Als erste Vortragende gab Frau Mag. Michaela Seelig, Leiterin der Abteilung Nachhaltige Finanzen im Bundesministerium für Klimaschutz, den TeilnehmerInnen zunächst einen Einblick in die regulatorische Perspektive des hochaktuellen Themas. Frau Seelig erklärte, dass Green Finance nicht nur national, sondern auch auf europäischer und globaler Ebene durch die Verankerung im EU-Aktionsplan und dem Pariser Klimaabkommen von Bedeutung ist. Auf europäischer Ebene stellt insbesondere die Taxonomie als Teil des Legislativpakets eine wichtige Komponente zur Erhöhung der Transparenz, Forcierung der Glaubwürdigkeit und Vermeidung von Greenwashing dar. Frau Seelig stellte klar, dass eine Taxonomie als Klassifikationssystem für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten anhand von Kriterien dienen soll, damit aber weder eine Verpflichtung zur Veranlagung in grüne Finanzprodukte einhergeht noch eine Beurteilung der finanziellen Performance eines Investments ermöglicht wird. Durch diverse Initiativen möchte das Bundesministerium für Klimaschutz die Taxonomie unterstützen und in Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium zunehmend privates Kapital mobilisieren, welches zur Erreichung der Klimaschutzziele benötigt wird.
Anschließend brachte Herr Dr. Hendrik Garz, Global Head of Methodology & Portfolio Research bei Sustainalytics, den TeilnehmerInnen die Sichtweise der Ratingagenturen näher. Das Wachstum von Sustainalytics, einem führenden Institut für Forschung und Ratings im Bereich ESG, spiegelt in den Augen von Herrn Garz die wachsende Bedeutung des Nachhaltigkeitsbereichs wider. Sustainalytics bietet seinen Kunden entlang der gesamten Wertschöpfungskette verschiedene Services an, wobei Risikoratings das Hauptprodukt darstellen. Diese Risikoratings können neben der ESG-Integration im engeren Sinne beispielsweise auch für Best-in-Class Investmentansätze, Screening und Benchmarking sowie thematische Investments genutzt werden und gehen auch in die Fondsratings von Morningstar ein. Aufgrund der hohen Komplexität der Bewertung divergieren die Einschätzungen der verschiedenen Ratingagenturen teilweise stark, was durch stärkere Standardisierung, etwa durch die Taxonomie, vermindert werden könnte. Herr Garz betonte, dass Sustainalytics nicht nur als Datenprovider agiert, sondern durch seine Beurteilungen auch zu einer gesteigerten Effizienz und längerfristigen Ausrichtung der Märkte sowie einem gemeinsamen Verständnis von relevanten Faktoren im Nachhaltigkeitsbereich beitragen kann.
Herr Alexander Adrian, Dipl. BW (FH), CPM, Special Advisor & Fondsmanager mit Schwerpunkt Ethik bei der Schoellerbank, stellte den TeilnehmerInnen die Investment-Perspektive vor. Während nachhaltige Investments zu Zeiten der Finanzkrise noch relativ unbedeutend waren, stehen sie heute ganz oben auf der Agenda. Aktuell nutzt die Schoellerbank für ihren nachhaltigen Investmentansatz eine Kombination aus den ESG-Kriterien von ISS-ESG sowie selbst definierten Kriterien. Herr Adrian betonte an dieser Stelle, dass die strikte Durchsetzung der Kriterien teilweise problematisch ist, da man neben der Nachhaltigkeit auch Diversifizierung und Rentabilität sicherstellen möchte. Aktuell umfasst das nachhaltige Veranlagungsvermögen bei der Schoellerbank knapp eine Milliarde Euro, wobei die Performance der nachhaltigen Fonds in den letzten Jahren keineswegs schlechter war als jene von vergleichbaren Produkten.
In der anschließenden Diskussion unter der Leitung von Univ.-Prof. Matthias Bank wurden u.a. Fragen nach Zielkonflikten bzgl. nachhaltiger Investitionen, Schwierigkeiten bei der Validierung von Nachhaltigkeitsratings und Motivationen für Investments in nachhaltige Fonds diskutiert.