Option museal
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Option digital
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Ein Forschungsdesiderat ist die detaillierte Erarbeitung der Migrationsgeschichte eines Zuzugsgebietes, denn während es mehrere Untersuchungen zu Abwanderungsgemeinden in Südtirol gibt, sind solche von den Zielgemeinden der Optant_innen meist nur in Zusammenhang mit den Südtiroler Siedlungen zu finden. Jenbach in Nordtirol bietet sich als Untersuchungsgemeinde an, da hier einerseits im Jenbacher Museum ein Bereich der Dauerausstellung der Option gewidmet ist, der längst auf eine Neuinterpretation und -kontextualisierung wartet. Andererseits ist Jenbach auch als typische Gemeinde mit Arbeitsmigrationsgeschichte zu begreifen, da der 1938 arisierte und in „Heinkel Werke Jenbach“ benannte (ab 1959 Jenbacher Werke AG) größte Rüstungsbetrieb Tirols gezielt in der Kriegszeit Arbeitskräfte aus Südtirol rekrutierte, wobei der Großteil der Arbeitskraft aus tausenden Zwangsarbeiter_innen bestand, die im Zuge des Krieges ins Land geholt wurden. Um qualifizierte Arbeitskräfte war das Werk gleichfalls bemüht. Aus diesem Grund unterstütze die Heinkel AG die Errichtung der Südtiroler Siedlungen. Eine davon, die Tratzbergsiedlung diente in den späteren Jahrzehnten anderen ausländischen Arbeitskräften als Unterkunft und neue Heimat. Das „Fallbeispiel Jenbach“ ordnet sich somit unter dem Maßstab der Migrationsgeschichte in ein breites Forschungsfeld an: Neben der erwähnten Südtiroler Siedlung als langdienende Migrantensiedlung werden weitere migrantische Aspekte wie Ressentiments, Vorurteile, kulturelle und soziale Auseinandersetzungen, aber ebenso Integration und Anpassung in den Blick genommen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die lokale Erinnerungskultur an Südtirol und die Option: ihre Entwicklung und verschiedenen Phasen, ihre Akteur_innen und Netzwerke sowie ihre Medien, die Denkmäler und Institutionalisierung (Verbände) stehen im Zentrum der Untersuchung. Um die Geschichte der Option in Jenbach zu rekonstruieren, werden eine Vielzahl an Quellen erschlossen. Sie reichen von Oral History über Fundstücke im Jenbacher Museum, Zeitungsarchiven und Gemeinderatsprotokollen bis hin zu den Personalakten, den Akten der „Neuen Heimat Tirol“ oder der Bezirkshauptmannschaft Schwaz im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Mit den Forschungsergebnissen wird nicht nur anvisiert, die Forschungslücke „Option Jenbach“ zu schließen, sondern es soll anhand dieses Fallbeispiels die ambivalente Migrationsgeschichte Option in zahlreichen, bisher nicht weiter berücksichtigten Facetten detailliert erarbeitet werden. Damit kann die „Option Jenbach“ als beispielgebend für Untersuchungen anderer (städtischer) Aufnahmeorte von größeren Optantengruppen werden. Die Projektergebnisse sind auch für die Weiternutzung in Dokumentationszentren und Ausstellungen angedacht. |
Einem weiteren Forschungsdesiderat der Optionsgeschichte widmen sich die Historiker_innen im Teilprojekt „Option digital“. Im Rahmen des Projektes werden die im Tiroler Landesarchiv zu findenden DUS-Kartei sowie ausgewählte Personalakten digitalisiert und teilweise als Volltext eingelesen. Die Massendigitalisierung soll einen nächsten Schritt in der Optionsgeschichtsschreibung darstellen, da dadurch mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnologien neue Zugänge und Nutzerschichten eröffnet werden, neue Verbindungen zu anderen Beständen hergestellt und ein Einblick in den manuell kaum zu überblickenden Bestand gegeben werden kann. Diese Bestände werden im Zuge des Teilprojekts folgenderweise erschlossen:
Die digitalisierten Materialien erleichtern Sammlungen und Forschungen in folgenden Bereichen: Durch die digital vorhandene Namenskartei wird sowohl Familiengeschichte leichter recherchierbar als auch die Geschichte der Option einzelner Dörfer und Gemeinden nachvollziehbar. Außerdem wird, so ist zumindest zu erwarten, einer der zentralen Bausteine der komplexen Archivsituation dieser besonderen Migrationsgeschichte dadurch öffentlich zugänglich, was die Zusammenführung weiterer Bestände ermöglicht. Als spezielles Beispiel, um die sich aus dem Material ergebenden unterschiedlichen Aspekte zu beleuchten, wurde das Kanaltal ausgewählt. Für die Projektträger ist besonders bedeutsam, dass alle digitalen Datenbestände verschiedenen Institutionen unter Berücksichtigung der datenschutzrelevanten Bestimmungen frei zur Verfügung gestellt werden, d. h. sowohl den Projektbeteiligten in Südtirol als auch jenen im Bundesland Tirol zur weiteren Nutzung übergeben werden („FAIR use principle“). Die wissenschaftliche Begleitung der Digitalisierung durch die Projektmitarbeiter_innen in Form von laufenden Qualitätskontrollen und historischer Kontextrecherche mündet in der Erstellung genannter digitaler Zugänge und der Veröffentlichung umfassender Forschungsberichte. |
Projekt-Webseite
Projektleitung und Kontakt
assoz. Prof. Mag. Dr. Eva Pfanzelter (MA) Univ.-Prof. Mag. Dr. Dirk Rupnow Kooperationspartner
Ein Projekt des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck Fördergeber
gefördert Land Tirol im Rahmen des Förderschwerpunktes „Erinnerungskultur“ |
Projekt-Webseite
Projektleitung und Kontakt
assoz. Prof. Mag. Dr. Eva Pfanzelter (MA) Andrea Di Michele Kooperationspartner
Ein Projekt des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck in Kooperation mit der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen in Brixen. Fördergeber
gefördert von der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol |
Bild: © Anne Sausgruber, Foto: Aufmarsch von faschistischen und nationalsozialistischen Jugendgruppen am Brenner (Archiv Wilhelm/Hofinger)