ANTWORT
von Univ.-Prof. Dipl.-Pol. Dr. Andreas Peter Maurer, MA
Fakultät für Soziale und Politische Wissenschaften
Mehrheitsentscheidungen verhelfen der EU zu effizienteren Entscheidungsläufen. In jedem Einzelfall sollte aber bedacht werden, dass der Gewinn an Handlungsfähigkeit auf Kosten der Sonderinteressen einzelner Glieder des Gemeinwesens geht.
Der Lissabonner Vertrag ermächtigt den Ministerrat der EU in 297 Fällen zu bestimmten Abstimmungsmodalitäten. Während in 181 Fällen die Abstimmung mit Mehrheit möglich ist, zwingen die Verträge die Staaten in 92 Bereichen nach wie vor dazu, jede Entscheidung einstimmig zu verabschieden. Diese Konstellation führt z.B. in der Außen- und Sicherheitspolitik zu erheblichen Verzögerungen und Blockaden in der Entscheidungsfindung. Andererseits: Die notwendige Einstimmigkeit bei umweltpolitischen Maßnahmen, die die Wasserbewirtschaftung oder die Bodennutzung betreffen, besteht heute vor allem aufgrund des Vetos Österreichs. Auch andere „Einstimmigkeitszwänge“ sind häufig auf je einen Mitgliedstaat zurückzuführen, der befürchtet, dass er im Falle von Mehrheitsentscheidungen unterliegen wird und dabei essentielle, nationale Interessen in Frage gestellt werden.
Mehrheitsentscheidungen verhelfen der EU zu effizienteren Entscheidungsläufen. In jedem Einzelfall sollte aber bedacht werden, dass der Gewinn an Handlungsfähigkeit auf Kosten der Sonderinteressen einzelner Glieder des Gemeinwesens geht.