Arbeitspakete

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Bild: Offenes Buch (Credit: Jonas Jacobsson on Unsplash) 

Ritualisierte Epitexte

bearbeitet von Max Mayr, MA
Arbeitstitel Dissertation

„Die Literaturpreisrede als Epitext im Ritual der Literaturpreisverleihung“

 

Vorstellung des Projekts in der Reihe "Junge Forschung"

 

Fingierte Epitexte

bearbeitet von Anna Obererlacher, MA
Arbeitstitel Dissertation

„Die Fiktionalisierung von Epitexten in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur“ 

 

Vorstellung des Projekts in der Reihe "Junge Forschung"

Ritualisierte Epitexte

bearbeitet von Max Mayr

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Bild: Mikrofon (Credit: Matt Botsford on Unsplash)

Das Teilprojekt „ritualisierte Epitexte“ untersucht Literaturpreisreden zeitgenössischer AutorInnen im Kontext des im literarischen Feld signifikanten Rituals der Literaturpreisverleihung.

Die bisherige Forschung zu modernen Literaturpreisen (im Einzelnen wie Allgemeinen) hat diese auf ihre Geschichte, Soziologie und kulturpolitische bzw. literaturbetriebliche Funktion und Wirkung hin untersucht.[i] Vorhandene Arbeiten zu einzelnen Preisreden analysieren diese vornehmlich mit Blick auf zeit- und werkgeschichtliche Zusammenhänge der AutorInnen.[ii]

Demgegenüber fokussiert das hier verfolgte Arbeitspaket ausschließlich das bis dato nur wenig beachtete Ritual der Literaturpreisverleihung als medial inszeniertes Ereignis, wenn es die dafür eigens verfassten Dankesreden zeitgenössischer AutorInnen seit 2000 erstmals im Zusammenhang mit dieser Praxisform exemplarisch untersucht und in zweifacher Hinsicht perspektiviert.

Erstens hinsichtlich ihrer auktorialen Funktion innerhalb eines für den gegenwärtigen Literaturbetrieb signifikanten Rituals[iii]: Welche Tauschverhältnisse und damit verbundenen Erwartungshaltungen liegen ihnen zugrunde, und können diese sinnvoll als eine spezifische Form des ‚Gabentauschs‘[iv] begriffen werden? Welche Stellung nehmen diese ritualisierten Epitexte im Kontext zeitgenössischer Werkpolitik ein? Und welchen Einfluss haben die jeweiligen Publikationsmedien und -weisen auf die Danksagungen?

Zweitens ist mit solchen Formen der Rede eine öffentlichkeitswirksame Positionierung des jeweiligen Autors im literarischen Feld verbunden. Es handelt sich um eine ästhetische und/oder poetologische, bisweilen auch politische und/oder moralische Standortbestimmung, die zugleich als Inszenierung des gesprochenen Dichterworts und als De-Anonymisierung des Literaturbetriebs aufzufassen ist. Ursprünglich zumeist schriftlich verfasst und bei der Verleihung mündlich vorgetragen, zielen Literaturpreisreden als Epitexte dabei im Rahmen ihre Publikation auf Emanzipation vom Ritual der Verleihung und beanspruchen eigenständigen Werkstatus. Zu berücksichtigen ist dabei speziell auch ihre konkrete mediale Verfasstheit, die sich je nach Publikationsart bzw. -ort – als Text in Zeitungen, Jahrbüchern und Sammelbänden oder als audiovisueller Mitschnitt auf YouTube etwa – ändert. Diese unterschiedlichen Kontexte ermöglichen je andere Lesarten und Interpretationsmöglichkeiten der konkreten Reden.

Die Korpusbildung des Arbeitspakets orientiert sich exemplarisch an den distinkten Formaten und Vergabemodalitäten von Literaturpreisen sowie an den spezifischen Dokumentationsformen der Dankesreden im deutschsprachigen Raum seit 2000. Erhoben und analysiert werden die Reden der PreisträgerInnen des Georg-Büchner-Preises, des Wilhelm-Raabe-Preises, des seit 2010 in Österreich verliehene Literaturpreis Alpha, des Deutschen Buchpreises und des Kleist-Preises.


[i] U.a.: Heckmann, Herbert: Die Sache des Künstlers ist die Sache des Volkes. Zur Geschichte des Georg-Büchner-Preises, in: Heiner Boehncke (Hg.): Ein Haus für Georg Büchner. Marburg 1997, S. 47–53; Hornfeck, Susanne: Goethepreise. Der Dichter als kulturpolitisches Programm, in: Ortrud Gutjahr (Hg.): Westöstlicher und nordsüdlicher Divan. Goethe in interkultureller Perspektive. Paderborn 2000, S. 251–261; Leitgeb, Hanna: Der ausgezeichnete Autor. Städtische Literaturpreise und Kulturpolitik in Deutschland 1926–1971. Berlin u.a. 1994; Maier, Hans: Literaturpreise als Instrument der Kulturpolitik, in: Jahrbuch der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung 1987. Darmstadt 1988, S. 107–115; Ulmer, Judith S.: Geschichte des Georg-Büchner-Preises. Soziologie eines Rituals. Berlin/New York 2006; Verweyen, Theodor: Dichterkrönung. Rechts- und sozialgeschichtliche Aspekte literarischen Lebens in Deutschland, in: Conrad Wiedemann (Hg.): Literatur und Gesellschaft im deutschen Barock. Heidelberg 1979 (=GRM-Beiheft 1), S. 7–29.

[ii] U.a.: Geier, Ruth: Grenzüberschreitungen. Vom Ritual zum Fanal; die Lobrede des Günter Grass zur Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels 1997 als Philippika, in: Textlinguistik. Aix-en-Provence: Univ. de Provence, Inst. d’Etudes Germaniques 1999, S. 99–109; Weissenberger, Klaus: Paul Celans Meridian – ein moderner Essay, in: Roland Jost / Hansgeorg Schmidt-Bergmann (Hgg.): Im Dialog mit der Moderne. Zur deutschsprachigen Literatur von der Gründerzeit bis zur Gegenwart. Frankfurt a.M. 1986, S. 347–360.

[iii] Schaffrick, Matthias: In der Gesellschaft des Autors. Religiöse und politische Inszenierungen von Autorschaft. Heidelberg 2014, S. 76f.

[iv] Godelier, Maurice: Das Rätsel der Gabe. Geld, Geschenke, heilige Objekte. München 1999.

 

Fingierte Epitexte

bearbeitet von Anna Obererlacher

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Bild: Buchhandlung (Credit: Florencia Viadana on Unsplash)

Das Teilprojekt „fingierte Epitexte“ befasst sich mit Texten von AutorInnen deutschsprachiger Gegenwartsliteratur, die Epitexte bzw. epitextuelle Elemente – wie Interviews oder Gespräche – für ihre Poetik produktiv machen, mit ihnen (auto)fiktionale Texte mit eigenem Paratext-Apparat gestalten und so das ‚Beiwerk‘ zum eigenständigen Werk transformieren, das mit literarischen Mitteln den Stellenwert des Autors reflektiert.

Für das Forschungsvorhaben stehen mindestens drei Frage- und Problemstellungen im Fokus. Zum einen, inwiefern die Fiktionalisierung des Autors in den untersuchten Texten als Reaktion auf die literaturbetriebliche Nachfrage nach Autorschaft zu lesen ist[i] und weiters, in welcher Beziehung dazu das vorsätzlich ambivalente Verhältnis von fiktionalen und faktualen Elementen und Hinweisen der ästhetischen Überschneidung von Text und Paratext steht. Abschließend ist zu hinterfragen, ob diesbezüglich Analogien zu paratextuellen Strategien um 1800 (Stichwort ‚Herausgeberfiktion‘) bestehen.[ii]

Als Textkorpus eignen sich besonders Interviewromane, die den Epitext ‚Interview‘ für ihr fiktionales Programm produktiv machen und die gattungsgeschichtlich damit auf einer Traditionslinine von den imaginären Gesprächen Lukians über die Kunstdialoge der Romantik bis zu den Erfundenen Gesprächen Hugo von Hofmannsthals zu verorten und Genre-Traditionen wie dem Dialog, den Toten- und Göttergesprächen wie auch dem journalistischen Interview in Verbindung zu setzen sind. Dazu zählt paradigmatisch und von der Forschung viel diskutiert etwa Wolf Haas’ Wetter vor 15 Jahren,[iii] aber auch Clemens J. Setz’ Bot (2018), oder John von Düffels KL – Gespräch über die Unsterblichkeit (2015).

Weiters werden medial vom Buch abweichende Spielformen fiktiver und fiktionaler Interviews wie die von Alexander Kluge mit Helge Schneider für das Fernsehen audiovisuell inszenierten Interviews und zugleich Konzepte des „New Journalism“ bzw. „Borderline-Journalismus“ im Grenzbereich zwischen Fakt und Fiktion bzw. Journalismus und Literatur berücksichtigt.

Darüber hinaus finden Texte Berücksichtigung, die die Mechanismen, folglich die Produktions-, Distributions- und Rezeptionsbedingungen des Literaturbetriebs – und somit auch die Stellung des Autors darin – auf vielfältige Weise reflektieren und motivisch wie verfahrenstechnisch literarisch verarbeiten. Sei es in Gestalt eines autofiktionalen Narrativs wie Thomas Glavinics Das bin doch ich (2007), eines gendertheoretischen Sujets wie Marlene Streeruwitz’ Nachkommen (2014), einer metafiktionalen Genreparodie wie Bodo von Kirchhoffs Schundroman (2002) oder einer Literaturbetriebssatire wie Klaus Modicks Bestseller (2015).

Es sind dies Texte, die nach dem faktualen Status von Paratexten im Allgemeinen und dem von auktorialen Epitexten im Besonderen fragen, nach ihrem aktuellen Stellenwert im literarischen Feld und dem damit im Zusammenhang stehenden Glauben an die Authentizität von Interviews und Autorschaft – während sie sich selbst zwischen Fakt und Fiktion bewegen. Nicht zuletzt ermöglichen sie dabei einen Diskurs über mediale Repräsentationsformen, ihre Konventionen und Grenzbereiche. Der Autor, so die Hypothese, bringt nicht nur Fiktionen hervor, seine Autorschaft selbst konstituiert sich maßgeblich über kulturelle Fiktionen.


[i] Zipfel, Frank: Autofiktion, in: Dieter Lamping (Hg): Handbuch der literarischen Gattungen. Stuttgart 2009, S. 31–36; Wagner-Egelhaaf, Martina (Hg.): Auto(r)fiktion. Literarische Verfahren der Selbstkonstruktion. Bielefeld 2013; Krumrey, Birgitta: Der Autor in seinem Text. Autofiktion in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur als (post-)postmodernes Phänomen. Göttingen 2015; Pottbeckers, Jörg: Der Autor als Held. Autofiktionale Inszenierungsstrategien in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Würzburg 2017.

[ii] Wirth, Uwe: Die Geburt des Autors aus dem Geist der Herausgeberfunktion. Editoriale Rahmung im Roman um 1800: Wieland, Goethe, Brentano, Jean Paul und E.T.A. Hoffmann. München 2008.

[iii] Jaumann,Michael: „Aber das ist ja genau das Thema der Geschichte!“ Dialog und Metafiktion in Wolf Haas’ Das Wetter vor 15 Jahren, in: J. Alexander Bareis (Hg.): Metafiktion. Berlin 2010, S. 203–225; Schaffrick, Matthias: Das Interview als Roman. Das Wetter vor 15 Jahren von Wolf Haas, in: Torsten Hoffmann / Gerhard Kaiser (Hgg.): Echt inszeniert. Interviews in Literatur und Literaturbetrieb. Paderborn 2014, S. 417–429.

  

 

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