Europa Risse

Rechte Parteien werden in vielen EU-Mit­glieds­staaten zunehmend beliebter und laut Umfragen auch bei den kommenden EU-Wahlen an Stimmen gewinnen: Wird eine größere Anzahl von Abgeordneten, die nationalistisch und tendenziell auch noch EU-Gegner sind, Gesetze mit vereinheitlichenden Maßnahmen erschweren und zu immer mehr Uneinigkeit im EU-Parlament sowie zwischen den Mitgliedstaaten führen?

ANTWORT
von Univ.-Prof. Dipl.-Pol. Dr. Andreas Peter Maurer, MA
Fakultät für Soziale und Politische Wissenschaften

Rechte und Europafeinde legen zu während die christ- und sozial­demokratische Mitte verliert. Die Entscheidungs­findung im Parlament wird auf jeden Fall schwerfälliger. Knappe, schwache Mehrheiten werden wahrscheinlicher.

Rechtsextreme und europaskeptische Parteien werden bei den Europawahlen hinzugewinnen. Als große Verlierer gelten bereits jetzt die Christ­demokraten (EVP) und die Sozial­demokraten (S&D). Im Ergebnis werden somit - erstmals seit der Einführung der Direktwahlen zum Europäischen Parlament - die beiden größten Fraktionen der EVP und der S&D auf mindestens eine dritte Fraktion angewiesen sein, um eine Koalition der Mehrheit der Abgeordneten zu bilden. Diese Ausgangs­konstellation macht es für das Parlament schwerer als bisher, Gestaltungs­mehrheiten im Konflikt mit dem Ministerrat zu bilden, um z.B. in Feldern wie der Umwelt- oder Verbraucher­schutz­politik Maßnahmen durchzusetzen, die am Prinzip der nachhaltigen Wirtschaft orientiert sind.

Der nationalistische, europafeindliche und den Klimawandel bestreitende Block des Parlaments wird über ausreichend Stimmen verfügen, um die Kompromiss­suche zu erschweren und fortschrittliche Integrations­politik zu verzögern. Nicht unwahrscheinlich sind daher auch parlamentarische Selbstblockaden, die den ohnehin vorhandenen Streit zwischen den um ihre nationalen Einzel­interessen bemühten Staaten eher verstärken.

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