Peter Goller

Ernst Bloch und die „Zerstörung der Vernunft“? Ernst Bloch und Georg Lukács über die deutsche Ideologie seit 1848

 

Ernst Bloch und Georg Lukács im Streit über den (Un-) Wert der „Irratio“

Nach dem Erscheinen von Ernst Blochs „Erbschaft dieser Zeit“ stellte sich Georg Lukács Mitte der 1930er Jahre in einer (erst 1984 veröffentlichten) Rezension gegen dessen von einer „linken Ethik“, aber „rechten Erkenntnistheorie“ aus angetriebenen Versuch, im Zeichen der antifaschistischen Volksfrontpolitik „den ‚Goldgehalt‘ der zerfallenden bürgerlichen Kultur zu retten“. Bloch nahm seinem Jugendfreund Lukács widersprechend an, dass der Sozialismus von bürgerlicher Ideologie auch Jenseits der „Heilslinie“ von „Hegel-Feuerbach-Marx“ lernen kann. Bloch sieht Utopie und Archaik als Nachbarn – so etwa in der Romantik. Er will das Utopische aus dem Archaischen freisetzen.

Für Georg Lukács blieb dies ein sinnloses Unterfangen. In gleicher Richtung erklärte 1956/57 Rugard Otto Gropp, Leipziger Professor für dialektischen und historischen Materialismus im Fakultäts-Streit über Bloch: „Mystische Hoffnungsphilosophie ist unvereinbar mit Marxismus.“ Bloch hingegen beharrte im „Prinzip Hoffnung“: „Utopische Funktion entreißt diesen Teil der Vergangenheit, der Reaktion, auch dem Mythos.“[1]

Offenkundig lag für Lukács Ernst Blochs mangelhaftes Verständnis für Karl Marx‘ Kritik der politischen Ökonomie zu Tage. So gerate Bloch in die Nähe der „Ideologie des romantischen Antikapitalismus“, eines „reichlich mystischen Pazifismus“. Blochs nach „Geist der Utopie“ (1918) zweites Buch über „Thomas Münzer als Theologe der Revolution“ (1921) enthält zwar „bereits ein Bekenntnis zur ‚Liebknechtfigur‘ Münzers“. Aber auch „dieses Buch arbeitet mit einem idealistisch-mystischen Begriff der Revolution. Bloch glaubt, dass man die ökonomische Lehre des Marxismus durch Herausarbeitung der ‚ewigen‘ Momente der menschlichen Auflehnung gegen Ausbeutung und Unterdrückung ‚vertiefen‘ muss. Sein Thomas Münzer ist deshalb keine historische Gestalt wie ihn Engels geschildert hat. Er soll im Gegenteil gerade durch seine ‚Theologie‘ als Vorbild für die Gegenwartskämpfe gezeigt werden: der aktuelle Befreiungskampf des Proletariats müsste nach Bloch diese Münzersche Höhe und Tiefe des ‚utopischen Denkens‘ erreichen, um eine wirklich siegreiche Macht zu erlangen.“[2]

Ernst Bloch seinerseits warf dem „Vulgärmarxismus“ – damit indirekt der ganzen materialistischen Geschichtsauffassung – vor, zu sehr die Sprache der klassischen bürgerlichen Ökonomie von Adam Smith und David Ricardo übernommen und dabei den Blick für das utopische Potential in „echter Irratio“ verloren zu haben. In diese von der politischen Linken ignorierten Leerstellen ungleichzeitiger Widersprüche rückt nach Bloch widerstandslos die nazistische Sozialdemagogie ein, indem sie verelendete Bauern, demoralisierte und deklassierte subproletarische und kleinbürgerliche Schichten an ihre Seite zieht.

Die sozialistische Theorie hat es nach Karl Marx‘ Tod 1883 verabsäumt, die utopisch eschatologische, chiliastische Tradition auszuschöpfen. Vor allem Karl Kautsky hat in Blochs Sicht hierzu mit seinem „hochmütigen“ Lächeln über die „Pröbchen apokalyptischer Mystik“ im Umfeld frühneuzeitlicher sozialrebellischer Bewegungen beigetragen. Bloch sieht die bäuerliche, kleinbürgerliche „Ungleichzeitigkeit“ von Seite der Linken als zu sehr rückschrittlich denunziert. Bloch will „dem Sozialismus, der von der Kritik der Tradition lebt, die Tradition des Kritisierten erhalten“ – so Jürgen Habermas 1960. So soll das Erbe der jüdischen Mystik, Kabbala, die mittelalterliche Mystik von Meister Eckhart, die philosophische Spekulation von Jakob Böhme erhalten bleiben, ein Erbe, das nichts mit dem billig abgestandenen Okkultismus und der dummen Esoterik all‘ der Hanussen oder der Keyserling gemein hat, wie Bloch unablässig betont.[3] Ernst Bloch 1937 wörtlich über die deutsche Mystik des Mittelalters: „So paradox es daher klingen mag: Ein großer Teil des revolutionären Stolzes kam erst durch die deutsche Mystik in die Welt, und christlich-humane Utopie spielte ihr vor.“

Der deutsche Faschismus, der auch für Bloch – hier Georgi Dimitroff folgend – die „trübe Antwort“ des „Großkapital auf eine Krise [ist], die ins Mark geht“, greift im Auftrag des Kapital, in „höchster Bedrohung, zu einem neuen Betrug, zu einem mythologischen, und setzt Prämien auf alle ‚ungleichzeitigen‘ Bestände, welche diesen Betrug ehrlich nähren“. Die NS-Agitation kann die Nebel alter Chiliastik für sich nützen, weil die sozialistische Arbeiterbewegung dieses Erbe kampflos preisgegeben hat: „Aber viel wichtiger ist die Frage, ob diese Benutzung, dieser Missbrauch nicht gerade deshalb so leicht gelang, weil die echten Revolutionäre hier nicht Wache gestanden haben. Ökonomische Unklarheit, kleinbürgerlicher Muff und mystizistischer Nebel gehen gewiss trefflich zusammen; eines steht dem anderen bei. Aber deshalb brauchen ökonomische Klarheit und Kritik des metaphysischen Scheins noch nicht den gesamten Umfang und Inhalt der irrational bezeichneten Gehalte a priori zu desavouieren. Das hatte zu Voltaires Zeiten einen revolutionären Sinn, heute aber dient es, wie der deutsche Effekt erwiesen hat, fast ausschließlich der Gegenrevolution.“ Die Linke isoliert sich von allen gesellschaftlichen Zwischenschichten.[4]

„Irratio“ ist für Bloch nicht bloß dunkler Nachttraum und ideologischer Betrug. Er zitiert 1935 in „Erbschaft dieser Zeit“ Karl Marx‘ „Brumaire“-Sicht auf die verhungernden „stolzen“ Parzellenbauern, auf eine proletarische Revolution, die isoliert vom verelendeten Bauernland zugrunde geht. Nun im Kampf gegen den Faschismus erreicht die proletarisch marxistische Avantgarde weder die Kleinbauern noch die verelendeten Kleinbürgerschichten in ausreichendem Maß: „Als der wissenschaftliche Sozialismus Frankreich und England einbezog, also die französische Aufklärung, die englische Ökonomie, der Vulgärmarxismus aber das Erbe der deutschen Bauernkriege wie der deutschen Philosophie vergessen hatte: strömten die Nazis in die leergewordenen, ursprünglich münzerischen Gebiete; mühevoll erobern Bauernpropaganda, vertiefte Theorie die Fülle zurück. Jeden Nebel, jede ‚Irratio‘ bloß falschen Bewusstseins, jede Mythologie vertreibend; doch der Bauer lebt, selbst der pauperisierte Kleinbürger von heute ist sehr ernst zu nehmen, (…). Marx schreibt einmal im 18. Brumaire: ‚Durch die unzufriedenen, auf ihrer Parzelle verhungernden Bauern erhält die proletarische Revolution den Chor, ohne den ihr Sologesang in allen Bauernationen zum Sterbelied wird.‘ Dieser Satz ist auch unter Kleinbürgernationen, gar unter ‚irrational‘ gewohnten, ‚irrational‘ ausgehungerten, von entscheidender Wichtigkeit.“ (E 154f.)[5]

Da der sozialistischen Agitation „jedes Gegenland zum Mythos, jede Verwandlung mythischer Anfänge in wirkliche, dionysischer Träume in revolutionäre“ fehlt, werden „große Massen Deutschlands, vor allem die Jugend“ einer faschistischen „Schwindelwelt“, die alle Klassenwidersprüche, etwa jene von Großgrundbesitzer und Zwergbauer einebnet, die die Welt des Finanzkapitals im Nebel der „Volksgemeinschaft“ verschwinden lässt, überlassen: „Die Vulgärmarxisten halten in Primitive und Utopie keine Wacht, die Nationalsozialisten haben ihre Verführung daran, sie wird nicht die letzte sein. Man hat die Hölle wie den Himmel, die Berserker wie die Theologie kampflos der Reaktion überlassen.“ Der Faschismus hat „das immer noch wirksame Hoffnungsbild, Chiliasmusbild früherer Revolutionen für sich mobilisiert“. (E 66f., 140)

Ernst Bloch will 1937 die Idee des „Dritten Reichs“ aus den Fängen der Naziideologen befreien und damit die sozialrevolutionär messianistische Eschatologie des Mittelalters, das joachimitische und taboritische Täufertum für das sozialistische Erbe zurückgewinnen. Selbst die Idee des „Dritten Reichs“ ist von den Faschisten manipuliert, so im Vorfeld von Arthur Moeller van den Bruck, der als ein Vorreiter der „konservativen Revolution“ die Reichsidee unter kapitalistischen Bedingungen für Rassenlehre und Ausbeutung unter dem Schein der „Volksgemeinschaft“ instrumentalisiert hat: „Im Original [hingegen] hatte das Dritte Reich den sozialrevolutionären Idealtraum der christlichen Ketzerei bezeichnet: den Traum von einem Dritten Evangelium und der Welt, die ihm entspricht. Die frühmittelalterlich einsetzenden Klassenkämpfe fanden im Hass gegen die Verweltlichung der Kirche ihren ersten Ausdruck. Je mehr sich die Lage der Bauern und kleinen Stadtbürger verschlechterte, je sichtbarer andererseits das Kaufmannskapital und Territorialfürstentum reüssierten und das rein feudale, auf vergangene Wirtschaftsweisen aufgebaute Reich zerfiel: desto kräftiger musste die Prophetie eines neuen, eines ‚evangelischen‘ Zeitalters einschlagen; bei Münzer als bäurisch-proletarisch-kleinbürgerlicher Kampfruf gegen die verschärfte Ausbeutung, bei Luther freilich als Fürsten-Ideologie gegen Zentralgewalt und Kirche.“ (E 127f.)

Ernst Bloch erinnert im „Prinzip Hoffnung“ an den um 1200 wirkenden kalabrischen Abt Joachim di Fiore und seine noch bei Gotthold Ephraim Lessing lebendige Lehre vom „dritten Evangelium“: Joachim „ging es nicht darum, Kirche, gar Staat von ihren Greueln zu reinigen, sie wurden statt dessen abgeschafft. Und das erloschene Evangelium wurde wieder angezündet, vielmehr lux nova in ihm: das von den Joachiten so genannte Dritte Reich. Es gibt, lehrt Joachim, drei Stufen der Geschichte, und jede ist näher zum betreibbaren Durchbruch des Reichs. Die erste Stufe ist die des Vaters, des Alten Testaments, der Furcht und des gewussten Gesetzes. Die zweite Stufe ist die des Sohnes oder des Neuen Testaments, der Liebe und der Kirche, die in Kleriker und Laien geschieden ist. Die dritte Stufe, die bevorsteht, ist die des Heiligen Geistes oder der Erleuchtung aller, in mystischer Demokratie, ohne Herren und Kirche.“ Auf das Zeitalter der Knechtschaft und Furcht, auf das Zeitalter der Forschung, Weisheit und Klerikermacht folgt das dritte der Freiheit des Geistes, der Morgenröte, der Liebe, Erleuchtung und der kommunistischen Brudergemeinschaft. (PH 590f.)

Blochs Haltung gilt Georg Lukács im Zeichen der Volksfrontpolitik ab 1935 trotz aller Differenzen als unentbehrlich, gerade mit Blick auf die „Verbündeten der proletarischen Revolution“, auf die Gewinnung der städtischen Kleinbürger und der Bauern. Bloch verwischt aber nach Lukács die Grenze zum antidemokratischen Irrationalismus. Dies führt Bloch dazu, manchmal sogar in schlichtem Okkultismus und dubioser Esoterik brauchbares sozial explosives, utopisches Potential und Erbe zu suchen.

In Summe geht Blochs Annäherung an den Marxismus nach Lukács aber insgesamt doch viel weiter als jene vieler linksbürgerlicher Intellektueller. Georg Lukács gesteht Ernst Bloch in Moskauer Jahren um 1935 zu, im Ansatz doch auch eine Linie der langen bürgerlichen „Zerstörung der Vernunft“, zurückgehend auf Schelling, Kierkegaard, Schopenhauer oder Nietzsche anerkannt zu haben. Während etwa Herbert Marcuse in der „Zeitschrift für Sozialforschung“ (III/2 1934, 161-195) unter dem Titel „Der Kampf gegen den Liberalismus in der totalitären Staatsauffassung“ zwischen der „echten Lebensphilosophie“ von Nietzsche und Dilthey einerseits und der „falschen Lebensphilosophie“ der Faschisten andererseits unterscheidet, während ein Marcuse die faschistische Ideologie von der „normalen“ Entwicklung des bourgeoisen Denkens abkoppelt, sieht Bloch „das Reaktionäre und Konterrevolutionäre auch in der vorfaschistischen Phase des Imperialismus“.

Nichtsdestotrotz protestierte Ernst Bloch dagegen, alles, was der Irratio, der (bürgerlich) irrationalistischen Linie von Schopenhauer, Nietzsche hin zur „Lebensphilosophie“ zugerechnet wird, den Nazis zuzuschreiben. Trotz der reaktionär vorfaschistischen Affinitäten gilt nach Bloch, dass es taktisch verfehlt ist, wenn Antifaschisten „Hitler einen Teil der deutschen Kultur zutreiben“: „Aber einmal sind Blechmusik und Übermensch nicht der ganze Wagner und Nietzsche (bis zum Überdruss muss darauf hingewiesen werden, dass Nietzsche ein Feind des Bismarckreiches, ein Verächter des Antisemitismus war, und dass Dionysos keineswegs die Züge Himmlers trägt).“[6]

Georg Lukács, der Verehrer des klassischen bürgerlichen Humanismus, des bürgerlichen Realismus von Honoré de Balzac bis Thomas Mann, lässt demzufolge im antifaschistischen Kampf viel ungenutzt liegen, so wenn Lukács 1934 in seinem Essay „Größe und Verfall des Expressionismus“ diesen als kleinbürgerlich scheinoppositionelle Fluchtideologie, als subjektive Revolte von „kleinbürgerlicher Ratlosigkeit und Verlorenheit im Getriebe des Kapitalismus“ mit „ohnmächtigem Aufbegehren des Kleinbürgers gegen sein Zermürbt- und Zertretenwerden durch den Kapitalismus“, als „Abstraktpazifismus“ abqualifiziert und die gesamte expressionistische Richtung undifferenziert in ein vorfaschistisches Licht rückt, was in Wirklichkeit nur auf einzelne Vertreter wie Gottfried Benn zutrifft, Bloch wörtlich: „Nur zum Teil ist daher richtig, wenn Lukács schreibt: ‚Der Faschismus als Sammelideologie der Bourgeoisie der Nachkriegszeit beerbt alle Tendenzen der imperialistischen Epoche, soweit in ihnen dekadent-parasitische Züge zum Ausdruck kommen; jedoch alles Scheinrevolutionäre und Scheinoppositionelle gehört auch dazu.“ (E 158)

In Lukács‘ „Grabrede auf den Expressionismus fehlt nach Bloch jedes Verständnis für avantgardistische Maler wie Marc Chagall, Paul Klee, Wassily Kandinsky oder Oskar Kokoschka, „von musikalischen Parallelen, vom damaligen Schönberg ganz zu schweigen“. Begrenzt ist nach Bloch auch der von Lukács berücksichtigte literarische Horizont: „Gänzlich fehlen Trakl, Heym, Else Lasker-Schüler; der frühe Werfel wird nur hinsichtlich des pazifistischen Tenors weniger Verszeilen zur Kenntnis genommen, ebenso Ehrenstein, und Hasenclever. Während von den frühen, oft bedeutenden Gedichten Johannes R. Bechers nur versichert wird, dass es dem Autor gelungen sei, die expressionistische Methode ‚allmählich wegzuwerfen‘, werden Auchdichter wie Ludwig Rubiner durchaus zitiert, jedoch wiederum nur zu dem Zweck, um an ihnen zu erhärten, was – abstrakter Pazifismus sei.“

Nach Bloch wird das utopisch „explosive“ Potential des Expressionismus, die literarische Moderne von Franz Kafka oder James Joyce, teilweise sogar das experimentelle, epische Theater Bertolt Brechts von Lukács grobschlächtig der „bürgerlichen Dekadenz“ zugerechnet und überlassen.[7]

Durchaus gleich Lukács eignet sich Bloch wiederum Marx‘ Ideologiebegriff von den herrschenden Ideen einer Zeit als den Ideen der herrschenden Klasse an: „Da also Ideologien von Haus aus immer solche der herrschenden Klassen sind, so rechtfertigen sie den bestehenden gesellschaftlichen Zustand, indem sie dessen ökonomische Wurzel verleugnen, die Ausbeutung verschleiern. Das ist das Bild in allen Klassengesellschaften, am deutlichsten in der des Bürgertums.“ Bloch wendet sich – auch hier im selben Sinn wie Lukács – gegen die bürgerlich akademischen Versuche der „Marx-Halbierer“, wie jenen der Marburger Neukantianer, aus Marx einen ethischen Sozialisten im Sinn von Kants Kritik der praktischen Vernunft zu machen, gegen einen Marx, der „revolutionsfrei gemacht“ wird, etwa als eine Art „herabgekommener Verwandter von Kierkegaard oder auch Pascal“, gegen Karl Löwiths Bemühen, den historischen Materialismus als „Heilsgeschichte in der Sprache der Nationalökonomie“ und als eine säkularisierte Pseudomorphose des jüdisch-christlichen Messianismus“ zu interpretieren. (PH 1605-1612)

Bloch, der in einer großen Analyse der „elf Thesen über Feuerbach“ Karl Marx‘ würdigende Auseinandersetzung mit Ludwig Feuerbachs anthropologischem, gesellschafts- und damit praxisfremden Materialismus und Marx‘ Festhalten am Arbeitsbegriff von Hegels „Phänomenologie des Geistes“ beschreibt, (PH 288-327)[8] stellt aber die Frage, ob Ideologie mehr als „falsches Bewusstsein“, mehr als „Apologetik einer bloßen, historisch abgetanen Klassengesellschaft“ sein kann, im Unterschied zu Lukács als wichtig heraus: „Nach der kritischen Seite sagt Marx in der ‚Heiligen Familie‘ schlagend: ‚Die ‚Idee‘ blamierte sich immer, soweit sie vom ‚Interesse‘ verschieden war.‘“[9]

In ideologischen „Überbau“-Gebilden sieht Bloch jenseits nackter Klassenapologie immer wieder „kulturellen Überschuss“, Verweis auf „Künftiges“ verborgen. Marx verweist 1857 in der „Einleitung zur Kritik der politischen Ökonomie“ auf „das unegale Verhältnis der Entwicklung der materiellen Produktion, z.B. zur künstlerischen“, auf Homer, auf die griechische Klassik, deren Werke bis in die kapitalistische Gegenwart „als Norm und unerreichbare Muster gelten“, obwohl deren antike gesellschaftliche Grundlage längst untergegangen ist:[10] „Die Akropolis gehört zwar zur Sklavenhaltergesellschaft, das Straßburger Münster zur Feudalgesellschaft, dennoch sind sie mit dieser ihrer Basis bekanntlich nicht vergangen und führen, anders als die Basis, anders als die damaligen, wenn auch noch so progressiv gewesenen Produktionsverhältnisse nichts Beklagenswertes mit sich.“ (PH 176)

Bloch beruft sich bezüglich des utopisch „Vorwegnehmenden“ im „falschen Bewusstsein“ auch auf eine Äußerung von Karl Marx gegenüber Arnold Ruge im September 1843: „‚Unser Wahlspruch muss also sein: Reform des Bewusstseins nicht durch Dogmen, sondern durch Analysierung des mystischen, sich selbst noch unklaren Bewusstseins [, trete es nun religiös oder politisch auf]. Es wird sich dann zeigen, dass die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewusstsein besitzen muss, um sie wirklich zu besitzen. Es wird sich zeigen, dass es sich nicht um einen großen Gedankenstrich zwischen Vergangenheit und Zukunft handelt, sondern um die Vollziehung der Gedanken der Vergangenheit.‘ Auch die Klassenideologien, worin die Großwerke der Vergangenheit stehen, führen genau auf jenen Überschuss über das standortgebundene falsche Bewusstsein, der fortwirkende Kultur heißt, also Substrat des antretbaren Kulturerbes ist.“ (PH 177f., MEW 1, 346)

Ohne „utopische Funktion in den ideologischen Gebilden“, ohne – wenn auch verzerrten – „Traum vom besseren Leben“, ohne Vernunftideale wären ideologische Konstrukte funktionsuntüchtig, auch wenn diese sich – so Friedrich Engels 1880 (MEW 19, 190) – als trügerische „Bourgeoisideale“ entpuppen, auch wenn also offenkundig ist, dass „das Reich der Vernunft“ im Rahmen der bürgerlichen Aufklärung „nichts war als das idealisierte Reich der Bourgeoisie, dass die ewige Gerechtigkeit ihre Verwirklichung fand in der Bourgeoisjustiz, dass die Gleichheit hinauslief auf die bürgerliche Gleichheit vor dem Gesetz“ und dass sich hinter der Menschenrechtserklärung der Französischen Revolution eigentlich nur das bürgerliche Recht auf Eigentum verbarg: „Item: ohne utopische Funktion hätten es die Klassenideologien nur zur vergänglichen Täuschung gebracht, nicht zu den Mustern in Kunst, Wissenschaft und Philosophie. Und es ist eben dieser Überschuss, der das Substrat des Kulturerbes bildet und hält, als jener Morgen, der nicht nur in den Frühzeiten, sondern höher auch im vollen Tag einer Gesellschaft enthalten ist, ja streckenweise sogar im Zwielicht ihres Untergangs.“ (PH 178)

Nicht zufällig verstand „das transzendentale Ego Kants und Fichtes“, also die idealistische Philosophie Deutschlands, mit ihrem Menschenrechtspostulat, ihren Citoyen-Projektionen über die miserable Klassenherrschaft, „über eine schlechte Vorhandenheit moralisch hinaus zu postulieren, wenn auch, der deutschen Misere entsprechend, nur auf inhaltlos-abstrakte Weise. Kant (…) baute wenigstens postulativ eine schönere Welt auf, nach Goethes Wort, eine der Willens-Spontaneität, die in der mechanistischen Vorhandenheits-Erfahrung nicht satt wurde, nicht unterging.“ Die das bürgerliche Profitinteresse verschleiernden bürgerlichen Menschenrechte und Citoyen-Ideale der Französischen Revolution von 1789 deuten nach Bloch ungewollt auch schon das frühsozialistisch egalitäre Gracchen-Ideal an: Die aufsteigende, schon schwankende bürgerliche „Klasse benötigte also auch inwendig eine weitausgreifende Leidenschaft im damaligen Gewirre der Gefühle, um, wie Marx sagt, ‚den bürgerlich beschränkten Inhalt der Kämpfe sich selbst zu verbergen‘. Hier war Selbsttäuschung durchaus, der privatwirtschaftliche Mensch der Menschenrechte, die Abstraktheit des Citoyen als moralischer Person wurden nicht durchschaut, konnten damals noch nicht durchschaut werden. (…) Was der Citoyen versprach, dieses Versprechen lässt sich gewiss erst sozialistisch halten.“ (PH 173)

Bloch akzeptiert die „Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“ – so der Titel von Friedrich Engels‘ 1880/82 erschienener Einführungsschrift. Bloch sieht aber, dass Marx und Engels die religiösen, utopischen Vorläufer des Sozialismus, die „Vorgänger des modernen Proletariats“ verehrten, so die Wiedertäufer, Thomas Münzer, „in der großen englischen Revolution die Levellers, in der großen französischen Revolution Babeuf“, weiter neben diesen frühen „revolutionären Schilderhebungen“ die ersten „theoretischen Kundgebungen“, also im „16. und 17. Jahrhundert utopische Schilderungen idealer Gesellschaftszustände“ – verfasst von Thomas Morus und Thomas Campanella, dann „im 18. Jahrhundert schon direkt kommunistische Theorien (Morelly und Mably)“ und schließlich „die drei großen Utopisten“: St. Simon, Fourier, Owen.[11] Bloch war bekannt, dass Marx und Engels bei allem starken Widerspruch auch den auf dem „Arbeitspapiergeld pro Arbeitsstunde“ beruhenden „Tauschbankensozialismus“ von Pierre-Joseph Proudhon oder den religiösen Gerechtigkeitssozialismus von Wilhelm Weitling als maßgeblich anerkannten.

Erst im Sozialismus nach Marx, im zumeist reformistisch erstarrten, Hegels Dialektik ausblendenden „Vulgärmarxismus“ der II. Internationale, sieht Bloch die utopische Tradition marginalisiert, die unverzichtbare Einheit von Utopie und Wissenschaft aufgelöst, was zum Verlust revolutionärer Kraft geführt hat. Bloch erinnert im „Prinzip Hoffnung“ an den vergessenen Kampfruf von Georg Büchner: „Krieg den Palästen, Friede den Hütten!“ Blochs Einwendungen gegen einen naiven, flach evolutionistischen Geschichtsoptimismus in den sozialdemokratischen Parteien der II. Internationale erinnert an Walter Benjamins späte Thesen „über den Begriff der Geschichte“ mit dem Hinweis auf den Bruch des reformistischen Sozialismus mit dem rächenden revolutionären Erbe von Spartakus oder zeitnäher mit jenem von Auguste Blanqui: „Das Subjekt historischer Erkenntnis ist die kämpfende, unterdrückte Klasse selbst. Bei Marx tritt sie als die letzte geknechtete, als die rächende Klasse auf, die das Werk der Befreiung im Namen von Generationen Geschlagener zu Ende führt. Dieses Bewusstsein, das für kurze Zeit im ‚Spartacus’ [1916-1918] noch einmal zur Geltung gekommen ist, war der Sozialdemokratie von jeher anstößig. Im Lauf von drei Jahrzehnten gelang es ihr, den Namen eines Blanqui fast auszulöschen, dessen Erzklang das vorige Jahrhundert erschüttert hat. Sie gefiel sich darin, der Arbeiterklasse die Rolle einer Erlöserin künftiger Generationen zuzuspielen. Sie durchschnitt ihr damit die Sehne der besten Kraft. Die Klasse verlernte in dieser Schule gleich sehr den Hass wie den Opferwillen. Denn beide nähren sich an dem Bild der geknechteten Vorfahren, nicht am Ideal der befreiten Enkel.“[12]

Nicht zufällig überschreibt Ernst Bloch im „Prinzip Hoffnung“ den vierten Teil mit „Grundrisse einer besseren Welt“, um dann unter dem Titel „Freiheit und Ordnung“ einen „Abriss der Sozialutopien“ seit der Antike, seit Solon, Platon zu bieten, so die neuzeitlichen Staatserzählungen von Thomas Morus als „Utopie der sozialen Freiheit“ und als „Gegenstück“ den Ordnungssozialismus von Thomas Campanella, das „aufgeklärte Naturrecht an Stelle von Sozialutopien“,[13] „Fichtes geschlossenen Handelsstaat oder Produktion und Tausch nach Vernunftrecht“ als eine verdeckte Kritik an Adam Smiths marktliberaler Ideologie und Vorahnung auf den kommenden Arbeitersozialismus, über St. Simon, Fourier, Owen, Stirner, Bakunin hin zu Weitling und seinem „proletarischen Luftschloss aus dem Vormärz“. Wilhelm Weitlings „Evangelium des armen Sünders“ hat in den letzten Jahren vor der Revolution von 1848 mitgeholfen, dass der „Bund der Gerechten“ die Schranke zwischen sozialer Utopie und Arbeiterbewegung niedergerissen hat: Der „Handwerksbursche Weitling sprach aus proletarischem Elend und aus dem dämmernden Bewusstsein seiner Klasse. Demgemäß fehlt auch der Ton des Mitleids, den vornehmere Utopisten so oft gegen die Ärmsten an den Tag legen; bei Weitling kommen Erbitterung und Hoffnung aus eigenem Leid.“ Weitling die „früheste proletarische Stimme Deutschlands“, gilt Bloch als Erbe der französischen „Egalitaires“, von Babeufs „Republik der Gleichen“. (PH 670f.)

 

Ernst Bloch über die philosophische „(Un-) Heilslinie“ von Schelling, Kierkegaard, Schopenhauer, Nietzsche bis hin zu Heidegger

So sehr auch für Ernst Bloch der antidemokratische, imperialistische, vernunftfeindliche Grundzug der bürgerlichen Philosophie seit den Tagen von Schellings „Spätphilosophie“, seit Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche außer Zweifel stand, so oft wich er von Georg Lukács‘ Vorgeschichte der faschistischen Philosophie (in Deutschland) ab.

Nach Lukács markiert Bloch zwar Philosophen wie Schelling oder Nietzsche als Ideologen des Irrationalismus. Bloch erkennt aber nur unzulänglich die entsprechenden „erkenntnistheoretischen Grundlagen“, nämlich „Agnostizismus und Mystik“.

In den zwischen 1950 und 1956 abgehaltenen Leipziger Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie sieht Bloch aber gleich Lukács den Zusammenhang zwischen der „thermidorianisch“ niedergehenden „bürgerlichen Klassenbewegung, dem nach der gescheiteren bürgerlichen Revolution von 1848 endgültigen Zerfall des Citoyen-Bewusstseins von 1789 und der sich im Zeichen des politischen Aufstiegs der proletarischen Klassenbewegung seit der Pariser Juniinsurrektion von 1848 verschärfenden Abrechnung mit dem Deutschen Idealismus, mit Hegels zukunftsweisender Geschichtsauffassung im speziellen: „Dass Pessimismus außerdem und in der Hauptsache sogar gesellschaftlich gebraucht wurde und zum Defaitismus und zur Irrationalisierung des Geschehens, zur Absetzung der Vernunft, das ist selbstverständlich. Dieses werden wir durchaus gebührend betonen, schon um Licht zu machen für die andere Linie, die nun nicht gegen Hegel angeht wie die von Kierkegaard, Schopenhauer, Nietzsche, sondern die sich von Hegel abzweigt, nach dem Tode des Meisters, die Heilslinie, bezeichnet mit dem Namen Feuerbach, Marx und Engels. An die Unheilslinie schließt die gegenwärtige westliche Philosophie an in den Gestalten von Pragmatismus, von Existentialismus, mit Heidegger an der Spitze, von Biologismus, mit Klages an der Spitze“.

Konfrontiert mit „bürgerlicher Fortschrittsangst“ im Zeichen der sichtbar werdenden kapitalistischen Widersprüche und sich bedroht fühlend von den Ansprüchen des Sozialismus macht sich spätestens nach 1848 „Überdruss an idealistischem Denken, Überdruss an der Überreiztheit des Denkens überhaupt“, am „Abstraktsein, am Panlogischen, an alledem, was Hegel und nachher die Hegelei so reichhaltig geliefert hatte“, breit.

In der Kierkegaard-Schopenhauer-Nietzsche-Linie verfestigen sich nach Bloch Ressentiments „gegen das Denken überhaupt, gegen den Geist überhaupt“. Es folgt ein „Sich-Zurückziehen auf die einsame Seele, auf Gefühle, auf das Willenshafte, Triebhafte, Dunkle, Unaufgelöste, Raunende, statt auf das Helle, Lichthafte, Klare, Apollohafte, Sonnenhafte. Das werden wir sehen bei Kierkegaard und Schopenhauer und bei Nietzsche.“[14]

Friedrich Wilhelm Schellings späte „positive Offenbarungsphilosophie, sein Kampf gegen Hegels Philosophie der Vernunft, steht in Lukács‘ Sichtweise noch im Zusammenhang mit feudal-romantischen Restaurationsbemühungen. Schellings elitär „aristokratische Erkenntnistheorie“, die sich in späten Berliner Jahren ab 1841 endgültig in theologischer Mystik verliert, bereitet dem späteren bürgerlichen Irrationalismus den Weg. Die sich unter dem Eindruck der Julirevolution 1830 entwickelnde Hegelsche Linke als der radikale Flügel der bürgerlichen Demokratie trifft auf die Gegenreaktion des zehn Jahre nach Hegels Tod von der romantisierenden preußischen Reaktion nach Berlin berufenen alten Schelling.

Gegen Hegels Fortschrittsbegriff schmuggelt Schelling – so Lukács unter Berufung auf Friedrich Engels – „Autoritätsglauben, Gefühlsmystik, gnostischer Phantasterei in die freie Wissenschaft des Denkens“ hinein.[15]

Im Sinn der rückwärtsgewandten, vernunftrechtsfeindlichen, auf den „Volksgeist“ abstellenden, jede „historische Peitsche und Knute“ als Rechtsinstitut legitimierenden Savigny-Schule und der reaktionären preußischen Staatsphilosophie von Friedrich Julius Stahl denunziert der späte Schelling die dialektisch idealistische Philosophie als atheistisch, revolutionär und plebejisch. Wie bei Stahl oder Savigny wird von Schelling das Prinzip gesellschaftlicher Ungleichheit von Herrschenden und Beherrschten, die gleichsam natürliche Ungleichheit der Menschen und der Völker gedanklich akzeptiert. (ZV 152)

Auch für Bloch ist die Spätphilosophie von Schelling, seine Absage an den geschichtlichen Fortschritt, an die Utopie, an den angeblich gleichmacherischen revolutionären Terror der „abstrakten Vernunft“, an den Jakobinismus der französischen Revolution im Konnex der preußischen Reaktion der 1840er Jahre zu sehen.

Auch für Bloch ist Schelling ein Hegel bekämpfender Gegner des „rational allgemeinen Denkens“, ein Vordenker eines reaktionären Existentialismus Heideggerscher Art: „Das Sich-in-Existenz-Verstehen, das bei Kierkegaard noch nicht reaktionär ist im üblichen Sinn, wird ausgespielt gegen die Vernunft, das Erklären vom Quid her. Also ein Betonen des Quod, der Dasshaftigkeit, der ‚Je-Meinigkeit‘ des individuellen Daseins, des ‚je Meinen‘, zum Unterschied von der ‚Manhaftigkeit‘ des Allgemeinen, Generellen. Dass dieses Sein hinausgehalten ist ins Nichts und der Affekt, sich seiner zu vergewissern, die Angst ist, das sind späte Dinge, Reflex untergehender Gesellschaft.“ (LV 244)

In Schellings Blick auf die gesellschaftliche Entfremdung, auf die „Nachtseite der Welt“, auf die Irratio, Alogisches, auf „Undeterminierbares, Unvordenklichem“ sieht Bloch aber nicht - so wie Lukács – bloß eine Vorleistung zur „Zerstörung der Vernunft“: „So hat Schelling eine Fülle von Problemen hinterlassen, die sich freilich auf dem von ihm bewohnten Boden nicht lösen lassen, denn dieser Boden ist reiner Idealismus. Von einem völlig unerwarteten Gesichtspunkt, von einem, der uns marxistisch wieder ganz vertraut ist, eben vom Verhältnis von Interesse und Idee, überdies vom Problem der Verwirklichung und der Möglichkeiten her, die zu verwirklichen sind, scheint die Schellingsche Fragestellung durchaus nicht so abwegig, wie es lange schien.“ (LV 254)

Bloch zufolge hat Schelling Hegels Monopol des Verstandesmäßigen nicht nur zu Unrecht kritisiert, zumal bei Hegel in der Tat „die Vielheit, die Melancholie, das Leid, die Störung und die Dummheit und alles Nichtstimmende“ ausgeklammert bleiben. In diesem Zusammenhang wandte sich Bloch auch gegen Tendenzen, die Romantik ausschließlich dem „Archaischen“, dem „Chtonischen“ zuzuordnen, sie auf das Niveau einzelner Vertreter – wie jenes des bigott frommen Josef Görres – herab zu brechen und einzig und allein als Geistesrichtung zu qualifizieren, „die – dem reaktionären Auftrag gemäß – in der mondbeglänzten Zaubernacht vorzugsweise nur Ritterburgen ragen ließ“. Auch wenn die deutsche Romantik kaum einen Lord Byron oder Shelley hervorgebracht hat, gilt, dass es „durchaus, wie allein schon das Wartburgfest 1817 zeigt, auch Revolutionär-Romantisches in der deutschen Romantik“ gibt, wenngleich Bloch einschränkt: „Indes selbst das leidenschaftlichst utopisierte Morgenrot ist hier immer wieder mit den angegebenen Nachtgedanken eines Antiquariums durchsetzt, mit der Projektion überfeierter Vergangenheit auch noch in die Neuheit Zukunft.“ (PH 153f.)

Während Schellings Nachwirkung nach 1848 mit fortschreitender kapitalistischer Entwicklung rasch erlöschen sollte, setzte die internationale Wirksamkeit von Sören Kierkegaards „solipsistischem Aristokratismus“ erst in der Krise nach dem imperialistischen Krieg 1914-1918 ein, wirkend vor allem auf den ethisch ringenden, kontemplativ nachdenklichen Flügel der bürgerlichen Intelligenz, so Georg Lukács: „Kierkegaard teilt mit der Romantik die Lebensgrundlage einer reaktionär-parasitären Intelligenz, deren Verhalten in der sich formierenden kapitalistischen Gesellschaft auf eine subjektivistische ‚Lebenskunst‘ drängt.“ (ZV 228)

Kierkegaards „Kampf gegen den Historismus“ der als atheistisch qualifizierten Hegelschen Dialektik und sein „dehistorisierendes“ und „entgesellschaftendes“ Denken, seine Revolutionsfurcht führte zu einem „radikalen Irrationalismus“: „Kierkegaard sieht ganz richtig, dass in einer Weltgeschichte, die als einheitlicher Prozess mit eigenen Gesetzen begriffen wird, für Gott kein Spielraum mehr vorhanden ist, dass also die Hegelsche Geschichtsphilosophie, trotz aller Erwähnungen von Weltgeist, Gott usw. nur eine höfliche Form des Atheismus sein kann.“

Hegels fortschrittliche Geschichtsphilosophie erscheint Kierkegaard „als eine Beleidigung Gottes“. Für Kierkegaard bleibt die Erkenntnis der Totalität der Geschichte allein Gott vorbehalten: „Der Unterschied zwischen Schopenhauer und Kierkegaard reduziert sich also darauf, dass dieser nicht eine klare Sinnlosigkeit des Geschichtsablaufs verkündet, was ja ebenfalls zu atheistischen Folgerungen führen müsste, sondern Religion und Gott durch einen konsequenten historischen Agnostizismus zu retten versucht. Scheinbar biegt damit Kierkegaard zu den Theodizeen des 17. und 18. Jahrhunderts zurück, (…).“

Lukács beschreibt Kierkegaards stilisiertes „einsames Subjekt“ als eine „Stütze des Bestehenden“, vorwegnehmend etwa einen Albert Camus: „Der historische Agnostizismus Kierkegaards ist also ein Versuch, wie schon früher bei Schleiermacher, der Wissenschaft alle Posten der Welterklärung, die sich nicht mehr verteidigen lassen, preiszugeben, um in der reinen Innerlichkeit ein Terrain zu finden, wo ihm die Religion philosophisch rettbar und wiederherstellbar zu sein scheint.“ (ZV 210-212)

Sinn der Geschichte sei nach Kierkegaard allein das „Heil des Einzelnen“, zielend auf eine individuelle Ethik jenseits von Geschichte und Gesellschaft, jenseits der Sphäre des Politischen: „Das historische Moment bei Kierkegaard ist freilich nur ein die ganze Geschichte zweiteilender irrationalistischer Abgrund: das Erscheinen Christi in der Geschichte. (..) Kierkegaard macht also mit seiner gegen Hegel, gegen jede objektive Erkenntnis gerichteten Theorie Ernst: ‚Die Subjektivität ist die Wahrheit‘.“

Kierkegaards Denken steht für einen nonkonformistisch erscheinenden Widerspruch, für einen Moralismus mit schlussendlicher Akzeptanz der bürgerlichen Verhältnisse: „Die indirekte Apologetik auf dem Gebiet der Moral diffamiert vor allem das gesellschaftliche Handeln überhaupt, speziell jede Tendenz, die Gesellschaft verändern zu wollen. Sie erreicht dieses Ziel durch das Isolieren des Individuums und durch ein Aufstellen so hoher ethischer Ideale, vor deren Erhabenheit das kleinlich Nichtige der gesellschaftlichen Zielsetzungen zu verblassen und sich aufzulösen scheinen soll. (…) Der dekadente Bürger und insbesondere der dekadente Intellektuelle bedarf einer zu nichts verpflichtenden, moralisch aristokratischen Erhöhung, (…).“ (ZV 213, 233, 242)

In der Einschätzung von Kierkegaard folgt Bloch in seinen Leipziger Jahren weitgehend Lukács. Der subjektiv ehrliche Intellektuelle Kierkegaard endet im kleinbürgerlichen, im kleinrentnerischen Verhalten, in ständiger „Gewissensüberprüfung“ aus permanentem „Sündengefühl“ heraus, versinkend in „wühlendem, bohrendem“ Moralismus der „einsamen Seele“, so Bloch vor den Studierenden. Kierkegaards Philosophie begnügt sich mit einem guten Privatgewissen: „Das geht bis in Kierkegaards Moral hinein, in eine Moral, die nun gänzlich wieder, genau wie nach dem Untergang der antiken Polis, nach Aristoteles, das ‚Lampenlicht des Privaten‘ sucht, wie Marx sagt.“

Bloch zeichnet eine Linie von Kierkegaard zu Heidegger: „Betonung des Ich, des Privaten in allem, wobei öffentliches Leid, öffentliche Angelegenheiten uninteressant werden, gesellschaftliche Fragen überhaupt keine Fragen von philosophischem Rang sind. Die sind, wie Heidegger das später nannte, Angelegenheit des Man und nicht des Mein. Das Jemeinige ist ganz anders beschaffen als das, was in Gruppen vor sich geht, und das Substantielle steckt in dem Jemeinigen.“ (LV 361f.)

In der Beurteilung von Arthur Schopenhauers Wirkungsgeschichte weicht Bloch deutlich von Lukács ab. Für letzteren ist Schopenhauer der entscheidende Wegbereiter des bürgerlichen Irrationalismus in der gegenrevolutionären Reaktionsperiode der 1850er Jahre. Schopenhauer sieht das bürgerliche Subjekt von allen gesellschaftlichen Pflichten befreit. Schopenhauer predigt eine überhöhte Privatmoral, hoch erhoben über einem „miserablen Pöbel“, der sich mit mediokren Dingen, wie dem Kampf um soziale Verbesserungen abgibt: „Pessimismus bedeutet aber vor allem: philosophische Begründung der Sinnlosigkeit eines jeden politischen Handelns“. (ZV 165)

Schopenhauers militanter Antihistorismus richtet sich abschätzig gegen Hegels idealistisch dialektisches Konstrukt eines fortschreitenden „Weltgeistes“. Für Schopenhauer gibt es weder eine soziale, politische Geschichte und schon gar keinen Fortschrittsbegriff: „Es gibt keine Geschichte bei Schopenhauer.“ Nach Schopenhauer kann nur die Hegelsche „Afterphilosophie“ die „Weltgeschichte als ein planmäßiges Ganzes“ fassen. Lukács fährt fort: „Die Geschichte kann, sagt Schopenhauer, prinzipiell nie Gegenstand einer Wissenschaft sein, sie ist ‚nicht nur in der Ausführung, sondern in ihrem Wesen lügenhaft‘. (…). Es bleibt also nur das Individuum, isoliert in einer sinnlosen Welt, (…).“ (ZV 196f.)

Schopenhauer ist der gelehrte Vertreter einer indirekten Apologetik, d.h. die „scheußlichen“ Seiten des Kapitalismus, Ausbeutung, Elend, Krieg werden nicht wie in der direkten Apologetik als vorübergehend, temporär, marginal geleugnet, verharmlost und beschönigt, sondern offensiv zu notwendigen schicksalshaft natürlichen, unabänderlichen Bedingungen angehoben, zu fixen Grundbedingungen des menschlichen Daseins, der menschlichen Existenz schlechthin.

Für Bloch geht Schopenhauers Philosophie nicht im Umstand auf, dass dieser 1848 als Revolutionsgegner die preußische Repression unterstützt hat, nach einer Erzählung dem konterrevolutionären Militär seine Wohnung als Schussbastion zur Verfügung gestellt hat, dass er ihnen sein Opernglas geliehen haben soll, „damit sie nur ja in aller Bequemlichkeit die ‚souveräne Kanaille‘ abschießen konnten“: „Außerdem ist eine Philosophie nicht dadurch erledigt, dass sie dem Kartätschenprinzen und den Erschießungen von Rastatt nahesteht. Sie ist nicht nur feuilletonistischer Ausdruck einer damaligen Stimmung der niedergeworfenen Demokraten, (…).“

So will Ernst Bloch etwa hinter Franz Mehrings Erklärung aus dem Jahr 1888 ein Fragezeichen setzen, wenn dieser meint, dass „es bloß die Misere nach 1848 gewesen sei, die diese Philosophie bekannt gemacht, ja beinahe erzeugt habe, unerachtet des Umstands, dass sie doch schon 1818, also dreißig Jahre vor 1848, von einem Mann konzipiert und niedergeschrieben worden ist, der an den Ereignissen von 1848 keinen Anteil nahm, es sei denn auf seiten der herrschenden Klasse“. (LV 368)

Bloch will Mehring – und damit auch Lukács – nicht zustimmen, wenn ersterer Schopenhauers Lehre als bloß „weltflüchtigen Pessimismus“ abtut, als ein Wehklagen, welches in einer postrevolutionär miserablen Lage beweisen will, „dass die Menschen überhaupt nach unabänderlichen Naturgesetzen in der denkbar elendsten der Welten leben müssen; wie tröstlich klang für die Verräter an der Freiheit und am Volke das Evangelium der Trostlosigkeit.“[16]

Nach Bloch steht es Marxisten nicht schlecht an, über die bei Schopenhauer angedeuteten irrationalen dunklen Geschichtskräfte, über Schopenhauers Willensmetaphysik nachzudenken: Gegen Schopenhauers Geschichtsagnostizismus und seine pessimistische Mitleidsmoral „setzen wir [Sozialisten] unseren Optimismus, aber keinen, der schließlich Apologetik des Vorhandenen darstellte, sondern militanten Optimismus, kämpfenden, der das Negative, das Böse, das Dunkle, das Feindselige nicht unterschlägt, sondern es stellt. Das wäre dieses, was an der Schopenhauerschen Philosophie neben anderem – wir werden noch auf weiteres kommen bei Wagner und Nietzsche – nicht nur bedenklich, sondern auch für Marxisten bedenkenswert sein könnte. Jedenfalls wird man einen großen Philosophen mit bloßen Beschimpfungen nicht aus der Welt schaffen.“ (LV 392)

Über Friedrich Nietzsche konnten sich Bloch und Lukács nicht einigen, obwohl er beiden – auch Bloch bis zu einem bestimmten Grad – als der zentrale Philosoph des imperialistisch vorfaschistischen Imperialismus galt. So urteilt Ernst Bloch im „Prinzip Hoffnung“: „Rousseaus ‚Naturmensch‘ war arkadisch und vernunftgemäß, Nietzsches ‚Naturmensch‘ dagegen war dionysisch und vernunftfremd; das heißt der eine erfüllte die Wünsche der Aufklärung, der andere die Wünsche des Imperialismus (und zugleich der unter Bürgern schwelenden ‚antikapitalistischen Sehnsucht‘).“ (PH 75)

Jahre zuvor – in „Erbschaft dieser Zeit“ gilt Nietzsches „Übermensch“ Bloch als der „nackte und verklärte Ausbeuter“: „Ohne Gefühle des Mitleids, ohne humane Phrase; so hat der Übermensch gewirkt, so fühlte er sich tatsächlich.“

Allein Blochs Überschrift „Der Impuls Nietzche“ deutet eine von Lukács nicht einmal im Ansatz akzeptierte Differenz an. So ist die Figur des Dionysos Bloch zufolge von Nietzsche nämlich durchaus ambivalent konzipiert worden, archaisch düster, aber auch rebellisch anarchisch: „Sokrates, Apollo und Zivilisation, selbst Jesus rückten negiert zusammen; Dionysos nahm einen Amoklauf gegen alle noch so weit entfernten ‚Domestizierungen‘. In seinem Namen blühen seitdem Sport, Tanz, Kriegsfurie, Jugendbünde, ‚Urdämonen‘ (rezent oder zitiert), Naturgefühle; das war der ‚Abbau des moralischen und intellektuellen Phänomens‘. So auch ist Dionysos nicht bloß der hemmungslose Reflex des Kapitals, das Zucht, Maß, Recht, Bürgertugend beizeiten abbauen lässt, sondern er ist formale Ausschweifung in ein unbestimmtes Außersichsein, Außer-der-Zeit-Sein schlechthin. (…) So wurde Romantik auf Brand gesetzt, Archaismus auf die Bestie, Philologie auf ein trunken ausfahrendes Schiff. Das Schiff ist angekommen; nun gilt es, nicht in Ansehung des ‚Übermenschen‘ (der ist bereits sonnenklarer Faschismus), wohl aber der Dionysiaka, die Beute zu teilen.“

Nietzsches Widersprüchlichkeit gilt Bloch im Gegensatz zu Georg Lukács als eine ernstzunehmende, mehr als eine nur scheinbare, mehr als nur von reaktionärer Position aus formuliert: Nietzsche „preist Carmen contra Wagner, Bergluft contra Wahnfried, Tapferkeit contra Barockkreuz und Himmelreich: und ist doch der gleiche Kopientraum, worin damals das Bürgertum lag, oder bloßer Carneval de Venise gegen den dicken, deutschen.“

Viel vom „trunkenen und höhlenhaften Dionysos“ Nietzsches schlägt auch Bloch durchaus auf die Seite von reaktionärer Bürgerlichkeit, von irrational angeleiteter Barbarei, auf die Seite der Apollo feindlichen Dunkelheit, einer sokratischen Gegenwelt. Nietzsches geschichtliche Mythologie sei aber nicht so eindeutig festzulegen, sondern gefangen in einer Mischwelt „von Sprengpulver und Räucherwerk, von Morgen und Urvorgestern, von ‚freien Geistern‘ und thrakischem Nibelungenring, von Revolte und Archaismen“: „Auf die richtige Seite der Beute kommt daher nicht Dionysos als bloße frühere Bewusstseinsstufe, blutbesudelt, kreißende Ananke und Mordnatur, Höhlen-Gegensatz zum Licht. Sondern gerade ein Dionysos als Zeichen des Ungekommenen, Ungewordenen im Menschen, als Gott der Gärung, aber der weinsuchenden, lichtrufenden. Auch dieser Gott wird bei Nietzsche laut, zuerst wieder nach langem Schweigen; bei einem anderen Nietzsche freilich als dem der Masken, Bestialismen und Mythologie, bei jenem Teleologen, der seinen Posten vergebens an der Brücke zur Zukunft bezogen hat, dessen Gesichte mit wilder Blendung von einer Welt beschienen sind, die noch nicht da ist.“

Dionysos fungierte auch als Stütze der Unterdrückten, der Versklavten. Er ist – so Bloch – „der ‚Sklavenmoral‘ ein nicht unbekannter, ein fröhlicher, vor allem ein sprengender Gott. Saturnalien hießen die Feste der antiken Sklaven, und der Weinstock Jesu, so völlig ihn die Kirche ermäßigt hat, zeigte im allerchristlichsten Bauernkrieg weniger Sklavenmoral als den Herren lieb ist.“ (E 359-362)

Nietzsches Denken geht nach Bloch nicht in der Ideologie der „blonden Bestie“ auf, nicht in der Idee, dass jede kulturelle Entwicklung Sklavenarbeit der breiten Volksmassen voraussetzt. Nietzsche soll nicht den faschistischen Interpreten, seinen nazistischen Gegnern und Anhängern wie Alfred Baeumler überlassen werden. Nietzsche – so gesteht Bloch ein – richtet sich gegen Apollo, den Gott des klugen Lichts, der Aufklärung. Apollo wird aus der Sicht des „Zarathustra-Antichrist“ bloß „bleicher Intellekt, domestizierendes Maß“, „Schutzherr der Zähmung und Verkleinerung, alle Instinktverdreher und Lebensverleumder stehen in seiner Nähe.“ Aber es gibt daneben immer auch den Dionysos „der Gekreuzigten“: „Dionysos ist nicht die Ruine oder die Nacht, wohin die Reaktion flüchtet, nicht die dampfende Natur ‚am Grunde‘, sondern – als auf die Fahnen der Revolution gesetzt – die Feuerschlange oder der utopische Blitz.“ (E 365f.; PH 1113-1118)

Nietzsche ist für Bloch – hier einig mit Lukács – zwar auch der Vordenker der imperialistischen Kriegsgewalt, der Leugner jeden geschichtlichen Fortschritts und dennoch nicht nur der Philosoph des „Raubtiers“, der „Renaissancebestie“: „Der andere Nietzsche sucht nicht bloß ungebleichtes, sondern in utopische Feuer gesetztes Diesseits.“ Auch in den Leipziger Vorlesungen bemüht Bloch das Motiv vom vermeintlich „anderen Nietzsche“, der sich von jenem, der in vorfaschistischer Weise die Arbeiterklasse hasst, der 1871 die Niederlage der Pariser Kommune feiert, unterscheidet. Nietzsche steht für Bloch bis zu einem gewissen Grad sogar in einer Reihe mit Münzer, Kant, Kierkegaard, Feuerbach, den „gründlichen Humanisten“. (E 363f.; LV 413-416)

Georg Lukács lehnt Mitte der 1930er Jahre als konsequenter Gegner von Nietzsche, dem Apologeten der (kapitalistischen) Sklavenhaltergesellschaft, dem Verächter der (sozialistischen) Arbeitermassen, jede „linke“ Nietzsche-Rezeption ab. Blochs Versuch, „die ‚gute Seite‘ des dionysischen Prinzips als Erbe retten“, Blochs Entdeckung eines vermeintlich „plebejischen Zugs im Dionysischen“ erscheint Lukács widersinnig: „Bloch weiß selbst, dass diese Anschauungen nichts mit Nietzsche zu tun haben. Nietzsches Ziel ist ein privates, aristokratisch-reaktionär vermummtes, eine romantische Utopie, (…).“

Wenn Bloch insistierend auf Nietzsches Kritik an Bismarck-Deutschland verweist, muss nach Lukács klargestellt werden, dass dies eine Kritik am inkonsequent scheinenden preußischen Antidemokratismus ist, also am Umstand, dass der „Aberglaube an Majoritäten“ fortbesteht, dass das „wachsende Heraufkommen des kleinen Mannes“ nicht verhindert, eher sozialpolitisch gefördert wird. Nietzsches Kritik an Bismarck ist eine von weit rechts erfolgende, eine reaktionär geistesaristokratische: „Nietzsche wird von vielen Intellektuellen, auch von manchen Antifaschisten als ‚freier Geist‘ gefeiert (…). Nietzsches Antichristentum ist ebenso wie sein Anti-Bismarcktum [aber] nur ein Moment seines zentralen Kampfes gegen die Demokratie. Er ist ein klarer und entschlossener Todfeind der Demokratie.“

Blochs Versuch, Nietzsches Bild des Dionysischen für die antifaschistische Intelligenz zu retten, „die Beute zu teilen“, kann Lukács 1943 in einer Antwort an Ernst Bloch nicht nachvollziehen: „Dionysos soll also gerettet werden als Gott eines demokratischen Plebejertums, als Schutzpatron der Rebellion. Soweit es sich um die Gestalt des Dionysos in den wirklichen griechischen Mythen handelt, bin ich mit Dir weitgehend einverstanden. Aber was hat das Alles mit Nietzsche, mit der Nietzscheanischen Erbschaft zu tun? Besonders konsequent und antinietzscheanisch ist Deine Auffassung, wenn Du die Saturnalien der antiken Sklaven mit dem ‚allerchristlichsten Bauernkrieg‘ verknüpfst. Nietzsche hätte das letztere anerkannt, aber eben als notwendige und verderbliche Konsequenz des Christentums und das Dionysische war für ihn gerade der Gegenbegriff, das Antichristliche, das Aristokratische. Die Dionysosmythe ist in Griechenland tatsächlich demokratisch. Aber die moderne Entdeckung dieses ihren Charakters hat mit Nietzsche nichts zu tun, sondern mit dem wirklich großen Forscher der antiken Mythen, mit [Johann Jacob] Bachofen.“[17]

Tendenzen der „Lebensphilosophie“ und der „präfaschistischen und faschistischen“ Soziologie werden von Bloch und Lukács in gleicher Richtung eingeschätzt, so spricht

Bloch von den sich 1933 prostituierenden Naziprofessoren Carl Schmitt, Martin Heidegger oder von Hans Freyer mit seiner kulturkonservativ rassistischen „Revolution von rechts“: „Die ewig gleichen und unwissenden Arien, die Hitler seinen Kleinbürgern singt, werden auch nicht besser, wenn die Universitätshure, die er fand (so wie Wilhelm II. sie 1914 gefunden hat), den Kitsch latinisiert und den Betrug mit Finessen à la Schmitt oder Freyer oder Heidegger verbessert. Der Nationalsozialismus hat außer begriffsloser Verzweiflung und verwilderter Dummheit auch viele korrupte Professoren für sich, doch keine Theorie, die eine andere Praxis als Betrug und Totschlag mit sich brächte.“ (E74)

Georg Lukács formuliert dies in „Zerstörung der Vernunft“ mit Blick auf diese Professoren, konkret auf Carl Schmitts faschistischen, in existentialistischer Manier jeden Normativismus ablehnenden Rechtsdezisionismus („Der Führer schützt das Recht!“) und dessen kriegsaggressive Großraumkonzeption ähnlich: „Einst nannte man die deutschen Professoren die geistige Leibgarde der Hohenzollern, sie sind zu einer geistigen SA und SS geworden.“ (ZV 524)

Der von NS-Propagandisten abgelehnte Wiener Soziologe Othmar Spann, „ein kleiner Kopist der österreichischen Staatstheologen des Vormärz“, ein Gegner der fortschrittlichen Ideen von 1789, erscheint Bloch so wie ein Oswald Spengler als mit je unterschiedlichem Instrumentarium agierender Ideologe des europäischen Faschismus: Verklärung des Völkischen, Denunzieren des Internationalen, eine arbeiterfeindliche „romantisch-reaktionäre Staatsmystik“, eine rückwärtsgewandte, auf „ganzheitlich“ katholisch-mittelalterlicher Scholastik beruhende Ständestaatsideologie: „Der Untertan rast umher, den der jahrhundertelange Feudaldruck hergestellt, zurückgelassen hat, und sehnt sich als formales Raubtier in den strengen Stall. Wühlt messianische Träume auf und pervertiert sie mit feudalen, radikalisiert die stumpfe Mitte, um sie zu asketischen Rebellen zu machen, und bezieht die Ideologie der ‚Rebellion‘ von Metternichs Gnaden, vom Urheber der Karlsbader Beschlüsse und Wächter der Heiligen Allianz.“ (E 163)

Bloch spricht von Spenglers „Fascisierung der Geschichte“. Spengler verachtet die Arbeitermassen als ein geschichtsloses Fellachentum. Spenglers „Raubtierphilosophie“ lässt „um den Stahlhelm tanzen“: „Oder besser eben: um Großkapitalisten und Direktoren; denn Spenglers ‚Mann der Tat‘, sein großes Vorbild ist und bleibt der schwerindustrielle Räuber, der Imperialist. Mit der Sehnsucht des Oberlehrers blickt Spengler auf Cecil Rhodes, den ‚ersten Vertreter des letzten abendländischen Stils‘ (…). Dies letzte Pathos gilt nicht mehr dem alten Geschäftsmann, sondern dem blutigen: der Mensch erscheint als Raubtier und zwar als erneuertes.“ (E 319)

Antihumanistische Ideologen wie Spengler präsentieren ein Mischgebilde aus „Frontgeist von 1914“, von „romantischen Staatstheorien und ihrem feudalen Antikapitalismus“, von „Preußentum und Sozialismus“. Spenglers Verachtung für die „Herdengefühle“ der (Arbeiter-) Massen, Spenglers „Raubtiergeste“, seine „heroisch-höhnische Freude“ an der geschichtlichen Repression, seine Phantasien von „hemmungsloser Ausbeutung“ decken sich mit seiner Rolle als „Philosoph des Herrenklubs“, der großkapitalistischen Milieus um Thyssen und Konsorten.

Ähnliches gilt für Ludwig Klages‘ „pantheistisch-mystischen Vitalismus“, dessen vernunftfeindliche Lebensphilosophie, dessen Jammer über einen seit Sokrates zivilisatorisch um sich greifenden „Vergeistigungsschwindel“, dessen unablässigen Jammer über „die toten Begriffsdinge des Verstandes“: Für Klages waren Sokrates und Jesus – so wie bei Nietzsche – Exponenten „dieses Verderbs; aber Sokrates wird bei Klages der erste Vertreter der ‚rassefeindlichen und internationalen Vernünftigkeit‘ überdies, und Jesus gar verleumdete nicht nur das ‚prachtvolle Menschentier‘, sondern sein Wachen und Beten verschüttete nach Klages auch die ‚gebärerische Zone heiliger Mythen, die vor dem Blick des Weihelosen ein Dickicht schauervoller Mythen barg‘.“ (E 337f.)

Klages‘ irrationales Geschichtsbild qualifiziert Bloch als billigen Abzug für das unter schlechtem Geschäftsgang leidende, sich faschistisch orientierende Bürgertum, als den Versuch aus archaischem Schutt eine Scheinrente zu gewinnen: „Bei Klages utopisiert sich nur Vergangenes als solches und ewig; der Traum des Vergangenen wird zur Vergangenheit des Traums, zum Totenkult, weniger noch: zum Totenkult der – Totenkulte selber. Zukunft sagt Klages, ist lediglich eine nach vorn projizierte Vergangenheit.“ Klages‘ Intellekt feindliche Rede gegen die „heutige Instinkt-Zerstörung“ führt – so Bloch im „Prinzip Hoffnung“ – nicht bloß wie in der romantischen Ideologie zum Mittelalter zurück, sondern „zum Diluvium“. (E 340, PH 67)

Die Abrechnung mit Martin Heidegger fällt bei Bloch sogar schärfer aus als bei Georg Lukács. Früh hat der „späteren Naziphilosoph“ Heidegger mit seinem Irrrationalismus, mit seinem „fauligen Geschwätz von ‚Angst und Sorge‘“, mit seiner „Lehre ‚vom Hinaushängen des Daseins in das Nichts‘“ Rattenfängerei für die politische Reaktion betrieben, so Bloch 1938.[18]

Im „Prinzip Hoffnung“ wendet sich Bloch gegen Heideggers „animalisch-kleinbürgerliche Erlebnisphänomenologie“, gegen dessen „kleinbürgerlich-reaktionären Existentialismus“. Er ordnet Heidegger – mit Oswald Spengler oder auch Karl Jaspers – in die Reihe der „Untergangs-Philosophen“, der „Versöhner und Propagandisten der spätkapitalistisch-faschistischen Welt, Todes-Welt“ ein, die „das bloße Nichts der kapitalistischen Zukunft zu einem unausweichlich absoluten“ machten, „damit der Blick auf eine veränderbare Welt, auf die sozialistische Zukunft gänzlich blockiert werde“: „Und nicht der ganzen Menschheit Jammer, sondern einzig der des unerhellt-hoffnungslosen Kleinbürgertums fasst einen an, kommt es bei Heidegger, was die ‚Abgründe‘ solcher Befindlichkeit angeht, zu diesem Satz: ‚Die tiefe Langeweile, in den Abgründen des Daseins wie ein schweigender Nebel hin und her ziehend, rückt alle Dinge, Menschen und einen selbst mit ihnen in eine merkwürdige Gleichgültigkeit zusammen. Diese Langeweile offenbart das Seiende im Ganzen.‘ (Was ist Metaphysik? 1929, S. 16).“ (PH 79f., 119, 1364f.)

Heideggers kleinbürgerliche „Angst-Hermeneutik“, seine „Angstontologie“ bezieht sich nach Bloch auf eine monopolkapitalistische Gesellschaft „mit Dauerkrise als normalem Zustand“: „Was für den Primitiven noch das ‚Unzuhause‘ in der unübersichtlichen Natur war, das ist für die ahnungslosen Opfer des Monopolkapitals ihre Gesellschaft geworden, der gigantisch entfremdete Betrieb, in den sie gestellt sind.“ (PH 124)

Heidegger, dem jedes Anknüpfen an konkreten geschichtlichen Fortschritt oder an Kategorien der politischen Ökonomie fernliegt, empfahl sich – so Bloch schon in den dreißiger Jahren in „Erbschaft dieser Zeit“ – „einer faschistisch gewordenen [Bourgeoisie] durch das alte protestantische Erbgut der menschlichen Nullität und die Finsternis des ihr Gesetzten. Alles Dasein ist Geworfensein in den Tod.“ Für Heidegger gibt es kein Subjekt der Hoffnung, der sozialen Befreiung: „Heidegger hat stattdessen (und freilich auch statt des vormaligen Gottesgartens) nur das Labyrinth spätbürgerlicher, sehr gepresster, sehr heilloser Subjektivität.“

In Heideggers Metaphysik ist das Individuum als ein „Subjekt des introvertierten Bürgertums“ lediglich „leidend, individuell und geht, mit völlig verdinglichtem ‚Schicksalsglauben‘, zum Tode“: „So ist das Dasein selber seine eigene Unheimlichkeit, so ist es dem Tod restlos überantwortet, alle ‚vorlaufende Entschlossenheit‘ kommt nur dem Tod und sonst nichts unter die Augen, es gibt keinen Trost gegen den Tod als die positiv erkannte und anerkannte ‚schlechthinige Nichtigkeit‘ des Daseins selbst, das im Tod sich nicht vernichtet, sondern repräsentiert. Also wird mit der Unverbindlichkeit auch die absolute Nichtigkeit zum Frieden der Bourgeoisie, zum Frieden, den die Ermutigung des Veränderungswillens, die metaphysische Verabsolutierung des eigenen Unbehagens schafft. Der ewige Tod am Ende macht den jeweiligen Gesellschaftszustand ‚des Menschen‘ so gleichgültig, dass er auch ein kapitalistischer bleiben kann. Die Bejahung des Todes als eines absoluten Schicksals und des einzigen Wohin ist der Gegenrevolution von heute dasselbe, was ihr früher die Vertröstung auf ein besseres Jenseits war. Unendlich fern, nicht einmal gestreift ist in dieser ‚Ontologie des Subjekts‘ die Tendenz, in der Verzweiflung Empörung zu gründen, in der Empörung Hoffnung anzutreffen (als welche in der Welt noch nicht zuschanden wurde).“ (E 309-311)

Dem folgt bei Bloch auch eine Abrechnung mit der reaktionären Archaik bei Gottfried Benn und mit den „mannigfachen Kryptoreligionen“ von „George bis zur Anthroposophie“. Gegen die Irratio von Stefan Georges „poetischem Herrenreich“, gegen dessen poetische „Gestus-Mystik“ mit ihrer falschen historischen Dekoration, die sich als die Welt „ästhetischer Rentner-Ritter“ erweist und gegen Benns „romantisches Diluvium“ gerichtet formuliert Bloch in „Erbschaft dieser Zeit“: „Der Faschist Benn etwa parfümiert die Leere seit langem mit Wort-Aromen, baut daraus eine Art laxen Zungenredens, schlägt chtonisches Nachtsalz und kleines Sonnenei in die Hohlräume der Zeit, macht Wolkenschiebung wie Zeus, ja, mehr noch: Mystikschiebung. Hat jenes griechisch-römische Tertiär, jene (wie Benns Dichtung sagt) ‚thalassale Regression‘, welche sich auf Regression und Faschismus nicht minder versteht wie auf das Thalatta eines schäumenden Aquariums oder Antiquariats. Heroisch, aber, ganz und gar nicht tertiär, sondern griechisch-römisch von Anfang an, wird die Maske seit langem im Georgekreis. (…) Hier ist Geniemoral über den Nöten des massenhaften Daseins, hier fühlt sich der Dichter, mitten in elendster Zivilisation, als Letzter aus edlem Stamm.“ (E 200f.) 

Docta spes, begriffene Hoffnung, gelehrte Hoffnung, die Entbehrung, der Hunger sind die Ausgangspunkte von Blochs Philosophie. Dementsprechend scharf lehnt Bloch jene psychoanalytischen Schulströmungen ab, die mit ihrer reaktionären Anthropologie, ihrer Triebtheorie kapitalistische Mehrwertausbeutung und faschistische Todesideologie verklären: „Das Nein zum vorhandenen Schlechten, das Ja zum vorschwebenden Besseren wird von Entbehrenden ins revolutionäre Interesse aufgenommen. Mit dem Hunger fängt dies Interesse allemal an, der Hunger verwandelt sich, als belehrter, in eine Sprengkraft gegen das Gefängnis Entbehrung.“ (PH 84)

Geschichtliche Entwicklung, variable ökonomische Bedingungen, soziale Differenzen sind in der „klassenmäßigen Begrenztheit der psychoanalytischen Grundtriebforschung“ nicht vorgesehen. Folglich übersieht sie alle materiellen Bedürfnisse, den Hunger als Grundtrieb, die „Hungerklage“ bleibt außen vor, „der zusammenbrechende Arbeitslose, der seit Tagen nicht gegessen hat“, ebenso: „In der Spätbourgeoisie, der auch Freuds Psychoanalyse zugehört, wurde der Hunger gestrichen.“ (PH 72-74)

Sigmund Freud selbst ist aber immerhin noch auf Aufklärung, auf rationale Analyse orientiert: „Zwar auch Freud war nach unten gegangen, ja, er nahm zuerst den Traum als Weg. Erst recht setzte er den Trieb als Grund, den Geist als Reflex; auch seine Welt ist dunkel und der Trieb als Libido genügend ‚irrational‘. Aber baute Freud auf den Grund ab, so geschah das nicht mit den Mitteln des Grunds, sondern mit hellstem, analytischen Bewusstsein.“

Der mit Freud brechende „Krypto-Faschist“ C.G. Jung, ein „Liebhaber des Traumdunkels“ entfernt aus Freuds Denken alle materialistisch, liberal aufgeklärten Theorieelemente. Jung „dagegen überspringt diese aufgeklärte, auch allzu aufgeklärte Entzauberung und sucht das Recht, ja genau: das Urrecht der künstlerischen Phantasie, der religiösen Mythen.“ (E 344f.)

Der „psychoanalytische Faschist“ Jung hat die „Libido und ihre unbewussten Inhalte gänzlich [regressiv] auf Urzeitliches reduziert“. Jung verfällt mit seinem „kollektiven Unterbewusstsein“ auch auf die Idee einer „Rassenseele“. Er sagt sich von der „jüdischen Psychologie“ los: „Statt der Sublimierung gilt die ‚heilig dunkle Urnacht‘, gefüllt mit Blutschein und Bilderorgie an sich. (…) Auch der Faschismus bedarf des Totenkults einer frisierten Urzeit, um die Zukunft zu verstellen, die Barbarei zu begründen, die Revolution zu blockieren. Der Grundtrieb wird mit alldem ein Trieb zu jenem Grunde, wo der Dionysos nur noch Moloch heißen will.“ (PH 69-71)

Der ebenfalls mit Freud brechende Alfred Adler glaubt nach Bloch gar, den Machttrieb, Nietzsches „Willen zur Macht“ in sein reaktionäres Recht einsetzen zu müssen: „Indem Adler derart aus der Libido das Geschlecht austreibt, die individuelle Macht einsetzt, ist seine Triebbestimmung den immer verschärfter kapitalistischen Weg von Schopenhauer zu Nietzsche gegangen und reflektiert diesen Weg ideologisch-psychoanalytisch. Freuds Libido-Begriff berührte sich mit dem ‚Willen zum Leben‘ in Schopenhauers Philosophie; Schopenhauer hatte eben die Geschlechtsteile als ‚Brennpunkte des Willens‘ bezeichnet. Adlers ‚Wille zur Macht‘ dagegen deckt sich wörtlich, zum Teil auch inhaltlich mit Nietzsches Grundtrieb-Bestimmung aus seiner letzten Periode; insofern hat hier Nietzsche über Schopenhauer, also der imperialistische Ellbogen über den rentierhaften Lust-Unlust-Leib in der Psychoanalyse gesiegt.“ (PH 64)

 


[1] Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, 3 Bände (stw-Ausgabe), Frankfurt 1973, 188. Vgl. Ivo Frenzel: Philosophie zwischen Traum und Apokalypse, in: Über Ernst Bloch, Frankfurt 1968, 17-41, hier 29 (künftig kurz: PH).

[2] Vgl. Georg Lukács: Die Erbschaft dieser Zeit (ca. 1935, erst 1984 veröffentlicht), in: Ernst Bloch und Georg Lukács. Dokumente zum 100. Geburtstag, hrg. von Miklós Mesterházi und György Mezei (Lukács Archiv), Budapest 1984, 245-265, hier 264, im folgenden 250f.

[3] Vgl. Jürgen Habermas: Ein marxistischer Schelling (1960), in: Über Ernst Bloch, Frankfurt 1968, 61-81, hier 63.

[4] Ernst Bloch: Erbschaft dieser Zeit. Erweiterte Ausgabe (=Gesamtausgabe 4), Frankfurt 1962 [Erstausgabe 1935], 58, 148-150 (künftig kurz: E). Über „Erbschaft dieser Zeit“ und über den Expressionismus-Streit vgl. Silvia Markun: Ernst Bloch mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, 7. Auflage, Reinbek 1996, 45-52.

[5] Karl Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte (1852), in: Karl Marx – Friedrich Engels: Werke, Band 8, Berlin 1960, 111-207, hier 204 (künftig kurz: MEW).

[6] Ernst Bloch: Der Nazi kocht im eigenen Saft (Mitte der 1930er Jahre verfasst), in: wie Anm. 2, 273-277.

[7] Ernst Bloch: Vom Hasard zur Katastrophe. Politische Aufsätze 1934-1939, hrg. mit einem Nachwort von Oskar Negt, Frankfurt 1972, 368-370. Vgl. Ernst Bloch: Diskussionen über Expressionismus (1938), in: Zur Tradition der deutschen sozialistischen Literatur II. Eine Auswahl von Dokumenten 1935-1941, hrg. von Friedrich Albrecht, Berlin-Weimar 1979, 513-524 und die Antwort von Georg Lukács: Es geht um den Realismus (1938), in ebenda, 525-564.

[8] Vgl. Helmut Seidel: Ernst Bloch zu Marxens „Thesen über Feuerbach“, in: Ernst Blochs Leipziger Jahre. Beiträge des fünften Walter Markov-Kolloquiums, hrg. von Manfred Neuhaus und Helmut Seidel, Leipzig 2001, 77-81.

[9] Friedrich Engels – Karl Marx: Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Bruno Bauer & Consorten (1845), in: MEW 2, 85.

[10] Vgl. Karl Marx: Einleitung zur Kritik der politischen Ökonomie (1857), in MEW 13, 615-643, hier 640f.

[11] Friedrich Engels: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft (1880/82), in MEW 19, 177-228, hier 189-201.

[12] Walter Benjamins Thesen „über den Begriff der Geschichte“ sind seit 2010 auch im Band 19 der historisch-kritischen Benjamin-Ausgabe zugänglich!

[13] Vgl. Ernst Bloch: Naturrecht und menschliche Würde, Frankfurt 1972, 13: „Die Sozialutopie ging auf menschliches Glück, das Naturrecht auf menschliche Würde. Die Sozialutopie malte Verhältnisse voraus, in denen die Mühseligen und Beladenen aufhören, das Naturrecht konstruierte Verhältnisse, in denen die Erniedrigten und Beleidigten aufhören.“

[14] Ernst Bloch: Neuzeitliche Philosophie II. Deutscher Idealismus. Die Philosophie des 19. Jahrhunderts. Leipziger Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie 1950-1956, Band 4, Frankfurt 1985, hier 355-358 (künftig kurz: LV).

[15] Vgl. Georg Lukács: Die Zerstörung der Vernunft, Aufbau-Verlag, Berlin 1954, 137 (künftig kurz: ZV). Friedrich Engels: Schelling und die Offenbarung. Kritik des neuesten Restaurationsversuchs gegen die freie Philosophie (1842), in MEW-Ergänzungsband II, 171-221.

[16] So Franz Mehring: Arthur Schopenhauer (1888), in derselbe: Philosophische Aufsätze (Gesammelte Schriften 13), Berlin 1961, 151-154.

[17] Vgl. Georg Lukács: Kritik von links und rechts. Antwort an Ernst Bloch (ca. 1935ff., 1984 erstmals veröffentlicht), in: Ernst Bloch und Georg Lukács. Dokumente zum 100. Geburtstag, hrg. von Miklós Mesterházi und György Mezei (Lukács-Archiv), Budapest 1984, 278-295 und Georg Lukács: Wie ist die faschistische Philosophie in Deutschland entstanden? [1933] (Veröffentlichungen des Lukács-Archivs, hrg. von László Sziklai), Budapest 1982.

[18] Ernst Bloch: Vom Hasard zur Katastrophe (wie Anm. 7), 348.

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