ANTWORT
von Univ.-Prof. Mag. Dr. Walter Obwexer
Rechtswissenschaftliche Fakultät
In den EU-Verträgen ist keine Regelung vorgesehen, was im Falle einer Zahlungsunfähigkeit eines Mitgliedstaates passiert. Vielmehr verpflichten die Verträge und die darauf gestützten Rechtsakte alle Mitgliedstaaten dazu, ihre Haushalts- und Wirtschaftspolitik so zu gestalten, dass eine Zahlungsunfähigkeit möglichst vermieden wird. So müssen die Mitgliedstaaten das jährliche Defizit kontinuierlich reduzieren und übermäßige öffentliche Defizite vermeiden. Die Einhaltung dieser Vorgaben unterliegt einer entsprechenden Kontrolle durch die EU.
Für die 19 Euro-Staaten sind zusätzlich Mechanismen vorgesehen, um einen dieser Staaten, wenn er in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sollte, zu unterstützen. Voraussetzung dafür ist, dass andernfalls die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt gefährdet wäre. Die Unterstützung durch die anderen Euro-Staaten darf aber nicht darin bestehen, die Schulden des in Schwierigkeiten befindlichen Mitgliedstaates ganz oder teilweise zu übernehmen. Gewährt wird diese Unterstützung in erster Linie durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), in den alle Euro-Staaten einzahlen und für dessen Verbindlichkeiten sie gemeinsam haften. Alle Mechanismen zusammen sollen die Zahlungsunfähigkeit eines Euro-Staates möglichst verhindern.
Für die Nicht-Euro-Staaten besteht bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Möglichkeit, die eigene Währung abzuwerten und auf diese Weise die heimische Wirtschaft wieder konkurrenzfähig zu machen. Mit diesem „letzten Ausweg“ sollten auch sie in der Lage sein, eine Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden.