Christliche Erziehung
Bearbeitung: Wilhelm Rees
Der Codex Iuris Canonici von 1983 zeichnet sich gegenüber seinem Vorgänger durch die Neuaufnahme eines Kapitels über die katholische Erziehung aus (cc. 793-821 CIC/1983). Nachdrücklich betont er das Recht auf christliche Erziehung. Dieses Recht wird im kirchlichen Gesetzbuch unter einer dreifachen Rücksicht behandelt, einmal als Recht eines jeden Gläubigen auf seine eigene Erziehung, ferner als Recht der Eltern im Hinblick auf ihre Kinder und schließlich als Recht der Kirche in Hinsicht auf ihre Gläubigen. Aus dem in c. 217 CIC/1983 festgelegten Recht auf christliche Erziehung folgen das Recht und die Pflicht der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder. Das Recht auf Erziehung spezifiziert sich für christliche Eltern vor allem in der Aufgabe der christlichen Erziehung (c. 1136 CIC/1983), d. h. in der Pflicht, ihre Kinder gemäß der von der Kirche überlieferten Lehre zu erziehen (c. 226 § 2 CIC/1983). Ausdrücklich erkennt die Erklärung über die Religionsfreiheit jeder Familie das Recht zu, ihr häusliches religiöses Leben unter der Leitung der Eltern in Freiheit zu ordnen, und ferner auch das Recht, die Art der religiösen Erziehung der Kinder gemäß der eigenen religiösen Überzeugung zu bestimmen (VatII DH Art. 5).
Hierzu zählen die Wahl der Schule und ebenso auch das Recht, über die Teilnahme des Kindes am schulischen Religionsunterricht zu bestimmen.
Nach staatlichem Recht bestimmt sich die religiöse Erziehung weithin nach dem Bundesgesetz über die religiöse Kindererziehung. Die Eltern religionsunmündiger Kinder können während des Bestandes der Ehe durch freie Einigung bestimmen, in welcher Religion oder Weltanschauung die Erziehung erfolgen soll. Wenn eine Person das alleinige Sorgerecht für das Kind hat, steht dieser Person die Bestimmung der religiösen Erziehung zu. Im Falle einer Scheidung hat der nichterziehende Elternteil nur ein Äußerungsrecht hinsichtlich eines Religionswechsels.
Eine Änderung der getroffenen Entscheidung ist jederzeit möglich. Bei einem bereits 12-jährigen Kind ist dessen Zustimmung erforderlich. Wird eine Einigung nicht erzielt, kann die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts begehrt werden. Von diesem ist ein bereits zehnjähriges Kind zu hören (vgl. §§ 1 bis 3 BundesG über die religiöse Kindererziehung, BGBl. Nr. 155/1985).
Nach vollendetem 14. Lebensjahr hat jedermann die freie Wahl des Religionsbekenntnisses seiner eigenen Überzeugung und ist in dieser freien Wahl von der Behörde zu schützen (§ 5 BundesG über die religiöse Kindererziehung; Art. 4 InterkonfG; Richard Potz, Staat und Kirche in Österreich, in: Gerhard Robbers (Hrsg.), Staat und Kirche in der Europäischen Union, Baden-Baden 1995, S. 251- 280, hier S. 277 f.)