Regime der Fürsorge. Geschichte der Heimerziehung in Tirol und Vorarlberg (1945-1990)
Im Juli 2012 veröffentlichte die Forschungsgruppe um Univ.-Prof. Dr. Michaela Ralser (Universität Innsbruck, Institut für Erziehungswissenschaft) den Forschungsbericht „Geschichte der Tiroler und Vorarlberger Erziehungsheime und Fürsorgeerziehungsregime der 2. Republik“, der von den Ländern Tirol und Vorarlberg in Auftrag gegeben worden war. Diese Vorstudie zeigte den Aufarbeitungsbedarf und markierte fünf Teilprojekte als besonders dringlich. Zu Beginn des Jahres 2013 beschlossen beide Länder vorerst die Finanzierung folgender Studien: Eine Gesamtstudie zur „Geschichte des Fürsorgeerziehungssystems in Tirol und Vorarlberg“ sowie die Detailstudie „Das Landeserziehungsheim für Mädchen St. Martin in Schwaz“. Beide Studien wurden von der Universität Innsbruck (Institut für Erziehungswissenschaft) als unabhängige Forschungseinrichtung durchgeführt und waren auf 24 respektive 18 Monate angesetzt.
Mit dem Begriff der „Fürsorgeerziehung“ bezeichnen die Forscherinnen und Forscher nicht nur die konkrete Maßnahme der Einweisung eines Kindes oder Jugendlichen in ein Fürsorgeerziehungsheim, sondern die Gesamtheit der erzieherischen (Zwangs-)Eingriffe von öffentlicher Seite in Familien, z.B. staatlich angeordnete regelmäßige Überprüfungen lediger Mütter oder Pflichtuntersuchungen in der Psychiatrie. Folgende Institutionen bilden die Säulen dieses Kontroll- und Machtsystems: die Jugendfürsorge, das Fürsorgeerziehungsheim und die Kinderpsychiatrie.
Neben dem Begriff des „Systems“ wird auch der des „Regimes“ verwendet. Dieser beschreibt das strategische Zusammenwirken von Regeln, Apparaten, Praktiken und Diskursen und kennzeichnet das Geflecht der Machtstrukturen zwischen den oben genannten Institutionen.