Carlo Ferdinando Lickl - Ein Komponist zwischen zwei Welten
Laufzeit: 1. September 2017 bis Juni 2023
Projektleitung: Dr. Gregor Kokorz
Finanzierung: FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung)
Projektbeschreibung
Im Zentrum dieses musikgeschichtlichen Forschungsprojekts steht der Triestiner Komponist Carlo Ferdinando Lickl (1803-1864), ein kultureller Grenzgänger zwischen deutschem und italienischen Raum. Spross einer Wiener Komponisten Familie, der über eine Zwischenstation in Graz Anfang der 1830iger Jahre nach Triest gelangt. Über dreißig Jahre hinweg bis zu seinem Tod wird er das musikalische Geschehen in Habsburgs aufstrebender Hafenstadt maßgeblich prägen, als Komponist, Pianist und Lehrer. Ausgangspunkt für die Arbeit ist Lickls umfangreicher, bis heute jedoch unbeachtet gebliebener musikalischer Nachlass, der in Triest im Archiv des Museo Carlo Schmidl aufbewahrt wird. Ausgehend von der Sichtung und Systematisierung dieses umfangreichen Bestandes wird Lickls Biographie nachgezeichnet und sein kompositorisches Schaffen analysiert und dabei ein entscheidendes Stück österreichischer Musikgeschichte wiedergewonnen, das zwischen den Fronten nationaler Geschichtsschreibung verschüttet wurde. Für eine österreichische Musikgeschichte, für die Triest ebenso jenseits der nationalen Grenzen und damit außerhalb des eigenen Interessenshorizontes lag, wie für die italienische Musikgeschichte, in der Triest auf Grund seiner peripheren Position und seiner langen Zugehörigkeit zur Habsburger Monarchie unbeachtet blieb. Anders als Triests Literatur, die Dank der frühen wegbereitenden Arbeit des Triester Literaten und Literaturwissenschafters Claudio Magris breite Aufmerksamkeit erlangt hat, fehlt ein vergleichbarer Blick auf das musikalische Geschehen dieser Stadt weitgehend. An Hand des konkreten Fallbeispiels kann in dieser musikalischen Mikrogeschichte die transnational Dimensionen europäischer (Musik-)Geschichte deutlich gemacht und die Bedeutung kulturelle Austauschprozesse an diesem Schnittpunkt deutschen, italienischen und slawischen Kulturraums an einem konkreten Fallbeispiel aufgezeigt und analysiert werden. Damit wird ein innovativer Ansatz für eine transnationale musikhistorische Forschung gewonnen. Zugleich ermöglicht das konkrete Fallbeispiel die Bedeutung transnationaler, europäische Dimension zu begreifen, die selbst in einem Zeitraum verstärkter Nationalisierungsprozesse wie jener des 19. Jahrhunderts sowohl Biographien und künstlerisches Schaffen entscheidend prägten.