Wissenschaft und Gesellschaft stehen vor erheblichen Herausforderungen. Vieles, das bis vor Kurzem als selbstverständlich galt, scheint plötzlich massiv in Frage gestellt. Dass Verträge einzuhalten sind, man Abmachungen – auch internationaler Art – nicht einfach einseitig aufkündigt um sich zu nehmen, was gerade beliebt, und dass man bewährten Partnern nicht unverhohlen droht, um eigene Interessen durchzusetzen, ist offenkundig nichts mehr, das zum guten Ton der Politik gehört. Ebenso wenig wie die Anerkennung rechtsstaatlicher Entscheidungen. Daran, dass Tatsachen in Frage gestellt werden, auch wenn sie wissenschaftlich gut belegt sind, aber nicht ins eigene Weltbild passen, haben wir uns schon beinahe gewöhnt. Wo dies aber zur üblichen Praxis wird, kann kein Gespräch mehr entstehen, Kommunikation entartet zur Beschimpfung des Gegenübers. All diese Merkwürdigkeiten gewinnen nun gerade in einer Zeit an Boden, in der nicht nur in unserem Land wichtige politische Weichenstellungen zu erfolgen haben. Auch kirchlich könnte uns in absehbarer Zeit ein Führungswechsel bevorstehen. Zu Redaktionsschluss dieses Newsletters befindet sich Papst Franziskus mit kritischem Gesundheitszustand in einer römischen Klinik. Sowohl in der Römisch-Katholischen Kirche als auch in Wissenschaft und Gesellschaft ist die Suche nach einer Verständigung zwischen Menschen und Gruppierungen unterschiedlicher Orientierung im Verlauf der zurückliegenden Jahre immer schwieriger geworden. Umso wichtiger ist es, dass kritisches Denken kultiviert und eingeübt wird und darüber hinaus die Bereitschaft, sich dem Diskurs über eigene Überzeugungen zu stellen, insbesondere, wenn diese stark und lebensorientierend sind. Die Universität ist der privilegierte Ort dies zu tun. Gerade als Theolog:innen und Philosoph:innen sehen wir uns in der Pflicht, einen Beitrag dazu zu leisten, zugleich aber auch an die Unverzichtbarkeit von Mitmenschlichkeit und an die Bedeutung der Wahrung der Menschenrechte zu erinnern.
In diesem Newsletter wird auch an einen großen Wissenschaftler erinnert, der an unserer Fakultät tätig und von weltkirchlichem Einfluss war: Josef Andreas Jungmann. Sein Erbe würde es verdienen noch intensiver beforscht und aufgearbeitet zu werden. In diesem Sinn wurde eine neue Gastvortragsreihe ins Leben gerufen, die den Namen Jungmann trägt. Relativ neu ist auch unser Veranstaltungsformat „Theologie im Gespräch“, das heuer zum zweiten Mal stattfindet. Es widmet sich diesmal aus Anlass des achtzigsten Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs den langen Schatten, die Kriege im Gedächtnis und in der Psyche von Menschen hinterlassen. Nicht nur, aber auch im Umgang mit traumatisierenden Erfahrungen stellt Spiritualität eine wichtige Ressource seelischen Heilseins und Heilwerdens dar. Dieses Semester bietet einer breiteren Öffentlichkeit die Möglichkeit, an der Ringvorlesung „Die spirituelle Relevanz von Theologie und Philosophie“ teilzunehmen, wozu ich ganz herzlich einladen möchte. Daneben finden Sie in unserem Newsletter eine Vielzahl an Hinweisen auf kommende Veranstaltungen und Berichten über und Einblicke in die Forschungsarbeit unserer Fakultät, mit der wir dazu beitragen wollen, dass unsere Gesellschaft im Gespräch bleibt, auch wenn das mitunter mühsam und fordernd ist.
Wilhelm Guggenberger, Dekan
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