Forschungsprogramme ab 1950
Zu Beginn der 1950er Jahre errichteten die Innsbrucker Professoren Wolfgang Gröbner (Mathematik), Gustav Sauser (Anatomie) und Ferdinand Cap (Theoretische Physik) eine
Innsbrucker „Zentralstelle für wissenschaftlich-technische Forschungs- und Entwicklungsarbeiten“ (Akten im Nachlass von Wolfgang Gröbner im Universitätsarchiv).
Gröbner und Cap begründeten die Einrichtung dieser Innsbrucker Forschungsstelle 1952 damit, dass eine nationale Forschungsförderung nur am Rand etabliert ist – der FWF wird erst 1967 eingerichtet – und mit dem Umstand einer akuten materiellen „Notlage“ im Bereich der naturwissenschaftlich-technischen und medizinischen Fächer. Die Institute seien in einem gesellschaftlichen Umfeld, in dem Grundlagenforschung als weitgehend „unproduktives“ Unterfangen eingeschätzt wird, ärmlich dotiert. Zahlreiche Nachwuchswissenschaftler verlassen das Land.
Über rund zehn Jahre liefen alle wichtigen internationalen Wissenschaftskontakte der Universität Innsbruck über die „Forschungsstelle“. 1952 stellte Wolfgang Gröbner den Kontakt zu dem „von der US-Luftwaffe verwalteten Forschungszentrum in Brüssel“ her.
Was im Zeichen der „Anschlussideologie“ der 1920er Jahre die über den Präsidenten der deutschen Notgemeinschaft der Wissenschaften Friedrich Schmidt-Ott (Ehrenmitglied Innsbruck 1930) oder über den katholischen Zentrumspolitiker und Münsterianer Kirchenhistoriker Georg Schreiber (Ehrendoktor Innsbruck 1961) organisierte Unterstützung durch die „Deutsch-Österreichische Wissenschaftshilfe“ war, das war für die Universität Innsbruck nun unter den Bedingungen des „Kalten Krieges“ die amerikanische Forschungsförderung. (Vgl. auch Peter Goller und Gerhard Oberkofler: Krise der Wissenschaftspolitik und Faschismus an Österreichs Universitäten. Zur materiellen Basis der „Anschlussideologie“ am Beispiel der Universität Innsbruck, im speziellen des Innsbrucker Zoologen Otto Steinböck (1893-1969), in: Jahrbuch des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes für 1996, Wien 1996, 101-122 oder Gerhard Oberkofler: Österreichisch-sowjetische Wissenschaftsbeziehungen 1917-1945, Innsbruck 1983.)
Das „European Office Air Research and Development Command, United States Air Force“ in Brüssel und später das „European Research Office“ in Frankfurt schöpften professionell organisiert auch das naturwissenschaftliche Wissen an den mangelhaft ausgestatteten österreichischen Hochschulen ab. Gröbner und Cap hätten – wie sie am 26. Jänner 1953 festhalten – zwar lieber mit zivilen amerikanischen Einrichtungen – wie der Rockefeller Foundation oder dem Fulbright-Programm – kooperiert, zumal einige Kollegen „gewisse Bedenken haben, mit einer ausländischen militärischen Stellen zusammen zu arbeiten“. Schlussendlich wurde aber 1953 beim amerikanischen „US Research Command“ eine Liste mit 84 potentiellen Projekten eingereicht.
Wolfgang Gröbner und Ferdinand Cap orientierten sich später in den 1960er Jahren im Rahmen ihrer „Lie-Reihen-Projekte“ vorrangig auf Kooperationen mit der Weltraumbehörde NASA.
Im Bereich der Chemie wurden für die Universität Innsbruck etwa die Kontakte zum Pharmaunternehmen „Hoffmann-La Roche“ in Basel entscheidend, - hergestellt vom langjährigen Ordinarius für pharmazeutische und organische Chemie Hermann Bretschneider. In den zwischen 1949 und 1975 nach Studienjahren erscheinenden „Nachrichtenblättern der Universität Innsbruck“ sind u.v.a.m. sämtliche internationalen Kontakte (Tagungsteilnahmen, Publikationen) nach einheitlichen Kriterien dokumentiert. Für eine künftige systematische Auswertung der internationalen Kontakte der Universität in Nachkriegsjahren wäre dies eine sehr hilfreiche Quelle!
