30. Stau

Wie soll das Transit Problem in Österreich gelöst werden?

ANTWORT
von Dipl.-Ing. Dr. Stephan Tischler
Fakultät für Technische Wissenschaften

Verkehr fließt auf Routen nach dem Prinzip des geringsten Widerstandes - ähnlich wie Wasser oder Luft. Will man den Durchfluss von Wasser verhindern, engt man entweder den Querschnitt des Rohres oder des Baches ein oder errichtet eine Sperre, sodass sich das Wasser eine neue Route sucht. Komplizierter ist es jedoch beim Verkehr, da unser gesamtes alltägliches Leben so wie wir es heute kennen und nutzen auf einem möglichst ungehinderten Fluss von Waren und Personen aufbaut. Eine Lösung des Transitproblems durch das einfache Sperren von beispielsweise Autobahnen ist daher weder politisch, rechtlich wie wirtschaftlich umsetzbar.

Österreich und dabei insbesondere das Bundesland Tirol sind seit Jahrhunderten von Transitverkehr betroffen. Einerseits liegen wirtschaftlich bedeutsame Gebiete südlich und nördlich der Alpen, andererseits ermöglicht das Gebirge nur an wenigen Stellen eine baulich günstige Überquerung mit Straßen- und Schienenverbindungen. Konnte Tirol über Jahrhunderte wirtschaftlich durchaus vom durchquerenden Waren- und Personenverkehr profitieren, führte die Motorisierung und dabei vor allem der Einsatz von Verbrennungsmotoren nicht nur zu einem schlagartigen Anstieg der Transportmengen, sondern auch der Umweltbelastungen.

Problematisch am Transitverkehr sind vor allem dessen negative Umweltwirkungen wie Lärm- und Luftschadstoffemissionen sowie die Inanspruchnahme von Flächen für Autobahnen, Parkplätze oder Bahnstrecken. Auch die erforderliche Energie zur Überwindung der Distanzen und Höhenunterschiede sowie die Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit und nicht zuletzt die erforderlichen finanziellen Aufwände zur Instandhaltung der baulichen Infrastruktur sind negative Begleiterscheinungen. Um diese Probleme zu reduzieren stehen mehrere Maßnahmen zur Verfügung, die jedoch – ähnlich einem Medikament – nicht ohne Nebenwirkungen sind und einmal schnell, aber nur kurz wirken, das andere Mal länger eingenommen werden müssen dafür aber besser wirken.

Die Wirksamkeit jeder Maßnahme hängt dabei vor allem von den Kosten ab die von Unternehmen zu zahlen sind die ihre Waren von A nach B transportieren. Die Fahrtdauer ist dabei im Vergleich zum Personenverkehr weniger wichtig, der kürzeste Weg nicht immer die Route erster Wahl.

Man stelle sich einen Gang durch den Wald abseits eines erkennbaren Pfades vor: ständig weicht man Hindernissen aus, umgeht steilere Stellen, versucht günstige Tritte und Routen zu finden um Kraft zu sparen. Ähnlich ist es in der Transportwirtschaft. Sind die Widerstände und damit die Kosten auf einer Route höher, werden alternative Routen gesucht. Sind auch die alternativen Routen teuer, bleibt als Option der Wechsel des Verkehrsmittels. Und ist auch dann der Transport noch sehr kostenintensiv, kommt es zum Verzicht auf die Fahrt durch Umstellen der Produktion.

Derzeit ist die Verbindung über den Brennerpass auf der Straße die mit Abstand günstigste Route um die Alpen zu überqueren. Das liegt vor allem an den Autobahnabschnitten in Deutschland und Italien und den dort vergleichsweise niedrigen Mautgebühren. Der in Bau befindliche Brenner-Basistunnel kann nur dann zu einer Verlagerung führen, wenn die Schiene auf der gesamten Route günstiger als die Straße ist.

Um Transitverkehr zu vermeiden bzw. verträglicher abzuwickeln ist somit eine stärkere Betrachtung der Kosten erforderlich. Die Kosten von Belastungen müssen dabei durch die Verursacher getragen werden. Dazu braucht es jedoch eine entsprechende Umsetzung auf gesamteuropäischer Ebene um die Transitproblematik dauerhaft zu verbessern.

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