Vor allem durch seine Forschungen zur Liturgiegeschichte wurde er Wegbereiter der Liturgiewissenschaft als eigenständiger Disziplin und gab entscheidende Impulse für die Reform der römisch-katholischen Liturgie durch das II. Vatikanische Konzil (1962–65).
Derzeit wird am Forschungsinstitut Brenner-Archiv eine Online-Edition von Jungmanns Konzilstagebüchern vorbereitet. In enger Zusammenarbeit mit dem Innsbrucker Jesuitenkolleg wird Jungmann außerdem durch eine neue Vortragsreihe gewürdigt: Am Dienstag, 3. Juni 2025, 18:30 Uhr, wird Bruce Morrill SJ (Vanderbilt University, Memphis/Tennessee) die erste Josef-Jungmann-Lecture halten (nähere Informationen folgen rechtzeitig auf der Fakultätswebsite).
Wir haben vier Personen aus unterschiedlicher Perspektive um Statements zur Bedeutung Josef A. Jungmanns gebeten.
Josef Andreas Jungmann SJ und sein „global impact“
Bekanntheit ist das eine, globale Wirksamkeit ist das andere. Mein Eindruck ist, dass die Arbeit von Josef A. Jungmann mindestens ebenso global wirksam ist wie jene von Karl Rahner. Die Forschungen von J. A. Jungmann zur Liturgie sind direkt in die Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils eingeflossen. Und so, in weiterer Folge, in die Liturgiereform von Papst Paul VI.
Im lateinischen Ritus ist das bis heute die Form gemeinsamen Betens und Feierns. Wer immer in andere Länder und Kontinente reist und dort an einer römisch-katholischen Eucharistiefeier teilnimmt: Er oder sie wird einen Gottesdienst erleben, der in seiner Form von Josef A. Jungmann mitgeprägt ist.
Der Südtiroler Josef A. Jungmann aus Sand in Taufers wirkt mit seinen Forschungen zur Pastoral und Liturgie und durch seine Rolle als Ratgeber weit über Tirol hinaus in die ganze Welt, bis heute.
Pater Christian Marte SJ ist Rektor des Jesuitenkollegs in Innsbruck.
P. Josef A. Jungmann SJ war von Sommer 1938 bis zur Vertreibung durch die Nationalsozialisten am 12. Oktober 1939 Rektor des Jesuitenkollegs.
Josef Jungmann’s Enduring Legacy
The Jesuit Jungmann would become an academic leader in the fields of catechetics and liturgy. His approach, based on meticulous study of early church sources, integrated the kerygmatic and the liturgical, the gospel message (Frohbotschaft) and assembled church at prayer (leitourgia). His work contributed to the theological recovery of sacraments not as “things” dispensing grace but as biblically-infused participation in Christ’s paschal mystery. The monumental achievement of his Missarum Sollemnia. Eine genetische Erklärung der römischen Messe (1948) was immediately recognized, realized wide readership, and remains a magnum opus of the Liturgical Movement.
Jungmann helped draft the Second Vatican Council’s Constitution on the Sacred Liturgy. The fundamental principles in the document’s first chapter have Jungmann’s fingerprints, so to speak, all over them, including the overarching priority of the full, conscious, active participation of the faithful. He solely authored the chapter on the Eucharist, putting in motion the development of the three-year Lectionary, the renewal of homiletic preaching, and recovery of such ancient elements as the prayers of the faithful and the sign of peace.
Jungmann’s roles in the production of the constitution and subsequent liturgical books sealed his legacy. While a half-century of further historical research has rendered various details in his expansive writings of dated significance, his method—integrating history, theology, and pastoral practice—has stood the test of time, such that scholars like myself cannot imagine doing liturgical theology any other way.
Bruce T. Morrill SJ ist Inhaber des Edward A. Malloy Chair in Roman Catholic Studies an der Divinity School der Vanderbilt University (Nashville/Tennessee).
Zwei Lebens-Themen
(1) In seinem Buch Die Frohbotschaft und unsere Glaubensverkündigung (1936) forderte Jungmann: Jesus Christus muss im Mittelpunkt der Verkündigung stehen; Unterricht und Predigt sollen ein biblisch geprägtes Gesamtbild des Glaubens vermitteln. Damit stieß er die material-kerygmatische Reform an, auf welcher der Katechismus der Bistümer Deutschlands von 1955 beruht. Dessen Hauptredaktoren, Klemens Tilmann und Franz Schreibmayr, sind Jungmanns Schüler. Ein weiterer Schüler (und Mitbruder), Johannes Hofinger, der seit 1938 in China und ab 1950 auf den Philippinen wirkte und 1953 in Manila das „East Asian Pastoral Institute“ gründete, verbreitete Jungmanns Thesen im gesamten englischen Sprachraum.
(2) Die Kirche besteht aus allen Getauften, und die Liturgie ist Feier der ganzen Gemeinde: Diese von der Liturgischen Bewegung wiederentdeckte Erkenntnis prägt Jungmanns Arbeit – darunter sein großes Werk Missarum Sollemnia. Eine genetische Erklärung der römischen Messe (1948; 51962). Auf den Kirchen- und Liturgiebegriff, den er zugrunde legt, weist Jungmann ausdrücklich hin (Bd. 1 [1962], S. 3f.). – Missarum Sollemnia nahm die Ritenkongregation zum Anlass, von Jungmann Gutachten für eine Mess-Reform zu erbitten. Einige Stichworte daraus: Gemeindemesse als Grundmodell, einfache und durchschaubare Ordnung, Volkssprache, Wiederbeleben der Fürbitten, Aufgabenteilung. – 1960 in die Vorbereitende Liturgiekommission des II. Vatikanums berufen, leitete Jungmann die Subkommission II (Messe). Schon die ersten Entwürfe des Eucharistie-Kapitels tragen seine Handschrift, den früheren Gutachten entsprechend. Jungmann hat den Entstehungsprozess der gesamten Liturgiekonstitution maßgebend beeinflusst, ebenso die nachkonziliare Erneuerung der liturgischen Regeln und Bücher.
Rudolf Pacik war von 1975 bis 2004 Mitarbeiter in der Liturgiewissenschaft an unserer Fakultät (ab 1997 außerordentlicher Universitätsprofessor), 2004 bis 2012 Universitätsprofessor für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie an der Universität Salzburg. Er verantwortet die Edition des Konzilstagebuchs Josef Jungmanns.
Josef Andreas Jungmann SJ aus interdisziplinärer Perspektive
Die Vielfalt der Materialien (Tagebücher, literarische und wissenschaftliche Werke, Korrespondenzen) könnte auf bisherige Forschungen aufbauend Grundlage für ein interdisziplinäres Projekt sein, das die Rolle Jungmanns eingehend untersucht. An folgende Fachrichtungen wäre dabei zu denken: Kirchen-, Wissenschafts- und Zeitgeschichte, Liturgiewissenschaft, Pädagogik und Literaturwissenschaft.
Die privaten Tagebücher würden Jungmanns Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg, der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ (George F. Kennan), und der Zwischenkriegszeit ermöglichen, die Korrespondenzen Jungmanns theologisches Netzwerk zeigen und seine Lektüren (u. a. Sigismund von Radecki, Johannes Jörgensen) Einblicke in die Rezeption zeitgenössischer Literatur geben.
Ulrike Tanzer ist seit 2014 Universitätsprofessorin für Österreichische Literatur und Leiterin des Forschungsinstituts Brenner-Archiv an unserer Universität. Von 2017 bis 2023 war sie zudem Vizerektorin für Forschung.
(Liborius Lumma)