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Forschung

Tagung „Gatekeeping in Science“ // zu Gast: Rabbiner Tyson Herberger // TWF-Projekt „Humane Epistemology“ // FWF Projekt „Freedom of Religion and Belief in Times of Pandemic” // Neuerscheinungen

Was ist gutes Gatekeeping in der Wissenschaft?

Gatekeeping in ScienceAstronomen verkünden, dass es morgen eine Sonnenfinsternis geben wird. Astrologen behaupten, dass Sie heute in der U-Bahn die Liebe Ihres Lebens treffen werden. Wenn Sie vernünftig sind, glauben Sie den Astronomen, den Astrologen hingegen nicht. Warum tun Sie das, und was macht dieses Handeln richtigen? Die Antwort hat mit der Tatsache zu tun, dass die Astronomie eine (gut etablierte) Wissenschaft ist, während die Astrologie – zumindest soweit wir heute wissen – keine ist. Wir halten Wissenschaft (oder zumindest gute Wissenschaft, gut funktionierende Wissenschaft, Wissenschaft, die auf die richtigen Ziele ausgerichtet ist) für einen intellektuellen Goldstandard: Wenn wir eine Methode, ein Ergebnis oder eine Behauptung als „wissenschaftlich“ bezeichnen, weisen wir ihr automatisch eine hohe Glaubwürdigkeit zu.

Es ist jedoch nicht immer einfach, gute von schlechter Wissenschaft zu unterscheiden, oder zu erkennen, was wirklich wissenschaftlich ist und was nicht. Manchmal dringen falsche Experten in die „Tore“ ein, die die wissenschaftliche Gemeinschaft schützen sollen. Andererseits verschließt die wissenschaftliche Gemeinschaft ihre Tore manchmal zu früh oder zu fest, was dazu führt, dass potenziell wertvolle Gesprächspartner draußen bleiben, an den Rand gedrängt und vorzeitig aus der Debatte ausgeschlossen werden. In beiden Fällen läuft etwas im Gatekeeping-Mechanismus der Wissenschaft schief. Aber wie sieht ein gutes oder effektives Gatekeeping in der Wissenschaft aus?

Eine internationale Gruppe von Philosoph:innen und Psycholog:innen hat sich auf der Tagung „Gatekeeping in Science“ (24. bis 25. April 2024) mit dieser Frage intensiv auseinandergesetzt. Die Tagung wurde unter anderem vom TWF geförderten TrAU! Projekt, vom DK Religionsphilosophie und vom ICPR finanziert. Wer die Veranstaltung verpasst hat, wird bald die Möglichkeit haben, die Vorträge auf der Homepage des Projekts nachzuhören. (Federica Malfatti)

Besuch von Rabbi Prof. Tyson Herberger

Scriptural ReasoningVom 3. bis 7. Juni durften wir Rabbi Prof. Tyson Herberger bei uns an der Katholisch-Theologischen Fakultät begrüßen. Er unterrichtet an der Universität Südostnorwegen Religion und Religionspädagogik.

Rabbi Tyson Herberger folgte einer Einladung von Ass.-Prof. Mag. Dr. Michaela Quast-Neulinger, Institut für Systematische Theologie. Die beide lernten sich bei gemeinsamen Studien in Cambridge kennen. Das Programm war abwechslungsreich und sehr inspirierend für alle Teilnehmenden. Am Anfang stand ein Besuch mit Studierenden in der Innsbrucker Synagoge. Tags darauf fand im Haus der Begegnung ein Workshop „Scriptural Reasoning“ statt, den Rabbi Tyson Herberger gemeinsam mit Ass.-Prof. Mag. Dr. Michaela Quast-Neulinger und Dr. Hureyre Kam, Institut für Islamische Theologie und Religionspädagogik, leitete.

„Scriptural Reasoning“ ist ein Werkzeug des interreligiösen Dialogs, bei dem Menschen verschiedener Glaubensrichtungen zusammenkommen, um ihre Schriften zu lesen und darüber nachzudenken. Es geht nicht darum, Übereinstimmungen zu suchen, sondern vielmehr darum, die Texte und ihre möglichen Interpretationen über Glaubensgrenzen hinweg zu erforschen und voneinander zu lernen. Das Ergebnis ist oft ein tieferes Verständnis der eigenen und der anderen Schriften, sowie die Entwicklung starker Bindungen zwischen den Glaubensgemeinschaften.

Abschließend war Herberger Gastreferent im Forschungszentrum „Synagoge und Kirchen“ zum Thema des christlichen Antisemitismus.

Besonderer Dank geht an die Jesuitenkommunität und insbesondere an Univ.-Prof. Dr. Dominik Markl SJ für die Unterstützung. (Astrid Flir)

TWF-Forschungsprojekt „Humane Epistemology: An Inquiry Concerning Social-Epistemic Structured Ignorance“

Clement Mayambala. Foto: Clement MayambalaWir haben oft Vorurteile, die die Art und Weise, wie wir andere Menschen wahrnehmen, und die Überzeugungen, die wir über sie bilden, beeinflussen. Dazu gehört auch die Art und Weise, wie wir ihre kognitiven Fähigkeiten einschätzen, und die Überzeugungen, die wir von den Fähigkeiten anderer Menschen haben, Wissen zu vermitteln oder kompetent auszusagen. Wenn jemand beispielsweise eine bestimmte Minderheitengruppe mit Emotionalität oder mangelnder Intelligenz assoziiert, wird er dazu veranlasst, die Argumentation von Mitgliedern dieser Gruppe weniger ernst zu nehmen. Auf diese Weise können wir dazu neigen, die kognitiven Fähigkeiten von Angehörigen einer bestimmten Minderheitengruppe zu vernachlässigen/geringzuschätzen oder gar nicht erst wahrzunehmen. Dies hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Möglichkeiten der Angehörigen dieser Minderheit, sich im gesellschaftlichen Diskurs Gehör zu verschaffen.

In meinem Forschungsprojekt vertrete ich die Auffassung, dass solche Voreingenommenheiten Assoziationen und die daraus resultierenden Überzeugungen nur Beispiele für ein größeres soziales Problem sind, das ich als sozial-epistemisch strukturierte Ignoranz bezeichne. Sie ist eine Form von Unwissenheit, die aus dem sozialpolitischen System einer dominanten sozialen Gruppe entsteht und die dazu führt, dass Mitglieder nicht-dominanter Gruppen epistemisch unterdrückt werden. Viele Menschen leiden unter den Folgen dieser Ignoranz aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Nationalität, ihres ökonomischen Hintergrunds, ihrer Klassenzugehörigkeit, um nur einige zu nennen.

In meinem Forschungsprojekt entwickele ich einen neuen erkenntnistheoretischen Rahmen zur Bekämpfung von sozial-epistemisch strukturierter Ignoranz, den ich humane Erkenntnistheorie nenne. Dabei stelle ich die Frage, was Unwissenheit eigentlich ist, wie sie epistemisch und sozial strukturiert wird, und wie wir sozial-epistemisch strukturierte Ignoranz überwinden können. (Clement Mayambala)

FWF-Projekt an Land gezogen

Credit: PixabayDie Freude ist groß am Institut für Praktische Theologie der Universität Innsbruck. Der FWF hat ein Forschungsprojekt genehmigt, das Andreas Kowatsch, Institut für Kirchenrecht und Religionsrecht der Universität Wien, und Wilhelm Rees, Institut für Praktische Theologie, Fachbereich Kirchenrecht, der Universität Innsbruck zum Thema „Freedom of Religion and Belief in Times of Pandemic. A multilevel comparative law project on state and religious legal reactions to the SARS-CoV-2 pandemic” beantragt haben.

Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie griff der Staat in einer Weise in Grundrechte ein, die bislang in den liberalen Demokratien unvorstellbar gewesen war. Betroffen war davon auch das Grundrecht auf freie Religionsausübung und die seelsorgliche Betreuung Alter, Kranker und Sterbender. Die Maßnahmen wirken auch nach dem Ende der Pandemie in vielfältiger Weise fort. Das Ende der Pandemie bietet aber auch die Möglichkeit der Aufarbeitung mit dem Ziel, für ähnliche Herausforderungen in der Zukunft besser gewappnet zu sein. Das Projekt hat das Ziel, mittels eines mehrdimensionalen Rechtsvergleichs zu eruieren, innerhalb welcher rechtlicher Rahmenbedingungen das Gleichgewicht zwischen einem effektiven Gesundheitsschutz und der größtmöglichen Bewahrung der eigenverantwortlich gelebten Freiheit der Bürgerinnen und Bürger am besten gewährleistet werden kann.

Die österreichischen Erfahrungen werden einem Rechtsvergleich mit Frankreich und Deutschland unterzogen. Qualitative Befragungen der religiösen Entscheidungsträger in den drei Ländern sollen den religionsrechtlichen Befund bestätigen bzw. kontrastieren. Die Mehrdimensionalität des Projekts ergibt sich schließlich durch die explizite Einbeziehung des katholischen Kirchenrechts. Inwiefern hat die Pandemie das interne Recht der größten institutionalisierten Religion dynamisiert? Welche Impulse gingen auf minoritäre Religionen aus? Brachte die Pandemie nicht nur einen Backslash in traditionelle Geschlechterrollen, sondern vielleicht auch in ein überwundenes Bündnis des Staates mit einer bestimmten, gesellschaftlich gar nicht mehr vorherrschenden Religion? Gerade die letztgenannten Forschungsbereiche, die qualitativen Befragungen der religiösen Entscheidungsträger in den drei Ländern und die kirchenrechtlichen Aspekte und Auswirkungen, liegen in der besonderen Verantwortung des Instituts für Praktische Theologie, der empirische Bereich bei Johannes Panhofer, der kirchenrechtliche Bereich bei Wilhelm Rees. (Andreas Kowatsch, Johannes Panhofer, Wilhelm Rees)

Neuerscheinungen

Crashkurs LiturgieLiborius Olaf Lumma:

Crashkurs Liturgie. Eine kurze Einführung in den katholischen Gottesdienst
5. grundlegend neu bearbeitete Auflage.

Verlag Friedrich Pustet Regensburg 2024, 200 S.
ISBN 978-3-79173-530-6

„Ein herausragendes Werk über den katholischen Gottesdienst“ – so loben viele Besprechungen den „Crashkurs Liturgie“, der schon mit seiner ersten Auflage zum Standardwerk avancierte. Jetzt legt der Autor die fünfte, grundlegend neu bearbeitete Auflage vor. Eine neue Gliederung des Stoffs, wichtige Aktualisierungen, neue, übersichtliche Schautafeln und Abbildungen sowie ein Glossar, das Fachbegriffe erklärt und vertieft, markieren den Mehrwert der Neuauflage. Der Crashkurs bietet fundiertes, leicht lesbares Grundwissen über den katholischen Gottesdienst, verweist aber auch auf östliche Traditionen. Er thematisiert Eucharistiefeier, Tagzeitenliturgie, Wort-Gottes-Feiern, Sakramente und Sakramentalien, das Kirchenjahr, die Rollen in der Liturgie, Kirchenraum, Körperhaltungen und liturgische Gewänder – kurz: alles, was man über den katholischen Gottesdienst wissen sollte. (Verlagstext)

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Frieden findenStefan Hofmann, Georg Fischer:

Frieden finden (Ignatianische Impulse 100)

Echter Verlag Würzburg 2024, 110 S.
ISBN 978-3-42905-938-5

Wie zerbrechlich ist der Friede geworden! Im Äußeren sehen wir das in Unruhen und Kriegen. Im Inneren vertreiben Sorgen und Ängste, Streitigkeiten und Konflikte unseren Frieden. Wie in den vielfachen Krisen zum Frieden finden? Wie Frieden stiften oder wenigstens zum Frieden beitragen? Die Bibel und die Spiritualität der Jesuiten bieten hier wertvolle Anregungen. Die Autoren zeigen Wege zu tieferem innerem und äußerem Frieden auf. Sie sprechen Stolpersteine an und stellen Übungen für den Alltag vor.

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Theology and UniversityFáinche Ryan, Dirk Ansorge, Josef Quitterer (eds.):

Theology and the University

Routledge 2024, 246 S.
ISBN 978-1-03249-107-3

Theology and the University presents a compelling argument as to why theology still matters. It considers how theology has been marginalised in the academy and in public life, arguing that doing so has serious repercussions for the integrity of the academic study of religion.
The chapters in this book demonstrate how theology, as the only discipline which represents religion from within, provides insight into aspects of religion which are hidden from the social sciences. Against a backdrop of heated debates on the role of the humanities in the university, the book highlights the specific contribution of theological education and research to the work of a university, providing essential information for academic and social/political decision-making. Whilst the book has an emphasis on the Catholic tradition, it explores the prospect of fruitful complementarity and interdisciplinarity both with secularised studies of religion, and other disciplines in the university, such as literature, philosophy, and the social sciences.
This book provides orientation for decision-makers, particularly those concerned with the broader question of humanities in the university; students in their choice of study; those interested in the wellbeing of today’s universities; and ecclesial authorities seeking to form leaders capable of intelligent responses to the issues of contemporary society. It is a must read for all researchers of theology, as well as anyone interested in the role of the humanities more broadly.

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Religiöse VorstellungenKarin Peter (Hg.):

Religiöse Vorstellungen von SchülerInnen erforschen. Grundlagen – Forschungsprojekte – Perspektiven (Religionspädagogik innovativ 60).

Kohlhammer 2024, 216 S.
ISBN 978-3-17-043903-0 (Print), 978-3-17-043904-7 (E-Book Open Access)

Mit welchen Vorstellungen nähern sich Schüler:innen fachspezifischen Themenbereichen? Wie wirken sich Heterogenitätsmerkmale Heranwachsender auf ihre Vorstellungen aus? Weshalb und wie werden Vorstellungen verändert?
Diese Fragen sind in allen fachdidaktischen Disziplinen von entscheidendem Interesse und werden systematisch erforscht. Die Vorstellungsforschung in der Domäne Religion zeigt sich dabei bisher allerdings sehr disparat und wenig klar theoretisch verortet. Der vorliegende Band bietet deshalb eine umfassende Standortbestimmung. Grundsätzliche Fragestellungen zu religiösen Vorstellungen von Schüler:innen und deren Erforschung werden in Rückbindung an konkrete Forschungsprojekte bearbeitet. So wird die bestehende Forschungslandschaft differenziert ausgelotet und vielfältige weiterführende Perspektiven werden aufgezeigt.

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Cover Religion Macht Strukturen MissbrauchUrsula Schattner-Rieser, Wilhelm Rees (Hg.):

Religion.Macht.Strukturen.Missbrauch

innsbruck university press 2024, 392 S.
ISBN 978-3-99106-131-1

Die Themen Strukturenmissbrauch und Diskriminierung, insbesondere im Zusammenhang mit Religion und Macht, wurden viel zu lange ignoriert. Die Enthüllung und Vorbeugung gegen religiös motivierte Missbräuche, einschließlich des Missbrauchs geistlicher Autorität, sind von grundlegender Bedeutung und erfordern dringende Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen: spirituell, rechtlich, pädagogisch, gendertheoretisch und religiös.
In diesem Buch nehmen namhafte Beitragende wie Simone Paganini, Josef M. Oesch, Mira Stare, Martin Hasitschka, Erika Kegyes, Angelika Ritter-Grepl, Ursula ­Schattner-Rieser, Konrad Breitsching, Nicole Maria Bauer, Wilhelm Rees, Doris ­Reisinger, Martin Pusch und Johannes Brunner Stellung zu folgenden Themen: Macht und Missbrauch in den Heiligen Schriften des Alten und Neuen Testaments, Gendergerechtigkeit und Amt, Definition von Macht und Machtposition in der Kirche sowie Missbrauchs­aufklärung und Prävention sexueller Gewalt.

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