Kritische Essayistik zwischen den Two Cultures
Das „zweite Leben“ des Biochemikers Erwin Chargaff
Magdalena Gronau
Germanistische Reihe – Band 92
ISBN 978-3-901064-55-5
brosch., 336 Seiten
2019, innsbruck university press • iup
Preis: 38,00 Euro
Erwin Chargaff (1905-2002) ist gegenwärtig vor allem für seine Leistungen als Biochemiker bekannt. Dass er nach dem Ende seiner wissenschaftlichen Karriere in literarisch ambitionierten Essays gegen sein eigenes Fach polemisiert hat, wird oft übersehen: Ab 1970 gelang es Chargaff, sich zunächst als Vertreter einer Form wissenschaftskritischen „Renegatentums“ zu etablieren, wie sie im Rahmen der Ökologiebewegungen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Rasch konnte er als Essayist im Literaturbetrieb des deutschsprachigen Raums Fuß fassen. Kulturwissenschaftlich orientierte und gattungstheoretische Fragestellungen verbindend, nimmt die vorliegende Studie Chargaffs publizistische Aktivitäten im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts in den Blick. Untersucht werden u.a. Chargaffs Positionierung als Naturwissenschafts- und Kulturkritiker, seine Rezeption im naturwissenschaftlichen und im literarischen Feld, seine Publikations- und Selbstinszenierungsstrategien sowie seine Werkpolitik. Eine detaillierte Analyse von Chargaffs essayistischem Oeuvre konzentriert sich auf Besonderheiten, die durch die Wahl einer zwischen Wissenschaft und Literatur changierenden Gattung bedingt sind: Jenseits einer ersten umfassenden literatur- und kulturwissenschaftlichen Untersuchung von Erwin Chargaff und seinem literarischem Werk entwickelt die Arbeit eine feldtheoretisch orientierte Gattungstypologie des Essays, die über eine Kategorisierung anhand von Merkmalskatalogen hinausgeht, ohne sich auf die gängige Charakterisierung als notorisch unklassifizierbares Genre zurückzuziehen.
Dr. Dr. Magdalena Gronau (Bachmann). Studium der Chemie (Dissertation 2012) und der Deutschen Philologie (Dissertation 2016, sub auspiciis) an der Universität Innsbruck. Forschungsaufenthalte u.a. am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften (Wien), am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (Berlin) und an der McGill University (Montréal). Zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen, zuletzt: Bader-Preis für die Geschichte der Naturwissenschaften 2017 (gem. mit Martin Gronau), Literaturpreis der Universität Innsbruck 2017 für ihre Dissertation, Caroline von Humboldt-Preis 2018. Derzeit forscht die Autorin als Erwin Schrödinger-Stipendiatin des FWF an der Universität Erfurt sowie an der HU Berlin.