Ausgrabungsprojekt Karmir Blur
Kooperationsprojekt der LFU Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit dem Erebuni Historical & Archaeological Museum-Reserve
Karmir Blur (40.153888°N 44.453366°E) liegt im Stadtteil Charbakh in der südöstlichen Peripherie von Yerevan, Armenien. Der moderne, armenische Name „Karmir Blur“ bedeutet „Roter Hügel“ und leitet sich von der charakteristischen Rotfärbung der einstigen Lehmziegelmauern ab, die durch eine gewaltsame Feuerbrunst herbeigeführt wurde.
Die Baustrukturen bilden einen Teil der beeindruckenden Zitadelle, die von Rusa, Sohn des Argishti, dem letzten namhaften König von Urartu, in der ersten Hälfte des 7. Jahrhundert v. Chr. auf einem natürlichen Felssporn zu Ehren des urartäischen Wettergottes Teisheba errichtet wurde. Die antike Ruine erhebt sich über die bis zu 50 m tiefe Hrazdan Schlucht, die von Norden her eine unüberwindbare Barriere nach Osten bildet. Im Gegensatz dazu erstreckt sich im Süden und Osten auf einer ausgedehnten Flussterrasse das Siedlungsgebiet von Karmir Blur, welches der Zitadelle eine zusätzliche strategische Bedeutung verlieh.
Abbildung: Karmir Blur (P. Kositz)
Die archäologische Erforschung von Karmir Blur begann im Jahre 1927 als weitläufig das Territorium untersucht wurde. Im Jahr 1929 wurde das gesamte Gelände zur geschlossenen „Archäologische Zone“ erklärt. Im Jahre 1936 hatten Schulkinder im Gelände ein Steinfragment mit Keilschrift gefunden, welches dem Geologen A.P. Demoykhin übergeben wurde. Drei Jahre später, im Jahr 1939, wurden erste systematische archäologische Untersuchungen im Gelände von Karmir Blur von drei, unabhängig voneinander agierenden, Institutionen, der Soviet Academy of Sciences unter der Leitung von S.V. Ter-Avetisyan, dem Komitee des Preservation of Armenian Historical Monuments unter der Leitung von K. G. Kafadaryan und dem State Hermitage Museum unter der Leitung von Boris B. Piotrovsky durchgeführt. Die Ausgrabungen währten, mit beinahe ohne Unterbrechung bis ins Jahr 1971.
In den Jahren zwischen 2013 und 2016 wurden in einem Projekt im Rahmen einer Rettungsgrabung innerhalb eines Teils der „Karmir Blur Nekopolis“ archäologische Untersuchungen von Hakob Simonyan und Simon Hmayakyan durchgeführt.
Im Jahr 2019 wurden von der Universität Innsbruck unter der Leitung von assoz.Prof. Dr. Sandra Heinsch und Dr. Walter Kuntner in Zusammenarbeit mit Direktor Dr. Miqael Badalyan und Dr. Vahe Sargsyan vom Erebuni Historical & Archaeological Museum-Reserve die Grabungsarbeiten in Karmir Blur wieder aufgenommen.
Abbildung: Geomagnetische Untersuchungen in Karmir Blur 2019 (VAI)
Erste Siedlungsspuren im Gelände von Karmir Blur datieren in die erste Hälfte des dritten vorchristlichen Jahrtausends und gehören der frühbronzezeitlichen Kura-Araxes Kultur an. In den Höhlen am Fuße der Hradzan-Schlucht sind hierzu Reste altsteinsteinzeitlicher Menschen zu Tage getreten.
Erste Siedlungsspuren am Felssporn und darüber hinaus sind bereits im 13. und 12. Jahrhundert v. Chr. belegt. Diese früheisenzeitlicher Siedlungsstrukturen sind weitläufig und werden auf ein Ausmaß von etwa 3 Hektar geschätzt.
Im 9. Jahrhundert v. Chr. erscheinen in der weitläufigen Ararat-Ebene, den schriftlichen Quellen zufolge, auch erstmals „Urartäer“. Es ist bekannt, dass unter Menua eine große Befestigungsanlage errichtet wurde, die seinen Namen trug. Ihre Lokalisierung wird nahe der heutigen Stadt Asagi Karakoyunlu vermutet, in Frage kommt aber auch die Gegend um Artashat.
Mit der urartäischen Präsenz in der Ararat Ebene werden in der Folge Festungen gegründet, es werden aber auch früheisenzeitliche Festungen zerstört (wie etwa Dvin oder Elar), wiederum andere eingenommen und fortan ausgebaut (wie etwa Aramus).
Mit Rusa, Sohn des Argishti, auch als Rusa II bezeichnet, kam es im 7. Jahrhundert v. Chr. ist Wiederaufflammen oder Transformation des Urartäischen Königtums feststellbar. Neue Städte, darunter Karmir Blur, Bastam, Avilcevaz Kef Kalesi, Ayanis sowie Topprakalle werden gegründet und neue Tempel errichtet.
Karmir Blur gilt als die erste der gegründeten Städte unter Rusa II. Wie den schriftlichen Quellen zu entnehmen ist, wurde das letzte große Bauprojekt Rusa II. in Ayanis die 670er Jahre gegründet. Demnach ist eine Gründung Karmir Blurs, dteišebaini/dIM-ni URU) in den 680er Jahren vor Chr. anzunehmen.
Abbildung: Untersuchungen in Karmir Blur 2022 (VAI)
Das Ausgrabungsprojekt widmet sich der archäologischen Untersuchungen in Karmir Blur mit dem Schwertpunkt auf die stratigraphische Untersuchungen zur Urartäischen Präsenz in Karmir Blur mit der Freilegung des Stadtareals, der Vor- und Nachbesiedlung Karmir Blurs, einer detailreichen Erstellung einer chronologischen Abfolge dazu sowie der Rekonstruktion der Entwicklung der örtlichen Keramiktechnologie im Vergleich mit benachbarten Regionen (Erebuni, Ozsaberd, Aramus). Schließlich nimmt die Frage der Zerstörung Karmir Blurs für die weitere Geschichte und ihrer Rekonstruktion eine wichtige Rolle ein.
Abbildung: Untersuchungen zur Stratigraphie 2022 (VAI)
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