Politik des Evangeliums – Ein Kolloquium zu Ehren von Wolfgang Palaver
Anlässlich der Feierlichkeiten für Wolfgang Palaver fand am 6. Oktober 2023 ein Kolloquium des Forschungszentrums Religion – Gewalt – Kommunikation – Weltordnung (RGKW) statt.
Wolfgang Palaver war und ist ein begeisterter homo politicus. Als überzeugter Katholik wollte er Wege suchen, wie wir als Glaubende politisch so agieren können, dass unsere Welt offener für die Ankunft des von Christus verheißenen Gottesreiches wird. 27 Autor*innen versuchten in der Festschrift „Politik des Evangeliums/Politics of the Gospel“, die dem Jubilar beim Festakt überreicht wurde, sich diesem Thema von unterschiedlichen Disziplinen her zu nähern.
Fünf dieser Autor*innen wurden vom Forschungszentrum RGKW eingeladen, ihren Beitrag zu präsentieren und mit dem Jubilar und den RGKW-Mitgliedern zu diskutieren. Dekan Wilhelm Guggenberger und Józef Niewiadomski zeichneten eingangs Wolfgang Palavers biographischen und akademischen Werdegang nach und legten dabei den Fokus auf das friedenspolitische Engagement des Jubilars sowie seine Auseinandersetzung mit den Themen Fundamentalismus, Gerechtigkeit und interreligiöser Dialog. Dabei strichen sie auch die Bedeutung der persönlichen Begegnungen mit Raymund Schwager und René Girard hervor. Kristina Stöckl, Professorin für Soziologie in Rom, ging anschließend dem Widerspruch zwischen einer verstärkten Rückkehr des Religiösen in den Sozialwissenschaften bei gleichzeitiger Nichtwahrnehmung der Theologie als Dialogpartner nach. Diesem „blinden Fleck Theologie“, wie Stöckl es nannte, gelte es in den Sozialwissenschaften entgegen zu arbeiten und die Vielstimmigkeit theologischer Stimmen und Fragen ernst zu nehmen. Religion dürfe nicht auf die Funktion eines „Providers“ für Wertehaltungen und -diskussionen reduziert werden. Alexander van Dellen setzte sich in seinem Beitrag mit dem Dialogischen Religionsunterricht als Ort der Geschwisterlichkeit auseinander und griff damit ein Thema auf, das Wolfgang Palaver persönlich sehr wichtig ist und das er am Abend auch ins Zentrum seiner Abschiedsvorlesung rückte. Im letzten Beitrag Pazifismus, Verteidigung und Friedensmoral im Ukrainekrieg griff Severin Renoldner, ehemals Kollege von Wolfgang Palaver und nunmehr Professor für Ethik, Moraltheologie und politische Bildung an der KPH Linz, das Spannungsfeld zwischen Friede und Gerechtigkeit auf und zeigte anhand des aktuellen Ukrainekrieges Möglichkeiten und Dilemmata eines pazifistisch geprägten christlichen Friedensengagements auf. (Dietmar Regensburger)
Kann Theologie Wissenschaft sein?
Rom: Namensliste von 1943 in kirchlichen Häusern Geretteten wiederentdeckt
Den ausführlichen Bericht im Newsroom der Universität finden Sie hier.
Gender und die Bibel. Eine empirische Untersuchung
Das an der Universität Graz und bei uns angesiedelte Projekt erforscht gegenwärtige Diskursfelder in römisch-katholischen und evangelikalen Kreisen in Österreich zu genderrelevanten Fragen wie zum Beispiel Frauenordination, Verhütung, Abtreibung, Homosexualität und Trauung gleichgeschlechtlicher Paare. Da das Thema „Identität“ eine zentrale Rolle in sozialer Interaktion im Allgemeinen spielt, ist es auch in religiösen Kontexten von großer Bedeutung: Wie geschieht Identitätsbildung von Personen innerhalb einer religiösen Gruppe und welche Rolle spielt dabei die Unterscheidung von anderen, ähnlichen Gruppen? Ziel des Forschungsprojekts ist es, den Umgang mit der Bibel in religiösen Gruppen in Österreich in Bezug auf soziale, politische und rechtliche Genderfragen zu untersuchen. Die Forschungsarbeit wird mit dem analytischen Instrument der „thick description“ arbeiten, um so katholische und evangelikale Gruppen zu erschließen und zu einem tieferen Verständnis des Interaktionsfelds Religion–Politik im heutigen Europa beizutragen. Durch den Einsatz sozialwissenschaftlicher Methoden und Theorien wird das Projekt methodologisches Neuland innerhalb der Forschungslandschaft zu Gender und Religion erschließen. (Nicole Bauer)
Gewaltfreiheit und Religion: Forschungsprojekt und Publikation
Neuerscheinungen
Provokateure, Tabubrüche und Denkabenteuer: Grenzüberschreitungen im frühen und spätantiken Christentum. Gedenkschrift für Thomas Karmann (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 125).
Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen 2023, 348 S.
ISBN 978-3-525-50025-5
Dieser Band in der Reihe Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte ist unserem ehemaligen Kollegen Prof. Dr. Thomas Karmann in Erinnerung gewidmet und beinhaltet Artikel mit Bezug auf seine eigenen Forschungsinteressen. Der Band enthält Beiträge von Andrew Doole (Barabbas as Adam in the Sermons of Jacob of Serugh), Boris Repschinski (Tradition und ihre Grenzen: Tora als Interpretationsmatrix matthäischer Christologie), Mathias Moosbrugger (Michel Foucault, Kirchenhistoriker? Ein intellektueller Provokateur und das Denkabenteuer Kirchengeschichte) und Thomas Karmann selbst (Symeon von Emesa – Narr in Christo oder Hund des Himmels? Christentum und Kynismus am Ende der Antike).
Politik des Evangeliums / Politics of the Gospel.
Festschrift für Wolfgang Palaver
innsbruck university press 2023, 454 S.
ISBN 978-3-99106-107-6
DOI 10.15203/99106-107-6 (open access eBook)
Darf ein überzeugter Katholik ein begeisterter homo politicus sein, oder muss er das vielleicht sogar? Wer Wolfgang Palaver kennt, weiß, dass er beides ist und dabei weder der Versuchung eines theokratischen Integralismus verfällt, noch sich mit der Abschiebung religiöser Überzeugungen in den Bereich des Privaten abfindet. Keinen Zweifel lässt er an der Notwendigkeit der Trennung von Kirche und Staat und einer Unterscheidung von Religion und Politik. Beides ist für den gläubigen Menschen aber aus seiner Religion heraus zu begründen. In der wohl nie ganz auflösbaren Spannung zwischen bedenklichem Machtanspruch der Kirche und ihrem notwendigen gesellschaftlichen Engagement spricht Palaver mitunter davon, dass es mehr darum gehe, eine theologische Politik zu entwickeln als eine politische Theologie; einen Weg zu finden, wie wir als Glaubende politisch so agieren können, dass unsere Welt offener für die Ankunft des von Christus verheißenen Gottesreiches wird. Das könnte man dann wohl eine Politik des Evangeliums nennen. Die enthaltenen Beiträge kreisen um die Frage, was die Orientierung am Gottesreich für Weltgestaltung bedeuten kann, wie Menschen ihren Glauben politisch verantwortlich in einer pluralen Welt leben können, in welcher Weise Gerechtigkeit und Friede Ausdruck des Gottesreiches und zugleich in Freiheit von Menschen gestaltete Lebensformen sind. Sie greifen damit einen Generalbass auf, der die akademischen Arbeiten und das politische Engagement von Wolfgang Palaver durchzieht, und spielen diesen in Variationen weiter, als vielstimmigen Dank an einen Kollegen zum Abschied aus seinem Berufsleben.
Petrus Canisius zwischen alten Traditionen und neuen Zeiten. Innsbrucker Petrus-Canisius-Tagung 2021 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 179).
Aschendorff Münster 2023, 282 S.
ISBN 978-3-402-11619-7
Der 500. Geburtstag des Jesuiten Petrus Canisius (1521–1597) – Diözesanpatron von Innsbruck und Gründer des hiesigen Jesuitenkollegs (und damit indirekt der Universität) – bot die Gelegenheit, neuen historischen Erkenntnissen und Perspektiven zu dieser bedeutenden Gestalt der Wiederbelebung des deutschen Katholizismus im 16. Jahrhundert ein Forum zu bieten. Dieser Band dokumentiert die Tagung, die zu diesem Zweck im Mai 2021 an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Innsbruck veranstaltet worden ist. Die hier versammelten Aufsätze machen das Bild eines faszinierenden Mannes sichtbar, der zwischen Mystik und Aktivismus, zwischen Rom und dem deutschsprachigen Raum, zwischen Mittelalter und Neuzeit, zwischen Reformation und Konfessionalisierung und zwischen Glauben und Aberglauben oszilliert ist.
Eine perfekte Lektüre nicht nur für diejenigen, die den 500. Geburtstag dieser historischen Schlüsselfigur „nachbereiten“, sondern auch für diejenigen, die das 100-jährige Jubiläum seiner Heiligsprechung und Kirchenlehrererhebung (1925) vorbereiten möchten!
Healing Mission. The Catholic Church in the Era of Global Public Health (Weltkirche und Mission 19).
Pustet Verlag Regensburg 2023, 260 S.
ISBN 978-379-173-4576
Theologische Studien zu bioethischen und medizinischen Fragestellungen vernachlässigen oft den Aspekt der Gesundheit der Bevölkerung(en). Andererseits hat die Covid-19-Pandemie das Ausmaß der Vernetzung zwischen Völkern und Nationen gezeigt. Trotz zahlreicher Studien zu den ethischen, sozialen und medizinischen Herausforderungen einer globalen Pandemie gibt es immer noch eine bemerkenswerte Lücke in der Reflexion über die Rolle der katholischen Kirche sowohl hinsichtlich der öffentlichen als auch der globalen Gesundheit. Die Beiträge geben Denkanstöße aus moraltheologischer, bioethischer und missionstheologischer Perspektive sowie aus der Sicht einer Gesundheitspastoral und eines sozialen Engagements der Kirche. Der Band erscheint in englischer Sprache.
Körper:Gender:Sexualität als Chance für die Theologie (theologische trends 33).
Katholisch-Theologische Fakultät 2023, 180 S.
ISBN 978-3-9505215-1-1
DOI 10.25651/1.2023.0001 (open access eBook)
Gott erschuf den Menschen nach seinem Bild, männlich und weiblich. So lesen wir es im ersten Buch der Bibel. Eine altbekannte und schöne Aussage, die aber dennoch viele Fragen aufwirft. Ist diese Textpassage mit der Forderung nach Geschlechtergerechtigkeit vereinbar, insbesondere, wenn die Realität vom Mann- und Frausein längst nicht so klar umrissen ist, wie es unsere Sprache vermuten lässt? Spricht der biblische Satz über das biologische Geschlecht (Sex) oder über das soziale Geschlecht (Gender)? Welches Konzept von Leiblichkeit und Sexualität findet sich überhaupt in den biblischen Schriften? Die Texte in diesem Band versuchen einen Beitrag zu einer zeitgemäßen Theologie der Körperlichkeit zu leisten, die Leiblichkeit und Sexualität als Geschenk und Stärke geschöpflichen Menschseins versteht und damit ein oftmals verzerrtes und durch Missbrauchsskandale kontaminiertes Thema neu im christlichen Glaubenskontext positionieren kann.