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Ian Sand
4. November 2011
Beschreibung:
Den Beginn des Weges markiert ein Acrylglaskasten, in dem zwei Steuerungselemente hängen. Dann geht es weiter über eine Strecke von chaotisch aneinanderhängenden Kunststoffrohren, an deren Ende ein Zeichentisch mit programmtischen Titeln den Weg verstellt. Dann führt der Weg in einen vergitterten Gang (ca. 10m), der in eine Einhausung (ca. 2m x 2m x 2,30m) führt. Die äußere Hülle der Einhausung ist mit schwarzer Teichfolie überzogen, auf der - in weißer Farbe - eine Fülle von Zahlen- und Buchstabenchiffren zu sehen ist, durchmischt von Fragmenten aus Zeichen und Zeichnungen. Das Innere ist mit Bahnen aus einer alten Theaterdekoration verhängt, welche exotisch-idyllische Sujets zum Inhalt hat. Bei fahler Beleuchtung ist eine Soundinstallation zu hören, in der - knapp an der Wahrnehmungsgrenze - geflüstertes Stimmengewirr auszumachen ist.
In der Installation „iter ignotum“ thematisiert Ian Sand den „unbekannten Weg“ des menschlichen Individuums und präsentiert seine Einschätzung, wie dieser Begriff religiös und philosophisch deutbar ist. Chaos, Steuerung und Einflüsterung bilden dabei die unumstößlichen Paradigmen humaner Existenz.
Eine nicht unwillkommene Zweitbedeutung des Begriffs „ITER“ als Akronym für „International Thermonuclear Experimental Reaktor“ fügt sich auf einer weiteren, technologischen Bedeutungsebene in die Installation Ian Sands ein. Es handelt es sich dabei immerhin um das bisher größte Forschungsprojekt internationaler Dimension zum Zwecke der unlimitierten Energiegewinnung durch Kernfusion. Dadurch gewinnt Sands Arbeit einen weiteren Aspekt in Richtung einer „idealen Kondition“, die dem humanen Bestreben innezuwohnen scheint. Die Fragestellung nach der Korrelation zwischen Inhalt und Form wird bei Sand nicht nur auf rein künstlerischer Ebene geführt, sondern erweitert sich durch die vorgeführten Tableaus in Richtung Sprache und Wissenschaft. Phänomene aus Physik und Biologie, in denen der Inhalt nur über die äußere Form definierbar wird, werden dabei ebenso angesprochen, wie die Fülle sozialer Manifestationen, welche letztlich auch in Begriffe wie Entscheidung, Karriere und Lebensentwurf münden.
Arbeiten der 80iger- und 90iger-Jahre
Der ursprünglich erlernte und ausgeübte Beruf des Restaurators zeitigt bei Ian Sand ab Mitte der 80iger-Jahre das Bestreben, dieser rein kunsttechnologischen Disziplin einen persönlichen Kontrapunkt entgegenzusetzen. Technisch bleibt Ian Sand, wenige Arbeiten ausgenommen, bis ca.1995 der Malerei und der Grafik verbunden. Inhaltlich beschäftigen Sand Fragestellungen nach Konservierung und Auflösung der Form, der Endgültigkeit des Schöpfungsprozesses, der Perzeption und der darauf folgenden Erkenntnis.
Plakative Chiffren werden in zahlreichen Sequenzen rätselhaften Metamorphosen unterzogen, wobei Witz und Ironie als Referenzen überkommener Pop-Kultur über den dahinter liegenden Ernst der Realität nicht hinwegtäuschen können. Bestimmtes und Unbestimmtes wechseln kontinuierlich in Ian Sands Malerei der Zwischen-, Neben- und Untertöne, das Serielle ließe sich kontinuierlich fortsetzen. Die Karten werden immer wieder neu gemischt. Oft umhüllen die Malereien Netze und Stricke, die die „Pakete des Ungeklärten“ schnüren. (M. Hörmann)
In der zweiten Hälfte der 90iger-Jahre bewegt sich Ian Sand vermehrt auf Thematiken zu, die im weitesten Sinn von soziologischen, wirtschaftlichen und weltanschaulichen Entwürfen geprägt sind. Seine Werkgruppe 09, in der schlafende Männer im Anzug eine zentrale Rolle spielen, verdeutlicht die Ambivalenz offizieller, vorgeführter Potenz und des natürlichen Bedürfnisses nach Ruhe und Reflexion. Nicht zufällig wird das maskuline Individuum im offiziellen „outfit“ von Entscheidungsträgern vorgeführt (schlafender Mann im Anzug) und verweist somit auf das Vanitas-Motiv, dem unweigerlich Morbidität und Dekadenz innewohnen.
Seit 2001 verfolgt Ian Sand immer mehr die Programmatik themengebundener Ausstellungen und Präsentationen, welche im weitesten Sinn dem Titel seiner Ausstellung von 2001 im Tiroler Kunstpavillon zuzuordnen sind. "A beginner’s guide to changing outfits" machte den Anfang zu einem breit angelegten Exposé unter der Einbeziehung künstlerischer Instrumentarien, die von figurativer Malerei, über Grafik, bearbeiteten Videos und Videostills bis zu raumgreifenden Installationen reichen. Thematisch umkreist Ian Sand eine Vielzahl von Konnotationen, deren Ausgangspunkt persönliche, private Befindlichkeiten zitieren und dem Wechselspiel von gesellschaftlichen Konventionen und kunsthistorischen Bezügen folgen.
Die Bezeichnung "beginner" (Anfänger) soll bei Ian Sand auf eine weiterführende, zielgerichtete Finalität verweisen, die wissentlich nur in der Fiktion stattfinden kann. Dem „outfit“ (Ausrüstung, Rüstzeug, Ausstattung) wird eine übergeordnete, richtungsweisende Rolle zugesprochen und es konterkariert somit gesellschaftliche Normen, deren Regelwerk sich über die äußere Erscheinungsform definiert.