Symbolbild Vorwort

Vorwort

Wer die Wahl hat…

Wilhelm Guggenberger

Wie oft wurde heuer schon der Ausdruck „Superwahljahr“ bemüht. Ja, 2024 ist ein solches. Mit den Parlaments-Wahlen in Indien und der EU liegen die beiden größten demokratischen Urnengänge hinter uns, die es auf diesem Planeten gibt. In Innsbruck wurden Gemeinderat und Bürgermeister neu bestimmt und im Herbst steht uns noch eine Nationalratswahl ins Haus.

Was hat all das mit einer Katholisch-Theologischen Fakultät zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel. Bei genauerem Hinsehen vielleicht doch einiges. Nicht nur, dass eine ganze Reihe unserer Doktorand:innen aus Indien stammt und ihre Lebenssituation als Christ:innen in diesem Land nicht nur am Rande von der dort vorherrschenden Politik betroffen ist. Ich bin auch davon überzeugt, dass unsere Entscheidungen als Wählerinnen und Wähler nicht unberührt von unserer Glaubensüberzeugung bleiben können. Philosophie und Theologie helfen, diese Überzeugungen konsistent und nachvollziehbar argumentierend auszuformulieren und leiten dazu an, in Reflexion auf die Glaubenswahrheit einen adäquaten Glaubensweg zu entwickeln. Damit legt der Glaube in der Wahlkabine auf keine bestimmte Parteifarbe fest. Dies wurde in der Vergangenheit in unheilvoller Weise behauptet, mittlerweile als kirchliche Position jedoch gottlob überwunden. Eine christlich fundierte Weltanschauung ist deshalb aber doch nicht mit jeder Form von Politik kompatibel, wenn diese etwa immer offener gegen Menschenwürde und Solidarität zu agieren beginnt oder wenn sie unsere Verantwortung für den Lebensraum ignoriert oder gar leugnet, auf den wir Menschen und unsere nichtmenschlichen Mitgeschöpfe existentiell angewiesen sind.

Fundierte philosophische und theologische Forschung, Lehre und Vermittlung von Kenntnissen in die breitere Öffentlichkeit leistet auch einen Beitrag dazu, Entscheidungen rund um drängende Fragen der Zeit bewusster und begründeter treffen zu können. Es soll nicht verschwiegen werden, dass es dabei auch innerhalb der Theologie eine Bandbreite an Positionen und auch den Widerstreit von Ideen gibt. Anders könnte es in einer Wissenschaft gar nicht sein. So mag es etwa auch kontroverse Meinungen zum Gastbeitrag von Jörg Alt in der Rubrik Im Fokus geben. Ich habe ihn dennoch gebeten, seinen Blick auf ein christliches Engagement zum Klimaschutz in diesem Newsletter noch einmal zu präsentieren, da wir gerade in diesem Bereich vor enormen Herausforderungen stehen und es daher nicht genug Anstöße zum Weiterdenken und auch zum Handeln geben kann. Geht es letztlich doch um die Weltverantwortung von Universität, aber auch von Kirche.

Seine Verantwortung wahrgenommen sowohl in Universität als auch in Kirche hat mit großer intellektueller Redlichkeit und zugleich mit enormem Wohlwollen und mit Menschenfreundlichkeit Prof. Otto Muck SJ, den wir am 31. Mai in der Innsbrucker Jesuitenkirche zu Grabe getragen haben. Es ist mir ein Anliegen, auch an dieser Stelle nochmals an ihn zu erinnern; an den renommierten Philosophen, den Altrektor und ehemaligen Dekan unserer Fakultät, aber besonders an den Menschen, der das Gesicht der Katholisch-Theologischen Fakultät so lange in überaus positiver Weise mitgeprägt hat. Ich weiß, dass viele Leser:innen dieses Newsletters ihn ebenso vermissen werden wie die Mitglieder dieser Fakultät.

Wilhelm Guggenberger, Dekan

 

Für den Newsletter verantwortliches Redaktionsteam:
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