ANTWORT
von Univ.-Prof Dr. Annette Ostendorf
Fakultät für Betriebswirtschaft
Der österreichische Arbeitsmarkt nimmt sowohl Hochschulabsolventen*innen als auch Lehrlinge sehr gut auf. Zu berücksichtigen ist, dass es in Österreich nicht nur die Lehrlingsausbildung und die hochschulische Bildung gibt, sondern auch ein sehr stark ausgebautes berufliches Vollzeitschulwesen (berufsbildende mittlere (BMS) und höhere (BHS) Schulen, z.B. Handelsschule oder HTL). Hier werden ebenfalls arbeitsmarktfähige Qualifikationen erworben. Statistik Austria weist für 2017 nach der höchsten abgeschlossenen Schulbildung folgende Arbeitslosigkeitsquoten aus:
- Pflichtschule: 13,6 %,
- Lehre: 4,7 %,
- BMS: 3,5 %,
- BHS: 3,3 %,
- Hochschule (Universität oder FH): 3,5 %
Prinzipiell ist es zu begrüßen, dass sich die Menschen höher qualifizieren. Das Anforderungsniveau in vielen Tätigkeitsbereichen steigt. „Höher“ muss dabei aber nicht bedeuten „hochschulisch“. Auch im beruflichen Bereich gibt es viele attraktive Wege (z.B. Meisterausbildung, Techniker). Auch Berufsbildung ist Bildung!
Die Förderung der Attraktivität der Lehrlingsausbildung hängt nicht nur von EINER Maßnahme ab, sondern erfordert ein ganzes Maßnahmenbündel. Besonders wichtig ist die Durchlässigkeit der Lehrlingsausbildung. Es müssen alle Bildungswege offen bleiben für Lehrlinge. Daneben geht es aber auch um Ausbildungsqualität, wie gut also in den Betrieben und Berufsschulen ausgebildet wird, zudem um attraktive Einstiegsarbeitsplätze für Lehrabsolvent*innen incl. Aufstiegsmöglichkeiten oder um die Entwicklung neuer Berufsbilder für unterschiedliche Zielgruppen.
Schwere Probleme bei der Beschäftigungsaufnahme haben im Grunde vor allem Jugendliche, die nur über einen Pflichtschulabschluss verfügen. Hier muss noch einiges getan werden, um diese Zielgruppe noch stärker über die Lehrlingsausbildung an Arbeit und Beschäftigung heranzuführen. Für die Attraktivität der Lehre wäre es aber auch sinnvoll, Angebote für leistungsstarke Jugendliche anzubieten. Lehre mit Matura ist da ein Weg, aber auch das Angebot von Mischformen zwischen Lehre und Bachelor (duales Studium) sowie der Ausbau von anspruchsvollen Berufsbildern.
Grundsätzlich ist es nicht sinnvoll die Berufsbildung (Lehre und BMHS) und die hochschulische Bildung gegeneinander auszuspielen. Beide Bereiche sind qualitativ hochwertig und bezogen auf ökonomische und gesellschaftliche Anforderungen (aktuelles Stichwort: Digitalisierung) weiterzuentwickeln.