Im Rahmen der Zielvereinbarung mit der Universität für die Jahre 2022-24 hat die Katholisch-Theologische Fakultät als sogenannte Querschnittsmaterie auch Nachhaltigkeit gewählt. Das lag ein Stück weit daran, dass dieses Thema dem amtierenden Dekan sehr am Herzen liegt. Wie dieser mittlerweile feststellen konnte, allerdings nicht nur ihm. Auch das Universitätsgesetz hält fest, dass die Universitäten dazu berufen sind, „verantwortlich zur Lösung der Probleme des Menschen sowie zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft und der natürlichen Umwelt beizutragen“ (§ 1 UG 2002).
Nachhaltigkeit soll dabei eine deutlich erkennbare Rolle in Forschung und Lehre spielen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das interdisziplinäre Wahlpaket „Nachhaltigkeit“ hinweisen, in dem Studierende aller Fächer 30 Credits (oder auch nur einen Teil davon) erwerben können und an dem die Theologische Fakultät beteiligt ist, aber auch auf all die anderen Lehrveranstaltungen, die sich immer wieder ganz oder teilweise diesem Bereich widmen. Allerdings gilt es auch den Universitätsbetrieb selbst nachhaltiger zu gestalten. Keine Theorie vermag zu überzeugen, wenn die eigene Praxis markant davon abweicht. Dabei steht die ökologische Nachhaltigkeit als dringliche Aufgabe im Vordergrund. Diese wird jedoch ohne soziale Nachhaltigkeit, also ein positives Klima im Miteinander und der Möglichkeit kritischer Mitbeteiligung nicht zu erreichen sein. Wenn sich die Profil-AG der Theologischen Fakultät sowohl um den Ausbau von „wohnlichen“ Begegnungsräumen in den Gebäuden bemüht wie auch um eine lebendige, insbesondere liturgische Feierkultur, ist dies ebenso als Einsatz für Nachhaltigkeit zu verstehen. Ganzheitlich vernetztes und vernetzendes Denken macht den Wesenskern von Nachhaltigkeit aus. Da die Kultivierung eines weiten geistigen Horizonts und die Einbeziehung verschiedenster Disziplinen in die eigene Arbeit für Philosoph*innen und Theolog*innen geradezu eine conditio sine qua non ihrer Arbeit darstellen, bietet sich hier eine optimale Anschlussmöglichkeit.
Dass Theologie mit dem Nachhaltigkeitsthema etwas zu schaffen haben sollte, versteht sich dennoch nicht auf den ersten Blick von selbst. In die Begriffe Gerechtigkeit, Friede und Schöpfungsverantwortung gekleidet, wird dies schon klarer. Das Geschenk der Schöpfung als solches wahrzunehmen und sich als verantwortliche Verwalter*innen dieses Geschenks zu verstehen, dürfte heute für die meisten Christ*innen fraglos zu ihrem Selbstverständnis gehören. Dass sich christliche Philosoph*innen und Theolog*innen jüngst federführend für eine Petition unter dem Titel „Handeln statt Kriminalisieren“ engagierten, die sogenannten Klimaklebern den Rücken stärkt, verwirrt dann aber wieder manchen. Ebenso die Tatsache, dass der deutsche Jesuit Jörg Alt wegen der Teilnahme an Protestaktionen gemeinsam mit der Letzten Generation zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Der in den genannten Aktionen ausgedrückte Protest ist als Aufschrei gegen eine erstaunlich gesellschaftliche und politische Passivität im Hinblick auf den Klimawandel zu verstehen. Wenn Papst Franziskus in seiner Sozialenzyklika „Laudato sì“ vom Missbrauch der Schwester Mutter Erde spricht, die Hand in Hand mit sozialen Verwerfungen geht – wofür er viel Applaus erhielt – darf der drastische Ton, der damit angeschlagen wurde, nicht verharmlost werden. Wer vom Missbrauch einer Schwester oder Mutter spricht, meint meist eine Vergewaltigung. Sich dies zu vergegenwärtigen, lässt die Bedrohlichkeit unserer Lage vielleicht deutlicher werden. Darauf aufmerksam zu machen, sich für ökologische Umkehr einzusetzen und auch gewaltfreien Protestformen, die dies tun, ihr Recht zuzugestehen, ja dies einzufordern, gehört angesichts himmelschreienden Unrechts wohl zweifellos zur staatsbürgerlichen, zur akademischen, aber eben auch zur christlichen Verantwortung.
Die Katholisch-Theologische Fakultät setzt sich inhaltlich in unterschiedlichen Zusammenhängen mit Fragen abweichender Meinungen, des zivilen Ungehorsams und mit Möglichkeiten der (Selbst-)Motivation zum Handeln auseinander. Um ausführlich auf diese Themen einzugehen, ist hier nicht der richtige Ort. Ich möchte daher nur em. Univ.-Prof. Stephan Laske zitieren, der am 26. Mai 2023 bei einer Ansprache im Rahmen des Goldenen Doktorjubiläums der Universität Innsbruck bezugnehmend auf Protestaktionen von Klimaaktivist*innen meinte: Angesichts der ungedeckten Schecks, die die älteren Generationen den jüngeren ungefragt hinterlassen werden, müsse ernsthaft gefragt werden, auf wen die Bezeichnung Klimaterroristen besser passe. Das mag eine unbequeme Ansage sein, rückt aber doch ein weiteres Mal deutlich ins Rampenlicht, dass es bei Klimafragen um gewichtige Gerechtigkeitsfragen geht, denen wir uns zu stellen haben, gerade auch als Philosoph*innen und Theolog*innen.
Zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema der Nachhaltigkeit und zur Bewusstseinsbildung kann die Katholisch-Theologische Fakultät einiges beisteuern. Die Beiträge, die sie zum nachhaltigen Betrieb der Universität Innsbruck leisten kann, sind nicht sehr groß. Da aber auch kleine Schritte zählen, wollen wir diese auch bewusst setzen, sind doch auch sie Teil und Ansporn für ein Umdenken und Umsteuern. So wird konkret an der Optimierung der Beheizung des Gebäudes gearbeitet, um den Energiebedarf zu senken. Wir werden in Hinkunft mehr auf einen umweltverträglichen Einkauf und das gute Funktionieren von Mülltrennung achten. Ebenso wird nach Wegen gesucht, die Freifläche der Fakultät, die an den Herlinde-Pissarek-Hudelist-Platz angrenzt, im Sinne größerer Biodiversität zu gestalten, wenn möglich in Kooperation mit den benachbarten Schulen. (Wilhelm Guggenberger)