Multiple Religious Belonging - Philosophical Perspectives from East and West
3. gemeinsames Symposion des Instituts für Christliche Philosophie und des Instituts für Philosophie der Sun-Yat-sen-Universität Guangzhou (VR China)
Dass man sich „multiple religiöse Zugehörigkeit“ in Europa schwer vorstellen kann, wird z.B. bereits an der Kleinheit des Feldes „Religionsbekenntnis“ auf Behördenformularen sichtbar: Dort hätte kaum mehr als ein Wort Platz. In Asien scheint sie dagegen eher die Regel als die Ausnahme zu sein. Auch bei uns gibt es jedoch vielfache Formen eines „praktischen Inklusivismus“, d.h. der selektiven Übernahme von Meditationspraktiken, theologischen Ideen und Raumgestaltungsformen aus anderen Religionen, und vereinzelt auch mehrfache subjektive Verbundenheitsgefühle. Ab wann kann man aber sinnvollerweise von „multipler religiöser Zugehörigkeit“ sprechen? Stößt so ein Standpunkt nicht auf gewisse logische Schwierigkeiten und unter welchen Voraussetzungen wäre er rational? Und wo lassen sich Beispiele in den jeweiligen Geistes- und Religionsgeschichten finden? Das Thema ist besonders in der VR China durchaus öffentlichkeitsrelevant, da hier ja drei Großtraditionen (Daoismus, Buddhismus, Konfuzianismus) den kulturellen Hintergrund prägen und sich überdies in ein Verhältnis zur modernen Wissenschaftlichkeit und zur offiziellen marxistischen Staatsdoktrin zu stellen haben.
Diese Themen wurden vom 7.-8. Juni 2016 auf dem (nach Innsbruck 2012 und Guangzhou 2015) bereits dritten gemeinsamen religionsphilosophischen Symposium diskutiert, das Angehörige des Instituts für Christliche Philosophie mit jenen des Instituts für Philosophie der Sun-Yat-sen-Universität Guangzhou (VR China) organisiert haben. Es nahmen neben Winfried Löffler (Innsbruck), Chen Lisheng, Li Lanfen, Chen Shaoming und Zheng Shuhong (alle SYSU Guangzhou) auch die Buddhismus-Expertin Ursula Baatz (Universität Wien), der protestantische Theologe Reinhold Bernhardt (Universität Basel) und der Physikphilosoph, Jesuitenpriester und approbierte Zen-Meister Stefan Bauberger SJ als Sprecher teil. Die Sun-Yat-sen-Universität Guangzhou (=Kanton) nimmt in den Rankings der Chinesischen Universitäten der letzten Jahre einen Platz unter den ersten Zehn mit Aufwärtstendenz ein; gerade im Bereich Philosophie liegt eine ihrer besonderen Stärken.
Winfried Löffler
Internationales Symposion: Barmherzigkeit – Geschenk und Auftrag
Am 2./3. Juni 2016 fand ein international besetztes Symposion statt, dass gemeinsam von der Theologischen Fakultät und der Zeitschrift für Katholische Theologie von Prof. Repschinski ausgerichtet wurde. Referenten von der Fakultät, aus den USA, Rom und Deutschland tauschten sich zum Thema „Barmherzigkeit – Geschenk und Auftrag“ aus. Erfreulich war auch die rege Teilnahme von Studierenden und Gästen. Provozierend und zum Nachdenken anregend - so präsentierten sich Beiträge aus Philosophie und Moraltheologie, Bibelwissenschaften und Dogmatik, Patristik und spiritueller Theologie. Sie stellten ein äußerst breites Spektrum des Verständnisses von Barmherzigkeit dar, von der präzisen Begriffsklärung des Philosophen Bruno Niederbacher bis hin zu James Keenans Beschreibung von Barmherzigkeit als „willingness to enter into the chaos of the other“. Dazwischen fanden sich Beiträge zu Barmherzigkeit als Modell antiker Großstadtpastoral oder der Frage nach dem Verhältnis von Barmherzigkeit und eschatologischem Gericht. Die Beiträge werden im Herbst 2016 in der Zeitschrift für Katholische Theologie veröffentlicht.
Boris Repschinski
Internationale Tagung „Mimetic Theory and Islam“
Vom 19. bis 21. Mai fand an unserer Fakultät die internationale Tagung „Mimetic Theory and Islam“ statt. Sie war die Fortsetzung eines akademischen Dialogs, der vor drei Jahren schon am Heythrop College in London begonnen wurde. Die TeilnehmerInnen waren ExpertInnen auf dem Gebiet der abrahamitischen Religionen und/oder im Bereich der mimetischen Theorie des 2015 verstorbenen Anthropologen und Religionstheoretikers René Girard. Gäste aus der Fakultät und von den Studierenden gesellten sich immer wieder dazu. Die TeilnehmerInnen kamen neben Österreich aus Italien bzw. dem Vatikan, Frankreich, dem Libanon, Großbritannien, den USA, Iran und Spanien, unter ihnen christliche, muslimische und ein jüdischer Denker.
Die dargebotenen Vorträge und Diskussionsbeiträge sind zu reichhaltig, um sie hier wiederzugeben, aber eine Publikation ist geplant. Als Lernerfahrung der Tagung lassen sich aber zwei Punkte festhalten: 1) Der Dialog zwischen Islam und mimetischer Theorie als Theorie der Religionen erweist sich als fruchtbar und verspricht weitere Fortschritte; er sollte daher weiter verfolgt werden. 2) Die religiösen Traditionen der drei abrahamitischen Religionen sind wesentlich komplexer und reichhaltiger, als man es gewöhnlich annimmt. Höchste Sorgfalt ist bei der Deutung der heiligen Schriften – der eigenen Religionsgemeinschaft und jener anderer Religionsgemeinschaften – angezeigt und so manches, was als selbstverständlich angenommen wird, stellt sich bei näherer Untersuchung als nur eine von mehreren Möglichkeiten heraus.
Nikolaus Wandinger