Die Polizei im Reichsgau Tirol und Vorarlberg

Exhumierung_Hall_NARA

Forschungsprojekt  | Laufzeit 01.10.2024–30.09.2028

Das Forschungsprojekt untersucht die Tätigkeit der Polizei im Reichsgau Tirol und Vorarlberg zwischen 1938 und 1945 sowie den politischen und juristischen Umgang mit Taten und Personal der Polizei nach 1945, also die Entnazifizierung der Polizeibehörden und die Aufarbeitung von Beteiligungen an NS-Gewaltverbrechen. Das Erkenntnisinteresse erstreckt sich einerseits auf Funktionen von Dienststellen der Sicherheits- und Ordnungspolizei bei der Umsetzung von gesellschaftspolitischen Ordnungsvorstellungen des NS-Regimes („deutsche Volksgemeinschaft“) nach innen und nach außen sowie andererseits auf die Beteiligung von Polizisten und Gendarmen aus dem Reichsgau Tirol und Vorarlberg an der Durchsetzung von Besatzungsherrschaft im Kontext der deutschen Kriegsführung und Machtexpansion an verschiedenen Schauplätzen in Europa.

Methodisch geht es neben der strukturellen Rekonstruktion und machtpolitischen Verortung polizeilicher Apparate und Dienststellen im Reichsgau Tirol und Vorarlberg vor allem um eine akteurszentrierte Analyse des Personals von Polizei und des konkreten Handelns gegenüber dritten Personen in unterschiedlichen Kontexten polizeilicher Arbeit. Mit diesem Ansatz soll die gesamte Bandbreite von Handlungsweisen von Polizisten und Gendarmen im Reichsgau Tirol und Vorarlberg sowie aus dem Reichsgau Tirol und Vorarlberg ausgelotet werden: von der Beteiligung an der Shoah und an Besatzungsverbrechen im Kontext von Bevölkerungspolitik und Widerstandsbekämpfung, an der Repression politischer Gegnerschaft, an sozialer Ausgrenzung und rassistischer Ausbeutung, über ambivalentes Verhalten zwischen Konformismus und Nonkonformismus in unterschiedlichen Handlungskontexten bis hin zu widerständigem Handeln und der Beteiligung an der Befreiung vom Nationalsozialismus. Vor dem Hintergrund des Neuaufbaus der Exekutive nach 1945 geht es auch um die Analyse, wie polizeiliches Handeln in einer Diktatur nach 1945 im demokratischen Rechtsstaat bewertet wurde. Hier lässt sich unter anderem erkennen, wie stark die Demarkation gegenüber dem NS-Staat in den polizeilichen Institutionen der Zweiten Republik ausfiel und welchen Stellenwert sie bei der Ausbildung des Selbstverständnisses der Exekutive einnahm. Ein wichtiger Quellenbestand für das Projekt ist das neu erschlossene Historische Archiv der Landespolizeidirektion Tirol.

Projektleitung: Priv.-Doz. Mag. Dr. Peter Pirker
Projektmitarbeitende: Sarah-Maria Feuerstein, Alexander Obertimpfler


Kontakt:

Priv.-Doz. Mag. Dr. Peter Pirker
Institut für Zeitgeschichte
Universität Innsbruck
Innrain 52d, 6020 Innsbruck
  Peter.Pirker@uibk.ac.at


Bild: © Quelle: NARA, BU: Exhumierung von Opfern der Gestapo in Hall, 12. Mai 1945

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