Tagung „Was leistet ‚Kritisches Denken‘?“
Kritisches Denken – ein neues Paradigma, ein Konzept, eine Methode? Das Konzept war bisher explizit vor allem in philosophischen und naturwissenschaftlichen fachdidaktischen Kontexten verortet. Die Befähigung zum kritischen Denken, wie am Beispiel der religiösen Urteilskompetenz deutlich wird, ist aber ebenso ein zentrales Anliegen in der Religions- und Fachdidaktik. Die Philosophin Katherine Dormandy (Universität Innsbruck) hat in ihrem Vortrag drei Ziele des kritischen Denkens dargelegt: (1) die Weltanschauungen anderer verstehen und evaluieren; (2) die eigene Weltanschauung verstehen, evaluieren und artikulieren und (3) ohne fixe Weltanschauung klarkommen: Mit Mehrdeutigkeit umgehen! Im Anschluss an diesen Input hatten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit, ihre Gedanken zu diesem Konzept mittels Padlet einzubringen, aus dem regen Austausch ist die abgebildete Wordcloud entstanden.
In drei Kurzvorträgen wurden die Voraussetzungen für Kritisches Denken im Religionsunterricht beleuchtet: Sebastian Eck (Universität Duisburg-Essen) hob den besonderen Charakter religiösen Wissens hervor. Der Frage nach Wahrheitsbehauptungen in interreligiösen Lernprozessen in Schule und Hochschule widmeten sich Naciye Kamcili-Yildiz und Oliver Reis (Universität Paderborn). Das mögliche Wechselspiel zwischen interreligiösem Lernen und Kritischem Denken hob Joachim Willems (Universität Oldenburg) hervor.
Am zweiten Tagungstag richtete sich der Blick auf die Naturwissenschaftsdidaktik: Susanne Rafolt und Suzanne Kapelari (Fakultät für LehrerInnenbildung Innsbruck) boten spannende Einblicke in die Biologiedidaktik, in der Kritisches Denken aufgrund gesellschaftlicher Herausforderungen (Wissenschaftsskepsis) in den letzten Jahren eine hohe Bedeutung erlangt hat. Abschließend bot Konstantin Lindner (Universität Bamberg) den Teilnehmer*innen eine differenzierte Zusammenschau der unterschiedlichen Zugänge zum komplexen Thema und Impulse für einen zukunftsfähigen Religionsunterricht. So wie in den Naturwissenschaften gelte es auch in Theologie und Religionspädagogik eine „nature of theology“ zu entwickeln, die sich der Frage widmet: Was tun wir, wenn wir Welt religiös deuten? (Ingrid Waibl)
Bischof-Karl-Golser-Preis 2023
Karl-Rahner-Preis 2022
Diese Arbeit, die in der Begleitung der Professorin für Fundamentaltheologie Isabella Guanzini 2021 an der Katholischen Privat-Universität Linz eingereicht worden ist, entwickelt mit den verschiedensten Beiträgen des französischen Jesuiten und den psychoanalytischen Arbeiten von Jacques Lacan als hermeneutischem Schlüssel eine eigenständige und höchst aktuelle Theologie des Gebets: „In seinem steten Mangel entfaltet sich das Gebet als Sprache des Begehrens und der Liebe stets in einer Mehrzähligkeit seiner Glieder, seiner Worte und Gesten, die eins aufs andere verweisen, sich gegenseitig ergänzen bzw. sich inhaltlich teils auch widersprechen. In einer beständigen metonymischen Bewegung von Wort zu Wort und von Geste zu Geste etc. oszilliert das Begehren im Gebet zwischen Erwartung und Erfüllung – wobei die ‚Erfüllung‘ nicht unbedingt darin liegt, das Begehren zu stillen, sondern es vielmehr noch zu vertiefen“.
Rahners berühmtes Wort, dass der Christ der Zukunft ein Mystiker sein wird, bekommt in dieser Arbeit eine unverzichtbare Konkretion: Der Christ von morgen wird ein Mystiker sein, weil er in der Gestimmtheit des Betens das Leben zu deuten vermag.
Es war eine Freude für alle, dass die veröffentlichte Arbeit an diesem Abend vom Leiter des Tyrolia-Verlags Gottfried Kompatscher, auch in Anwesenheit von P. Christian Rutishauser SJ, dem Vorsitzenden der Stiftung, schon präsentiert werden konnte (Innsbrucker Theologische Studien 101).
Wir wünschen mit diesem Preis Frau Bruckner in ihrer neuen Aufgabe als Professorin für Spiritualität in Rom/Sant‘Anselmo allen Segen. (Roman A. Siebenrock)
Tagung des Innsbrucker Kreises im Zeichen einer synodalen Kirche
Ein Jahrhundert Reinhold Stecher:
Tagung anlässlich seines 100. Geburtstags
Den Auftakt setzte ein von Józef Niewiadomski moderiertes Podiumsgespräch mit Klaus Egger (ehem. Generalvikar), Esther Fritsch (ehem. Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde), Wolfgang Palaver (ehem. Vorsitzender der Katholischen Jugend) und Peter Stöger (Schüler von Reinhold Stecher). Aus den anekdotisch-reflektierten Erinnerungen wurde ein biographisches Panorama aus Zeitzeugensicht.
Am folgenden Tag ging es dann nicht mehr um Erinnerung, sondern um historische und theologische Kontextualisierung. Einer kirchenpolitischen Gesamtverortung des Lebens von Stecher (Josef Gelmi) folgte eine Auseinandersetzung mit dem Topos der Ritualmordbeschuldigungen gegen Juden und dem Sonderfall des Anderl von Rinn, der Stecher als Bischof so massiv beschäftigt hat (Manfred Eder), die lokale Verehrungsgeschichte des Anderl von Rinn wurde nachgezeichnet (Thomas Albrich), die Situation der kirchlichen Kinderheimerziehung in Stechers Bischofszeit rekonstruiert (Ina Friedmann), der Blick auf das Verhältnis Stechers zur Bibel (Georg Fischer) und seine pastoraltheologischen Prinzipien (Paul Michael Zulehner) gerichtet, eine Verortung von Stecher im Kontext des 2. Weltkriegs unternommen (Peter Pirker und Dirk Rupnow) und eine Interpretation der theologischen Grundhaltungen des Bestsellerautors Stecher entwickelt (Roman Siebenrock). Ein Vortrag zu Stecher und der Österreichischen Bischofskonferenz musste krankheitsbedingt entfallen (Michaela Sohn-Kronthaler).
Die Vorträge der Tagung, die fakultätsübergreifend von Dirk Rupnow (Institut für Zeitgeschichte) und Mathias Moosbrugger (Institut für Bibelwissenschaften und Historische Theologie) organisiert wurde, sollen im kommenden Jahr im Druck erscheinen. (Mathias Moosbrugger)
Ehrung für Herlinde Pissarek-Hudelist:
Vorlesung und Platzeröffnung
Zuvor wurde der Univ.-Prof.in-Dr.in-Pissarek-Hudelist-Platz, zwischen Theologischer Fakultät, Volksschule Innere Stadt und Akademischem Gymnasium gelegen, feierlich eröffnet. Die Grußworte sprachen Stadträtin Ursula Schwarzl, der Vizerektor für Infrastruktur Wolfgang Streicher, die derzeitige Inhaberin der Professur für Katechetik/Religionspädagogik Martina Kraml und Studiendekan Liborius Lumma. Anwesend war auch Doris Linser, die bereits 1997 den Antrag im Innsbrucker Gemeinderat zur Benennung eines Platzes nach der weltweit ersten Dekanin einer Katholisch-Theologischen Fakultät stellte. (Gertraud Ladner)