Manfried Rauchensteiner: „Unter Beobachtung. Österreich seit 1918“
Buchpräsentation | 26. April 2022, 19:30 Uhr | Wagnersche Universitätsbuchhandlung Innsbruck
Österreich war – und ist – immer wieder für Aufregungen gut. Das klingt nach einem Gemeinplatz. Es war der ehemalige tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg, der das 2016 in die Worte kleidete, das Land würde „unter Beobachtung“ stehen, und das nicht nur aus einem Anlass heraus, sondern durchgängig. Manfried Rauchensteiner hat diese knappe Formulierung aufgegriffen und zur Grundlage seines jüngsten, nunmehr in zweiter Auflage erschienenen Buchs gemacht. Was 1918 mit der Gründung der Ersten Republik als Experiment begann, war 1938 auch schon wieder gescheitert. Viele registrierten den „Umbruch“ im In- und Ausland mit Genugtuung. Während der NS-Zeit und des Zweiten Weltkriegs schien es, als wären die Österreicher bereit, sich lediglich unterzuordnen und anzupassen. Doch der Schein trog. Abseits der Feststellung, sie wären gleichermaßen an den Kriegshandlungen, an Verfolgungsmaßnahmen und Gräueln des Regimes beteiligt wie die sogenannten Altreichsdeutschen, bildete sich ein neues Österreich heraus, das den „Rückbruch“ vorbereitete. 1945 stellten die vier Besatzungsmächte das Land, dem sie mit der „Moskauer Deklaration“ eine Chance geben wollten, unter Kuratel, behandelten es aber als Sonderfall. Erst nach dem Staatsvertrag 1955 bildete sich so etwas wie ein normaler Staat heraus, der international allerdings immer wieder für Aufmerksamkeit sorgte. Das zeigte sich beim Bruch mit Deutschland sowie der späteren Wiederannäherung, 1956 während des Volksaufstands in Ungarn, 1968 bei der Besetzung der Tschechoslowakei, 1986 nach der Wahl Kurt Waldheims zum österreichischen Bundespräsidenten, 1991 während des slowenischen Unabhängigkeitskrieges, 2000 nach der Bildung einer Kleinen Koalition, nach der „Ibiza-Affäre" 2019 und bis in die Jahre der Corona-Krise. Das Land galt als Problemzone, als Sonderfall, als Musterschüler und gleich mehrfach als ein europäischer Partner, dem man ganz genau auf die Finger schauen müsste. Das tut die Welt bis heute.
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Programm:
Buchgespräch mit Manfried Rauchensteiner über die zweite aktualisierte und erweiterte Auflage (Böhlau Verlag, Wien, 2021)
Manfried Rauchensteiner ist Historiker, Universitätsprofessor in Wien und lehrte außerdem bis 2021 an der Diplomatischen Akademie. Er war 1992–2005 Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien und anschließend bis 2011 maßgeblich am Aufbau des Militärgeschichtlichen Museums in Dresden beteiligt. Er ist Autor zahlreicher Bücher, darunter das Standardwerk „Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914–1918“. Er lebt und arbeitet in Wien.
Konzept und Organisation:
Kontakt:
Assoz. Prof. MMag. Dr. Andrea Brait
Institut für Zeitgeschichte
Universität Innsbruck
Innrain 52d, 6020 Innsbruck
Andrea.Brait@uibk.ac.at
Corona Disclaimer:
Bitte informieren Sie sich auf der Homepage des Veranstaltungsorts, welche Covid-19-Maßnahmen für Veranstaltungsteilnehmer*innen aktuell gelten.
Bild: © Manfried Rauchensteiner