ANTWORT
von Univ.-Prof. Dr. Roman Anton Siebenrock
Katholisch-Theologische Fakultät

Neben vagen Vorstellungen im Mittelalter entstand die erste konkretere Idee zu einer Einheit Europas im Abwehrkampf gegen die Expansion des Osmanischen Reichs von dem Franzosen Maximilien de Béthune Herzog von Sully (1560-1641). In seinen 1662 veröffentlichen Memoiren entwarf er eine erste konkretere Vorstellung.

Etwas später hat William Penn (1644-1718) für eine Einigung der europäischen Staaten plädiert („Toward the Present and Future Peace of Europe“, 1691–1693). Darin wurden Russland und die Türkei nicht – wie vorher – ausgeschlossen.

Die nächsten Anstöße stammen aus der Zeit der Französischen Revolution. Der Philosoph Immanuel Kant („Zum ewigen Frieden“ 1795) nennt den Zusammenschluss republikanischer Staaten als eine Bedingung für einen möglichen Weltfrieden. In dieser Zeit wird der Europa-Gedanke von verschiedener Seite unterschiedlich aufgegriffen. Vor allem von poetischer Seite^[1] wird Europa zum Traum und/oder zur Hoffnung angesichts der napoleonischen Militärdiktatur, die spätestens ab 1796 ganz Europa bis 1815 mit Kriegen überzieht.

Zu nennen wären: Novalis in romantisch-katholischer Wende (Die Christenheit oder Europa 1799), und etwas später von jüdisch-sozialistischer und liberaler Seite dichtete Heinrich Heine (in: Deutschland – ein Wintermärchen 1844): Ein neues Lied, ein besseres Lied,/ O Freunde, will ich Euch dichten!/ Wir wollen hier auf Erden / schon Das Himmelreich errichten. … Die Jungfer Europa ist verlobt / Mit dem schönen Geniusse / Der Freiheit, sie liegen einander im Arm, / Und schwelgen im Hochgenusse“.

Schließlich forderte der französische Schriftsteller Victor Hugo (Vorsitzender des zweiten internationalen Friedenskongresses 1849) die „Vereinigten Staaten von Europa“ als Friedens- und Fortschrittsgarantie.

[1] Siehe: Lützeler, Paul Michael, Hoffnung Europa. Deutsche Essays von Novalis bis Enzensberger. S. Fischer, Frankfurt am Main 1994.