Melange an der Donau
Erzählungen
Ulrike Kotzina
Erscheinungsdatum: August 2022
ISBN 978-3-903539-16-7
Hardcover mit Schutzumschlag, 192 Seiten
2022, edition laurin bei innsbruck university press • iup
Preis: 21,00 Euro
Einladung zur Melange, einer sorglosen Stunde, Auszeit, die zum Lesen und Träumen verführt: Die elf teils prämierten Geschichten von Ulrike Kotzina handeln vom Suchen und Finden der Wahrheit, die sich gerne versteckt, vielleicht aber auch gar nicht entdeckt werden will – zumindest nicht immer und von allen Figuren. So sinkt sie als Perlen-Ohrring auf den Grund eines Sektglases und zeigt sich am Ufer der reißenden March, unter strahlendem Himmel im Sommerwind. Dann wieder muss man durch die Hintertür gehen, jenes gut getarnte Tor bei Hibiskus und Weide, oder an die Grenze zwischen Stadt und Land, zurück an den Anfang, ins Elternhaus, wo ein kleiner roter Kater für immer verschwindet. Sie ruht unter Spielzeug, in der Kiste am Dachboden, verborgen in einem Stapel jahrzehntealter Briefe, und steckt einen Apfelbaum im Garten in Brand, während bahnbrechende Techniken der modernen Kunst erst jenem gelingen, der sie ans Licht gebracht hat. Die richtige Mischung aus Bitterkeit, Süße, Temperament und Leichtigkeit machen die Melange an der Donau zum Hochgenuss.
„Durch Viktorias Haar fuhr der Sommerwind. Sie hob ihre Hand, um die Locken zu glätten, die wie Schmetterlinge aufflogen, sich nicht bändigen ließen, dann eilte sie weiter, seufzte vergnügt: Warum nicht den Wind an ihrem Haar zausen lassen, wie einen Liebhaber, der darin wühlt, der zerstreut damit spielt?
Mit einem einzigen Sprung überwand sie die Stufen, die zur Uferpromenade hinunterführten, und richtete ihr Kleid, das über die Knie gerutscht war.
Sicher würde Juliane das Kleid gleich gefallen, es kam schließlich ihren Empfehlungen nah. Es steht dir, würde Juliane sagen, du hast ein Gesicht, das Frische benötigt, verschwenderische, keinesfalls aufdringliche Frische. Die A-Linie kaschiert dein Problem mit den Hüften, und der V-Ausschnitt lenkt von der Taille ab.
Viktoria hörte nicht auf zu lächeln. Die Uferpromenade wogte nur so: ein lebendiges Wogen, ein changierender Fluss aus flanierenden Menschen. Rechts floss die Donau in ihrem steinernen Bett, zur Linken befanden sich kleine Cafés mit Korbstühlen und weißen und cremefarbenen Schirmen zwischen niedrigen Linden, die in Blüte standen.“