekt
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Laufzeit:
01.07.2021 - 30.06.2024

DoktorandInnen:
Eß Lisa Maria (LFU, Inst. für Archäologien)
Irovec Ruth ( LFU, Inst. für Archäologien)
Lueger Daniel (LFU, Inst. für Archäologien)  
Oettel Lena (LFU, Inst. für Mineralogie und Petrographie)

Betreuer:
Trebsche Peter (LFU, Inst. für Archäologien)
Tropper Peter (LFU, Inst. für Mineralogie und Petrographie)
Goldenberg Gert (LFU, Inst. für Archäologien)
Tomedi Gerhard (LFU)
Umberto Albarella (University of Sheffield, Dep. of Archaeology)

Kupfer und Eisen im 1. Jahrtausend v. Chr.
Montanarchäologische Untersuchungen zur Metallverarbeitung und Wirtschaftsstruktur eines Werkareals im Unterinntal

In den Jahren 2018 und 2019 fand in Kundl bei der Schottergrube Wimpissinger (Bezirk Kufstein, Tirol) unter der Leitung der Firma Talpa GnbR die bislang größte urgeschichtliche Flächengrabung Nordtirols nach modernen Standards statt. Auf einem rund 11.600 m2 großem Areal in der Schottergrube Wimpissinger wurden Nutzungshorizonte aus dem 1. Jahrtausend v. Chr. freigelegt. Bei den Ausgrabungen wurden 1284 Befunde dokumentiert, knapp 31.000 Kleinfunde geborgen sowie zahlreiche Sedimentproben zur Gewinnung von Mikroresten entnommen.
Verhüttungsöfen, Tondüsen und Gusskuchen aus bronzezeitlichen Schichten zeugen davon, dass während der Nutzungsdauer dieses Areals die Metallverarbeitung im Vordergrund stand. Für die Eisenzeit lassen sich zusätzlich landwirtschaftliche Tätigkeiten und Textilherstellung nachweisen. Sowohl Befunde als auch Kleinfunde deuten darauf hin, dass es sich um ein ausgedehntes Werkareal handelt. Dieses befindet sich in unmittelbarer Nähe zu dem bereits in den 1970er Jahren untersuchten eisenzeitlichen Gräberfeld in Kundl. Der hervorragende Erhaltungsstand dieser komplementären Areale, welcher der Versiegelung durch Murschotterpakete zu verdanken ist, bietet exzellente Voraussetzungen, um die bronze- und eisenzeitliche Metallproduktion sowie deren Organisation und Versorgung im Unterinntal zu untersuchen.
Die umfassende, interdisziplinäre Auswertung des Werkareals erfolgt im Rahmen eines DOC-team-Projektes. Diese soll dazu beitragen, mehrere seit langem diskutierte Forschungsfragen aus dem Bereich der Montanarchäologie zu beleuchten.
Erstens stehen der Abschwung der Kupferproduktion und der Eisenverarbeitung im Fokus. Weiterhin soll anhand des Kundler Werkareals im Detail untersucht werden, welche Faktoren für das Abklingen der Kupferverhüttung aus Fahlerz im Laufe der älteren Eisenzeit (800-450 v. Chr.) ausschlaggebend waren. Zusätzlich wird untersucht, ob und ab wann eine lokale Eisenverhüttung oder –produktion in Nordtirol nachweisbar ist.
Zweitens sollen die prähistorische metallurgische Produktionskette und die Organisationsstrukturen der Kupfer- und Eisenproduktion mithilfe von mineralogischen Analysen in Kombination mit intra site Analysen und der Kleinfund- und Befundbearbeitung detailliert erforscht werden.
Drittens sollen die Austausch- und Handelsmechanismen sowie die Subsistenzweise und Nahrungsmittelversorgung der auf dem Areal tätigen Handwerker auf der Basis von archäozoologischen Befunden, Keramikanalysen und GIS-basierten site catchment-Analysen untersucht werden. Zudem wird in Erfahrung gebracht, welche klimatischen und vegetativen Bedingungen vorherrschten.
Im Sinne eines umfassenden montanarchäologischen Ansatzes arbeiten vier DoktorandInnen im engen Austausch mit verschiedenen Methoden an den Teilaspekten der oben genannten Fragestellungen. Die Arbeit der Archäologin Lisa Maria Eß spannt mit der Auswertung der Befunde und mikroarchäologischer Kleinstfunde aus den Sedimentproben einen Bogen von individuellen archäologischen Kontexten hin zu (über)regionalen Verflechtungen und klimatischen sowie vegetativen Bedingungen des Werkareals in Kundl. Die Archäozoologin Ruth Irovec widmet sich den Tierknochenfunden, welche Rückschlüsse auf Ernährungsweise, Versorgungsstrategien und das Wirtschaftssystem des Unterinntals liefern. Die zahlreichen Bronze- und Eisenfunde, Keramik, Steinwerkzeuge und Schmuckgegenstände werden vom Archäologen Daniel Lueger bearbeitet. Auf dieser Grundlage untersucht er die Austauschbeziehungen mit dem Umland, die chaîne opératoire der lokalen Fibelproduktion und die unterschiedliche Bedeutung der materiellen Kultur im Werkareal und im gleichzeitigen Gräberfeld. Seine Untersuchungen, die aus quellenkritischer Sicht auch auf die taphonomischen Prozesse im Werkareal eingehen, bilden dabei auch das chronologische Gerüst für alle anderen DOC-team-Mitglieder. Die Mineralogin Lena Oettel analysiert mit naturwissenschaftlichen Methoden die Reste der Kupfer- und Eisenproduktion und die Keramik, um detaillierte Erkenntnisse zu Produktionsprozessen – von den Lagerstätten und Halbfabrikaten bis hin zu den Endprodukten – zu gewinnen.

KooperationspartnerInnen:


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