„Glaube und Politik in einer pluralen Welt”
Innsbrucker Theologische Sommertage
Bei der Planung der diesjährigen Innsbrucker Theologischen Sommertage (4./5. September 2017) konnten wir noch nicht wissen, dass 2017 auch in Österreich ein Wahljahr werden würde. Doch das Thema lag ohnehin in der Luft und passte dann auch hervorragend in die aktuelle Situation. Acht Lehrende unserer Fakultät beleuchteten es. Besonders heraus stachen dabei Darlegungen von A. Doole über die ersten Jahrhunderte des Christentums, in denen Vorstellungen von einem christlichen Land und speziellen christlichen Festen als unchristlich abgelehnt worden wären sowie die Beiträge zu Populismus und christlichem Glauben von W. Sandler und zur prinzipiellen Unterscheidung des Staatlichen und Religiösen von W. Palaver. Am heftigsten diskutiert wurde nach G. Leibolds Referat über die Frage, ob denn nun Europa wirklich christlich sei oder sein solle. Doch es gab auch Erheiterndes, als C. Paganini die in satirischen Internetvideos über den US-Präsidenten verborgenen christlichen Werte herausarbeitete. Wer Näheres erfahren möchte: Die Beiträge wurden zeitgleich veröffentlicht (siehe die Neuerscheinungen in diesem Newsletter).
Für mich waren dies auch die letzten Theologischen Sommertage unter meiner Leitung. Da ich inzwischen andere Verpflichtungen an der Fakultät eingegangen bin, habe ich die Leitung an Claudia Paganini abgegeben. Ich danke allen Beteiligten für die gute Zusammenarbeit und wünsche Claudia alles Gute für ihre Tätigkeit. Übrigens: Die nächsten Theologischen Sommertage finden vom 3.-4. September 2018 unter dem Motto „Bewegende Gestalten des Glaubens: Hoffnungsträger und Stolpersteine“ statt. (Nikolaus Wandinger)
Feier zum 75. Geburtstag von P. Hans Goller SJ
Am 4. Oktober 2017 feierte die Fakultät den 75. Geburtstag von Univ.-Prof. i.R. Dr. Hans Goller mit einem Festvortrag von Prof. Dr. Godehard Brüntrup, München, zum Thema „Motiviert durch Visionen? Ignatius von Loyola, empirische Psychologie und analytische Handlungstheorie“. Hans Goller wurde am 3. Oktober 1942 in Castelruth/Tagusens geboren. Nach dem Philosophiestudium in München absolvierte Hans Goller an der St. Louis University und an der Xavier University in Cincinnati ein Masterstudium in klinischer Psychologie. 1978 erfolgte die Promotion im Fach Psychologie an der Universität Innsbruck. Hans Goller ist ausgebildeter Psychotherapeut und lehrte zunächst an der Hochschule für Philosophie in München, die er von 1994 bis 1999 als Rektor leitete. Im Jahr 2000 wurde er als Universitätsprofessor für Christliche Philosophie an die Universität Innsbruck berufen. Obwohl er sich seit 2008 offiziell im Ruhestand befindet, lehrt und publiziert Hans Goller weiterhin in den Bereichen Psychologie, Philosophische Anthropologie und Philosophie des Geistes. Er ist Autor von sechs Monographien (u.a. zur Emotionspsychologie, Philosophie des Geistes und Neurotheologie); dieses Jahr erschien sein vielbeachtetes Werk mit dem Titel „Das Rätsel Seele – Was sagt uns die Wissenschaft?“
Die Fakultät wünscht Hans Goller weiterhin viel Erfolg und Freude bei seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. (Josef Quitterer)
NachwuchsforscherInnen präsentieren sich
Am 23.10.2017 fand die Ausstellungseröffnung „Wissenschaftsposter“ im Kunstgang der Katholisch-Theologischen Fakultät Innsbruck statt. Die Poster wurden von DoktorandInnen im Rahmen der Lehrveranstaltung „Wissenschaftsdidaktik“ erstellt, die von Roman Siebenrock und Martina Kraml geleitet wird. Aufgabenstellung in der Lehrveranstaltung war, das eigene Dissertationsprojekt in Form eines wissenschaftlichen Posters zu visualisieren.
Daran beteiligten sich in diesem Jahr Michael Anderl, Francis Enyam, Marisa Gasteiger, Margit Haider, Emil Hobi, Gilbert Kabiru, Jonathan Kuuyonongme, Volodymyr Mamchyn, Abraham Orgino, Piotr Patyk, Adam Pendel, Roman Ptasiuk, Hernán Rojas, Georg Sauerwein, Helmut Schumacher und Grzegorz Stochel.
Studiendekan Nikolaus Wandinger betonte in seiner Rede, dass der Dissertationsprozess ein die ganze Persönlichkeit und das gesamte wissenschaftliche Fach umfassender Prozess sei und deswegen Lehrveranstaltungen und Projekte nicht als hinderlich betrachtet werden dürften, sondern diesen Prozess unterstützen würden.
Im Anschluss daran präsentierten fünf DoktorandInnen ihr Dissertationsprojekt. Mit einem kleinen Buffet schloss die Eröffnung ab.
Allen DoktorandInnen, der Lektorin Monika Datterl, der studentischen Mitarbeiterin Bettina Preuner, Elisabeth Walter vom Sekretariat für Praktische Theologie sowie allen Anwesenden sei herzlich gedankt. Der Vizerektorin für Forschung gilt ein besonderer Dank für die finanzielle Unterstützung. (Martina Kraml)
Internationale Konferenz "Apocryphal Stories of Jesus' Birth: The Protevangelium of James and Related Texts"
Von 23. bis 25. Oktober 2017 fand an unserer Fakultät ein hochkarätig besetztes Symposion zu apokryph gewordenen Geburts- und Kindheitserzählungen statt. Organisiert wurde die Tagung vom Institut für Bibelwissenschaften und Historische Theologie sowie vom Forschungszentrum „Synagoge und Kirchen“ unter Federführung von Thomas Karmann, Boris Repschinski und Andrew Doole. Neben vier Referenten aus der Fakultät konnte eine stattliche Anzahl renommierter Apokryphen-Forscher aus Armenien, Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen, der Schweiz und den USA gewonnen werden. Im Zentrum der Konferenz stand das Protevangelium Jacobi, eine der bekanntesten, aber auch ältesten apokryphen Schriften, die eine enorme Wirkungsgeschichte in Kunst und Liturgie aufweist. Darüber hinaus wurden aber auch spätere Texte wie das armenische Kindheitsevangelium, die von Brent Landau neu entdeckte Revelatio Magorum oder die verschiedenen lateinischen Traditionen in den Blick genommen. Hinsichtlich des Protevangeliums konnte das Symposion eine ganze Reihe neuer Perspektiven für die künftige Forschung eröffnen, herausgestellt wurde u.a. der eindeutig christologische Skopus und das – wie auch immer geartete – jüdisch-biblische Setting der Schrift. Sehr erfreulich war, dass neben den Experten auch zahlreiche Studierende und Gäste an der Tagung teilnahmen. Die Konferenz wurde großzügig vom Forschungsschwerpunkt „Kulturelle Begegnungen – Kulturelle Konflikte“ unterstützt. Die Beiträge sollen 2018 in der von Jan Bremmer und Tobias Nicklas herausgegebenen Reihe Studies on Early Christian Apocrypha bei Peeters in Löwen erscheinen. (Thomas R. Karmann)
Tierrechte als eine Frage der sozialen Gerechtigkeit
3. Austro-Kanadischer Ethikworkshop am 3. November 2017
Der Einsatz für Tierrechte wird in der gesellschaftlichen Debatte häufig zur Nebensächlichkeit degradiert. Entsprechend wird dann auch die Entscheidung belächelt, den eigenen Lebensstil der Überzeugung anzupassen, dass nichtmenschliche Tiere einen moralischen Status besitzen, oder sie wird als Frage des persönlichen Geschmacks abgetan. In eine ganz andere Richtung ging der Anfang November in Kooperation mit dem Kanadazentrum und den Human-Animal-Studies am Institut für Christliche Philosophie ausgetragene interdisziplinäre Ethikworkshop „Animal Rights in Today’s Society“. Unter großer Publikumsbeteiligung machte der Soziologe John Sorenson von der kanadischen Brock University klar, dass ein angemessener Umgang mit unseren Nutztieren sowie mit Wildtieren eine Frage der sozialen, die Speziesgrenzen überschreitenden Gerechtigkeit ist.
In eine ähnliche Richtung ging der Philosoph Tomaž Grušovnik von der University of Primorska (Slowenien), wobei er sich insbesondere mit dem Problem der kognitiven Dissonanz seitens der Konsumenten von tierischen Produkten auseinandersetzte. Die Mitglieder der Innsbrucker Human-Animal Studies – Gabriela Kompatscher-Gufler, Reingard Spannring und Claudia Paganini – stellten aus ihren jeweiligen Fächern heraus Zugänge zum Thema dar und Martin M. Lintner von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen präsentierte die Kernthese seiner jüngsten Publikation.
Bei der angeregten Debatte wurde deutlich, dass Tierethik, selbst wenn man sie aus verschiedenen Perspektiven heraus betreibt, ein gemeinsames interdisziplinäres Anliegen sein kann und dass das Ernstnehmen fremder Positionen jedenfalls dazu beiträgt, dass der Diskurs vorangetrieben und das Wohlergehen der nichtmenschlichen Tiere schließlich mehr und mehr – so ist zu hoffen – als ein gesellschaftlich relevantes Thema anerkannt wird. (Claudia Paganini)
Sophia forscht: "Wissenschaftlerinnen gestalten den philosophisch-theologischen Grenzraum"
Seit Juni 2017 veranstaltet Sophia forscht die Tagungsreihe „Wissenschaftlerinnen gestalten den philosophisch-theologischen Grenzraum“. Die Reihe stellt die aufschlussreiche Palette der Forschungsprojekte der Wissenschaftlerinnen der Theologischen Fakultät Innsbruck heraus und ermöglicht den interdisziplinären Austausch. In ihrem Rahmen wird eine gleichnamige internationale Publikation geplant. Die Antrittstagung fand am 20. Juni 2017 an der Universität Innsbruck statt. Die zweite erfolgte am 26. September gemeinsam mit den Wissenschaftlerinnen aus Brixen und die dritte wird am 14. November veranstaltet. Eine vierte wird für das Frühjahr 2018 geplant.
Vorgetragen haben bisher Michaela Neulinger über ihre politische Theologie der Verwundbarkeit, Gertraud Ladner über die Entwicklung internationaler Frauennetzwerke in der Theologie und Claudia Paganini über das Spannungsfeld zwischen unterschiedlichen ethischen Theorien. Teresa Peter sprach über das Verhältnis von rationaler Glaubensreflexion und meditativer Glaubenspraxis in östlichen und westlichen religiösen Traditionen, Katherine Dormandy über die Erkenntnistheorie religiöser Marginalisierung und Martina Kraml nahm sich die Rolle der Kontingenz in Forschungsprozessen sowie in der interreligiösen Forschung und Lehre vor.
Die Diskussionen waren spannend und konstruktiv, wobei insbesondere die breite Interdisziplinarität einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat. Sophia forscht bedankt sich bei der Katholisch-Theologischen Fakultät für die Unterstützung und bei der Vizerektorin für Forschung der Universität Innsbruck für die Förderung der Forschungstage und der Publikation. (Katherine Dormandy)