Peter Goller und Gerhard Oberkofler
Emmerich Übleis. Student der Universität Innsbruck - Kommunist - Antifaschist -Spanienkämpfer (1933ff.)

Zum Sommer-Semester 1933 kam der 21 Jahre alte Emmerich Übleis (Jg. 1912), Chemiehörer der Universität Wien, zur Fort-setzung des Studiums nach Innsbruck. Emmerich Übleis wuchs als Sohn eines Eisenbahnerpaars, der Vater Fahrdienstleiter eines Kleinbahnhofes in Leobersdorf an der niederösterreichischen Südbahn, auf. Er war mit dem Elend, aber auch den Kämpfen der österreichischen Arbeiterbewegung vertraut. Das Lohnelend bekam er, arm wie eine „Kirchenmaus“ - wie es im späteren Innsbrucker Gerichtsakt heißen sollte - als Werkstudent zu spüren. Die rechtsautoritären Angriffe auf die sozialen Rechte der Eisenbahner hatte Übleis im Frühjahr 1933 miterlebt.

Übleis hatte als eines von vier Kindern eines schlecht bezahlten Eisenbahners keine Unterstützung zu erwarten, weshalb sein Vater später im April 1936 in einem beim Bundespräsidenten eingereichten Gesuch schreiben sollte: „Mein, für meine Familie von 6 Köpfen nicht hinreichendes Gehalt brachte es mit sich, daß mein Sohn um das Fortsetzen seiner Studien zu ermöglichen, sich selbst mit schwerster Arbeit das Geld verdienen mußte.“ Der Eisenbahner Übleis konnte seinen Sohn nur geringfügig unter-stützen, besuchte doch ein jüngerer Sohn noch das Gymnasium, während eine Tochter an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien im Lehramtstudium aus Deutsch, eine weitere Tochter am Pädagogium in Wiener Neustadt inskribiert war. Drei enge Räume hatte die Familie Übleis in ihrem kleinen Arbeiterhäuschen zur Verfügung. Im Winter konnte nur ein Raum beheizt werden. Von einer bürgerlichen Studierstube mit Bibliothek also keine Spur!

Das arbeitersolidarische Netz hatte überhaupt erst Übleis’ 1930 aufgenommenes Studium ermöglicht. So konnte der der „Vereinigung sozialistischer Hochschüler“ und dem Republikanischen Schutzbund angehörende Emmerich Übleis im sozialdemokratischen Studentenheim Wien-Säulengasse wohnen. Ende 1932 wurde er als „Linksabweichler“ aus dem Heim geworfen. (Vgl. Marie Tidl: Die Roten Studenten. Dokumente und Erinnerungen 1938-1945 [Materialen zur Arbeiterbewegung 3], Wien 1976, 186-191)

In den Fraktionskämpfen unter sozialistischen Studenten gehörte Übleis zur „kompromisslosen linken Opposition“. Übleis wurde von rechten Sozialdemokraten eine den Übertritt zur KPÖ vorbereitende „Linksorientierung“ vorgeworfen: Übleis habe für den Verbandstag des „VSStÖ“ 1933 mit Genossen geplant, möglichst viele Kandidaten der linken Opposition in den Vorstand zu bringen, die dann bald zur KPÖ übertreten wollten, was von der „Roten Fahne“ unter dem Motto: „Große Flucht der revolutionären Elemente der Sozialdemokratie vor den sozialfaschistischen Bonzen!“ begrüßt hätte werden können.

Vom rechten Flügel der sozialistischen Studenten wurde der Gruppe um Übleis vorgeworfen, „die Einheit der Arbeiterklasse und der sozialistischen Studentenbewegung“ spalten zu wollen. Übleis wurde als „Vollstrecker“ der Wünsche einer kommunistischen Zelle in den sozialdemokratischen Studentenheimen Wiens angesehen.

Max Adler, Dozent an der Universität Wien, Rechtsanwalt und Theoretiker des linken Flügels des Austromarxismus, sagte Übleis im Februar 1933 vergeblich Hilfe im Streit mit der Parteileitung zu. Die Gruppe um Übleis rügte die Politik des Vorstandes der Wiener SP-Studenten als „korrumpierten Reformismus“.

Enttäuscht von der Kapitulationspolitik der Sozialdemokratie gegenüber dem Dollfuß-Faschismus kam Emmerich Übleis noch vor dem Wiener „Februar 1934“ nach Innsbruck. Gegenüber dem Innsbrucker Untersuchungsrichter erklärte Übleis später am
14. Juni 1935: „Ich blieb aber innerlich (trotz des Ausschlusses aus der SDAP Anfang 1933 – Anm.) weiter Sozialist und habe mit Interesse den Kampf des Proletariats verfolgt. Betätigt habe ich mich nicht mehr, ich habe auch keine Verbindung aufrecht erhalten. Erst zu Beginn des heurigen Jahres (1935) wurde ich auf der Straße in Innsbruck mit einem mir nicht bekannten Herrn bekannt, der über meine Persönlichkeit sehr gut informiert war. Durch ihn wurde ich dann mit mehreren Kommunisten bekannt. Es begann eine Werbung um meine Person für die Kommunistische Partei, die sich dahin auswirkte, daß ich mich mit den Leuten über Sozialismus und Kommunismus unterhielt, ohne daß ich Mitglied der KP geworden wäre.“ Natürlich gab Übleis, der in Verdacht stand, als „Landesleiternachfolger“ der Tiroler KPÖ nach einer möglichen Verhaftung von Obmann Simon Kompein vorgesehen gewesen zu sein, gegenüber der Untersuchungsbehörde nicht mehr zu, als ihm bewiesen werden konnte. So bestritt er etwa das Faktum, wegen seiner Herkunft aus dem niederösterreichischen Leobersdorf geeigneter Verbindungsmann zu Wiener Kommunisten gewesen zu sein und die „Rote Volkszeitung“ zwischen Wien und Innsbruck transportiert zu haben.

Wenn Übleis 1933 vom Roten Wien mit der bürgerlich-konservativ gebliebenen Universität nach Innsbruck kam, so hatte er sich nicht verbessert, kam er doch in eine Stadt rivalisierender klerikal- und nazifaschistischer Studentengarden, in die reaktionär-rückschrittliche Welt der Innsbrucker Universität, der teils Dollfuß/Schuschnigg anhimmelnden, teils früh nazijubelnden Professoren. Gab es im Umfeld der Wiener Chemie einige sozialistische und kommunistische Kommilitonen als politische Partner, so war Übleis auf Innsbrucks akademischem Boden isoliert.

Gegenüber seinem ehemaligen Gymnasialdirektor, dem nun in Schwaz in Tirol lebenden „roten Hofrat“ Ludwig Erik Tesar (1879-1968), der die Wiener Neustädter „Reform“-Bundeserziehungsanstalt geleitet hatte, teilte Übleis mit, dass er zwar vom Kolleggeld befreit war, dass ihn aber die verbliebenen 75 Schilling Studiengebühren für das Sommersemester 1934 sehr drücken. Tesar unterstützte den zeitweilig im Studentenheim „Schloss Mentlberg“ wohnenden Übleis, der in Innsbruck die Arbeit an der Dissertation aufnahm.

Im Sommersemester 1935 wurde Übleis verhaftet, nachdem seine illegale Tätigkeit im Zuge der im April 1935 erfolgten Zer-schlagung der Kader der Tiroler KPÖ aufgeflogen war. KPÖ-Aktivisten wie Obmann Simon Kompein, ein Tischlereigehilfe, der Bundesbahnelektriker Jaroslav Gaugutz, der Bundesbahnschaffner Josef Wuggenig, die Wien-Kurierin und Kassierin der Roten Hilfe Maria Humer, Mutter zweier Kinder, die beiden Verteiler der „Roten Volkszeitung“, der Zimmermann Hermann Schiestl oder die Arbeitslose Antonie Rudorfer - insgesamt 37 Arbeiter und Arbeiterinnen - wurden bei der Staatsanwaltschaft angezeigt, teilweise festgenommen und zu schweren Arreststrafen verurteilt. (Vgl. Gerhard Oberkofler: Die Tiroler Arbeiterbewegung. Von den Anfängen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, Wien 1986, 255-259, sowie Widerstand und Verfolgung in Tirol 1934-1945, 2 Bände, hrg. vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Wien 1984, Band I: Abschnitt „Sozialisten und Kommunisten“, bearbeitet von Gerhard Oberkofler)

Übleis hatte im Frühjahr 1935 in Kärnten beim Brückenbau gearbeitet und dann seine Eltern in Niederösterreich besucht. Am
10. Mai 1935 wurde aber auch Übleis wegen seiner Zugehörigkeit zur kommunistischen Arbeitergruppe im Innsbrucker Ge-fangenenhaus inhaftiert. Für die Professorenwelt war es unvorstellbar, dass ein Student der Universität Innsbruck eine Einsicht vertrat wie die folgende von Übleis am 14. Juni 1935 im Verhör geäußerte: „Ich habe als Werkstudent Gelegenheit gehabt mich über die trostlosen Zustände des Proletariats in den europäischen Staaten selbst überzeugen zu können.“

Am 2. Juli 1935 gab die Bundespolizei Innsbruck dem Rektorat der Universität Innsbruck bekannt, dass Emmerich Übleis am 26. Mai 1935 zu acht Monaten Arrest verurteilt worden war: „Emmerich Übleis, Hochschüler, Sohn des Emmerich und der Philippine geb. Bucher, am 9.1.1912 in Gösseling Gemeinde St. Martin Bez. Klagenfurt geboren, nach Weißbriach Bez. Hermagor zuständig, ev., ledig, hat sich geständigermaßen bis zu seiner am 10.5.1935 erfolgten Verhaftung für die kommunistische Partei Österreichs betätigt und nahm an der Herstellung der illegalen ‚Roten Volkszeitung‘ hervorragenden Anteil. Genannter war engster Mit-arbeiter des ebenfalls sich in Haft befindlichen Landesleiters der kommunistischen Partei von Tirol und Vorarlberg Simon Kompein. Emmerich Übleis wurde mit h.a. Erkenntnis vom 26.5.1935, Zl. 3458 auf Grund des § 3 des Gesetzes vom 31.1.1935, BGBl. 33 in Tateinheit mit der Verordnung vom 26.5.1933, BGBl. 200, zu einer Arreststrafe in der Dauer von 8 Monaten verurteilt, gegen welches Erkenntnis der Genannte Berufung einlegte.“ (Universitätsarchiv Innsbruck, Akten des Rektorats Nr. 1859 aus 1934/35)

Nachdem die Berufungsverhandlung das Erkenntnis erster Instanz bestätigt hatte, traten im September 1935 die austro-faschistischen Unterrichts-Ämter in Aktion. Der beim Unterrichtsministerium angesiedelte Kommissär für die Auf-rechterhaltung der Disziplin unter den Studierenden Otto Baron von Skrbensky - eben jener Skrbensky, der auch nach 1945 wieder als Sektions-chef das österreichische Universitätswesen bestimmte - erließ einen auf dauernden Hochschulausschluss lautenden Bescheid gegen Übleis: „Durch Ihr vom Bundespolizeikommissariate Innsbruck mit einer Arreststrafe in der Dauer von acht Monaten geahndetes Verhalten haben Sie Ziele einer mit Betätigungsverbot belegten Partei in einer die öffentliche Ordnung erheblich gefährdenden Weise gefördert.“

Polizeihaft und anstehendes Gerichtsverfahren nahm Übleis hin. Ein schwerer Schlag war der Studienausschluss „auf immer“, wie er Tesar am 31. Oktober 1935 berichtet. Übleis plante nunmehr an einer der beiden Hochschulen in Zürich weiter zu studieren: „Von der Hochschule bin ich nun endgültig und auf immer ausgeschlossen. (...) Das war ja zu erwarten, daß ich aus-geschlossen werde. Dennoch habe ich davon meinen Eltern noch keine Mitteilung gemacht, weil es für meine Mutter nur un-nütze Aufregung wäre. Sie werden es nach meiner Freilassung früh genug erfahren. Ich will nach Zürich gehen.“

Übleis wurde zwar im Herbst 1935 nach Verbüßung von drei Viertel der politischen Verwaltungsstrafe aus dem Polizeiarrest entlassen, blieb aber weiterhin im Gefängnis, da er sofort in gerichtliche Untersuchungshaft genommen wurde.

In der am 7. November 1935 zugestellten Anklageschrift hieß es entsprechend: Übleis „habe im März 1935 für die im gleichen Monate erscheinende ‚Rote Volkszeitung No-2, Organ der komm. Partei Österreichs’, einen Artikel mit der Überschrift ‚Antisowjetpropaganda‘ verfaßt und zur Drucklegung übermittelt, in welchem Artikel dem ganzen Inhalte und der Tendenz nach, insbesonders durch die im 5. und letzten Absatz enthaltenen Äußerungen: ‚In Österreich regiert eine Räuberbande, von deren Händen das Blut unserer Brüder trieft, der Werktätige hat kein anderes Recht mehr, als vor Hunger zu krepieren, oder in den faschistischen Kerkern zu verwesen. ... Sie (die österr. Regierung) hat sich an Mussolini verkauft ...’ versucht wird, zum Hasse und zur Verachtung gegen die Staatsverwaltung aufzurufen.“

In Haft stand Übleis weiterhin in Kontakt mit Simon Kompein, wie ein von der Polizei abgefangener Kassiber zeigt, in dem Kompein und Übleis ihre Aussagen vor Gericht abstimmten. Die Polizei übermittelte der Staatsanwaltschaft zwei Tage vor Übleis‘ Verhandlung am 3. Dezember 1935 folgenden Bericht: Der Kassiber Kompeins „enthält eine Anleitung für Übleis, wie er sich bei der Verhandlung zu verhalten habe. Die Chiffrierung zeitigte nachstehenden Inhalt: ‚Habe Dich ersucht, zwei Manuskripte stilistisch und ortografisch zu korrigieren. Du wußtest nicht, daß sie für die Zeitung sind. Auch sage, sie sind für mein Privat-archiv. Sie sind Dir von ‚Grün‘ zugestellt und von diesem abgeholt worden. In Innsbruck gibt es neue Zeitungen und zwar von KP und RS und SZ.’“

Emmerich Übleis wurde am 5. Dezember 1935 zu fünfzehn Monaten schweren Kerker, „verschärft durch ein hartes Lager in jedem Vierteljahr“ verurteilt. Das Gericht hielt umfangreiche Redaktionsarbeiten von Übleis an der im April 1935 beschlag-nahmten Nummer der „Roten Volkszeitung“ unter Einbeziehung von Vorlagen der „Roten Fahne“ für erwiesen an. Im Zuge der so genannten „Juli-Amnestie“ wurde Übleis „bedingt begnadigt“ und am 24. Juli1936 aus der Strafanstalt Garsten entlassen. (Tiroler Landesarchiv, Landesgericht Innsbruck 5 Vr 927/35)

Aus der Haft entlassen suchte Übleis im Sommer 1936 von Leobersdorf aus bei Disziplinaranwalt Otto Baron Skrbensky um Aufhebung des „auf immer“ lautenden Studienausschlusses an: „Dieser Ausschluß trifft mich besonders schwer, da ich schon an meiner Dissertation aus Chemie gearbeitet habe und ich nun überhaupt keine Möglichkeit habe den Doktorgrad zu erlangen.“ Natürlich versprach Übleis fortan politisch brav zu sein: „Mein künftiges politisches Verhalten wird weder den akademischen noch den politischen Behörden Ursache zur Klage geben.“ Ein Versprechen, dem die Übleis überwachenden nieder-österreichischen Polizeibehörden zu Recht nicht glaubten, setzte Übleis doch die politische Arbeit für die illegale KPÖ fort. Im September 1936 hielt Skrbensky am Ausschluss Übleis’ vom österreichischen Hochschulstudium zumindest für das Winter-semester 1936/37 fest: „Im Hinblick auf die Schwere der Verfehlung (15 Monate schwerer Kerker laut Urteil v. 15.XII.1935) halte ich die Zulassung des Übleis zur Fortsetzung seiner Studien dermalen noch als verfrüht.“ (Österreichisches Staatsarchiv Wien (=ÖStA), Allgemeines Verwaltungsarchiv (=AVA), Unterricht GZl. 30782 aus 1936)

Bereits unmittelbar nach der Rückkehr nach Leobersdorf wurde Übleis von den Sicherheitsbehörden observiert. Am 15. August 1936 berichtete er Tesar, es sei ihm klar, „dass sie mir (...) keine Ruhe lassen werden. Mein Vater, der gegenwärtig in Wöllersdorf Dienst macht, sieht wie sie immer wieder nach der Amnestie Kommunisten ins Anhaltelager bringen (...) So ist es für mich zur Notwendigkeit geworden ins Ausland zu gehen; mein Studium will ich auf jeden Fall beenden. Ich bemühe mich, nach der UdSSR zu kommen. Sollte es mir nicht gelingen, werde ich in der CSR studieren, außer es wird mir in England möglich.“

Vor seiner Emigration in die CSR im Herbst 1936 reiste Emmerich Übleis mit klassenbewusstem Blick über ein Monat Ende August durch Jugoslawien, wo er seine in einem Ferienlager arbeitende Schwester nahe Predovar („10 km nördlich von Krainburg“) besuchte, ehe er im Karst die dalmatinische Küste hinunterwanderte „bis Split, dann über Zagreb, Maribor nach Klagenfurt zurück“: „Die meisten Leute sind unten so arm, ich habe noch nie so arme Menschen in solcher Masse gesehen.“ Übleis schilderte Tesar im September 1936 nicht nur Naturschönheiten. Er berichtete seinem Gymnasiallehrer auch über einen jugoslawischen Textilarbeiterstreik: „Als ich zwei Tage in Jugoslawien war, begannen die Textilarbeiter zu streiken, gerade in dem Gebiet, wo ich war. Die Bürger sprechen unter sich (die Eltern der Kinder dieses Kinderheimes [in dem Übleis‘ Schwester arbeitete - Anm.] gehören natürlich alle der besitzenden Klasse an), es seien aus dem Ausland einige Kommunisten gekommen, die das Volk ‚aufhetzen‘. Einige unter ihnen geben aber den Arbeitern Recht. 2 Din. Stundenlohn eines Fabrikarbeiters, od. 60 Din. Wochenverdienst bei Akkordarbeit für eine Frau ist wirklich wenig. Der Streik dehnte sich auf ganz Jugoslawien aus, die Arbeiter hielten Tag u. Nacht die Fabriken besetzt. Meine Schwester war besorgt, ich würde wieder verdächtigt (Ich habe ein besonderes Talent in solche Gebiete zu geraten!).“

Mit in schwerer Gartenarbeit in Klagenfurt erworbenem Geld wollte sich Übleis den Studieneinstieg in Prag sichern.

Nach kurzer Rückkehr in seine Heimatgemeinde Leobersdorf sollte Übleis Mitte Oktober 1936 Österreich für immer verlassen. Auf dem Weg nach Prag traf er sich in Wien noch mit dem Chemie-Dozenten Fritz Feigl (1891-1971), der entgegen seiner Spitzenleistung mit 45 Jahren aus antisemitischen und antisozialistischen Gründen immer noch in einer niederen Stellung als Assistent am Chemischen Institut der Universität Wien gehalten war. Feigls Wiener „Dissertantenkammerl“ galt zwischen 1934 und 1938 als konspirativer Treffpunkt der Roten Studenten. Fritz Feigl schrieb für Übleis an die Prager Chemieordinarien. (Vgl. Gerhard Oberkofler und Peter Goller: Fritz Feigl 1891-1971. Notizen und Dokumente zu einer wissenschaftlichen Biographie, hrg. von der Zentralbibliothek für Physik in Wien, Wien 1993.)

Am 31. Oktober 1936 berichtet Übleis schon in Prag angekommen an Tesar, dass ihm zwei Prager Professoren bei der Inskription behilflich waren, dass einer davon, der Leiter des Hygienischen Instituts, Professor Hans John, „ein Liberaler“, eine Dissertationsmöglichkeit und Stelle als Laborhelfer angeboten hat. In diesem Zusammenhang bat Übleis seine vormaligen Wiener Chemieprofessoren um ein Empfehlungsschreiben an das Prager Professorenkollegium, da die Vermerke im Abgangs-zeugnis der Innsbrucker Universität (ausgestellt am 11. Dezember 1935 Zahl 42, mit Strafvermerk und demonstrativer Durch-streichung des Satzes: „Das Benehmen war den akademischen Gesetzen vollkommen entsprechend.“) hinderlich waren, wobei Übleis die selbst im liberalen Prag massiven antikommunistischen Ressentiments nicht unterschätzte: „Ich stelle meinen Aus-schluß von den Hochschulen als die Folge einer Betätigung an einer roten Zeitung dar, ich habe nur den Beweis zu erbringen, daß ich mir nichts Kriminelles od. sonst Unehrenhaftes zu schulden kommen ließ. Daß es eine linke Sache war, so sagt man mir, macht nichts, aber etwas Kommunistisches wäre schlecht.“

Die Stellung in Prag entwickelte sich nicht so, wie Übleis erhofft hatte, zumal es ihm auch nicht gelang, einen ordentlichen, sondern bloß provisorischen, im Jänner 1937 für ungültig erklärten Hörerstatus zu erlangen. Aus Kollegenkreisen wurde be-richtet, dass Übleis in Prag gegen wenig Geld fast nur an Laborarbeiten für John und fremde Dissertationen beteiligt war, dass er weiters fürchtete, für den Fall genehmigter Immatrikulation die Studiengebühren nicht aufzubringen.

Am 29. April 1937 berichtete Übleis’ Schwester bereits, dass „die tschechischen Behörden ihm in Prag das Studieren verboten haben“, und dass sich ihr Bruder bereits aus Paris gemeldet hat: „Ob es auch politische Gründe waren, weshalb er Prag verließ, schrieb er nicht.“ Im Frühjahr 1937 schrieb Übleis letztmalig aus Paris an Hofrat Tesar in Schwaz: „Ich werde mich jetzt längere Zeit in Paris aufhalten u. Ihnen bald Näheres berichten.“

Unter dem Decknamen „Kurt Seifert“ trat Emmerich Übleis im Sommer 1937 in Spanien in den Kampf gegen den von Hitler und Mussolini unterstützten Franco-Faschismus. Nach der Niederlage des republikanisch-demokratischen Spanien floh Übleis im Frühjahr 1939 nach Südfrankreich, wo er nach Internierung in Argelés sur mer am 14. April 1939 mit einem zweiten Transport in die UdSSR emigrieren konnte, wo er seit 1941/42 nach einem Militäreinsatz als vermisst gilt.

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