Michel Foucault als politischer Philosoph
Hans-Martin Schönherr-Mann
Interdisziplinäre Forschungen – Band 34
ISBN 978-3-903187-33-7
brosch., 184 Seiten
2019, innsbruck university press • iup
Preis: 29,90 Euro
Als politischer Philosoph wird Foucault kaum wahrgenommen: Seine Machtanalytik schien der Sozialphilosophie nahezustehen, sein Entwurf des Subjekts im Spätwerk einer Kulturphilosophie. Bisher orientiert sich die politische Philosophie entweder an der Souveränität (Carl Schmitt) und am natürlichen Guten (Leo Strauss) oder normativ an der Gerechtigkeit (John Rawls). Doch Foucaults Vorlesungen über die Gouvernementalität diagnostizieren eine Transformation der Souveränität in eine an der Bevölkerung orientierte Verwaltungstätigkeit, sodass Biopolitik die ‚große Politik‘ (Nietzsche) ersetzt. Schon im Frühwerk generiert sich die Macht mikrologisch und somit im Individuum, argumentiert er genealogisch, womit er sich strukturell jedem Identitätsdenken entzieht. Nicht erst im Spätwerk wird Politik auch zivilgesellschaftlich und außerinstitutionell dort gemacht, wo Prozesse der Emanzipation stattfinden, wo das Individuum politisch das Wort ergreift. Somit schreibt Foucault ähnlich wie Hannah Arendt die politische Philosophie einer pluralistischen partizipatorischen Demokratie. In der Tradition von Spinoza und Nietzsche vollendet Foucault die Wende der politischen Philosophie hin zum Individuum, ähnlich wie Lévinas die Ethik strukturell verschiebt. Daran schließen Judith Butler, Jacques Rancière und Giorgio Agamben an.