Exkursion in die Schweiz: Inspirationen für eine geschlechtergerechte Kirche
Vom 23. bis 25. Mai gingen Michaela Quast-Neulinger und Anni Findl-Ludescher gemeinsam mit einer Gruppe von 13 Teilnehmer:innen auf Entdeckungsreise in die Schweiz. Unter dem Motto „Nicht ohne Frauen beraten und entscheiden“ gab es einiges zu entdecken. Zwei Highlights:
Das Benediktinerinnenkloster Fahr in der Nähe von Zürich war eine echte Entdeckung: Dort nahm die Gruppe beim wöchentlichen Donnerstagsgebet teil. Seit 2019 bitten und danken die Fahrer Ordensschwestern nun bereits jeden Donnerstag aufs Neue – öffentlich und unter Anrufung der Geisteskraft – für ihr Herzensanliegen: Eine Kirche mit den Frauen, ohne geschlechterbezogene Diskriminierung. Die Priorin Irene Gassmann erläuterte den Ansatz der Gemeinschaft, wie sie versuchen, in der traditionellen Form des klösterlichen Lebens, von Spiritualität durchdrungene Akzente für eine geschlechtergerechte Kirche zu setzen.
In St. Gallen besuchte die Gruppe ein besonderes Projekt, das sich mit der heiligen Wiborada befasst. Wiborada lebte im 10. Jahrhundert als Inklusin; also freiwillig allein und in Zurückgezogenheit in einer Zelle. Sie war für ihre Weisheit geschätzt und wurde oft für Ratschläge aufgesucht. Als erste Frau wurde sie offiziell von der Kirche heiliggesprochen. Unter der Leitung von Hildegard Aepli gibt es ein Projekt, um die Spiritualität der heiligen Wiborada neu zu beleben. So wurde am ursprünglichen Ort bei St. Mangen in St. Gallen wieder eine moderne Wiborada-Zelle gebaut. Dort können sich Freiwillige für eine Woche einschließen lassen, um wie Wiborada in Abgeschiedenheit zu leben und in Weisheit zu wachsen. Die Gruppe hatte das besondere Glück, den Wechsel zweier Inklus:innen mitzuerleben.
Inspiriert und motiviert kehrt die Gruppe zurück – mit einem realistischen Blick auf die Spielräume, die es im kirchlichen Leben in Bezug auf die Geschlechtergerechtigkeit jetzt schon gibt, und mit der Hoffnung auf Veränderungen.
(Anni Findl-Ludescher)
Forschungsreise des Doktoratskollegs „Catholic Theology in a Globalised World“
Vom 25. bis 30. Juni 2024 veranstaltete das Doktoratskolleg „Catholic Theology in a Globalised World“ eine Forschungsreise zu Themen des interreligiösen und innerkirchlichen Dialogs und der globalen Entwicklung nach Rom.
Anlass der Romreise war die von Papst Franziskus einberufene Weltsynode, die im Oktober 2024 ihren Abschluss findet und deren Ergebnisse mit Spannung erwartet werden. Die zwölf Teilnehmer:innen besuchten deshalb nicht nur die für Dialog und Entwicklung zuständigen römischen Dikasterien und die Jesuitenkurie, sondern auch das Synodensekretariat, in dem gerade das „Instrumentum laboris“ für die Generalversammlung der Synode im Oktober vorbereitet wurde. Giacomo Costa SJ vom Synodenteam gab wertvolle Einsicht in die Vorbereitung der Versammlung und stellte sich den Fragen der internationalen Gruppe aus Innsbruck. Durch Begegnungen mit Mitarbeiter:innen aus dem Dikasterium für den interreligiösen Dialog, dem Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung und dem vatikanischen Staatssekretariat wurden Engagement und Sorge für die globale Verständigung und die integrale Entwicklung des Menschen sehr konkret erlebbar. „Catholic Theology in a Globalised World“ vollzog sich allerdings nicht nur in den Arbeitssitzungen mit theologischen Experten, sondern auch in den Diskussionen der Gruppe selbst: Ein Drittel unserer Gruppe kam aus Afrika, ein Drittel aus Asien und ein Drittel aus Europa! „One of the highlights of this academic trip was the group itself—diverse in backgrounds but united in purpose—which made the trip truly memorable,” so ein Mitglied der Gruppe im Rückblick. Angeregt wurde die theologische Diskussion auch von Begegnungen mit qualifizierten Praktiker:innen vor Ort, z. B. von der im ökumenischen Dialog engagierten Fokularbewegung. Zwischen den Begegnungen erschloss Prof. Roman Siebenrock durch äußerst spannende kunsthistorische Führungen Rom als theologischen Ort. Die theologischen Diskussionen mündeten jeweils in ein gemeinsames Abendessen in einer lokalen Osteria, der sich teils auch die Gesprächspartner der Fachgespräche anschlossen.
(Stefan Hofmann SJ)
Christlich-Muslimische Beziehungen: Perspektiven auf Al-Andalus
Die Katholisch-Theologische Fakultät Innsbruck kooperiert im Rahmen des HEST-Clusters „Christian-Muslim Relations“ eng mit den Universitäten Loyola Andalucía, Frankfurt-St. Georgen und St. Joseph/Beirut. Im Rahmen eines ERASMUS Blended Intensive Programms erkundeten 20 Lehrende und Studierende von 30. Juni – 6. Juli 2024 die verschiedenen Perspektiven auf al-Andalus, die Epoche muslimischer Herrschaft auf der iberischen Halbinsel. Neben Vorlesungen zu den Aneignungen und Ablehnungen von „al-Andalus“ bis in die heutige Zeit in Forschung, Religionsgemeinschaften und Politik erfolgten Besichtigungen der Alhambra und der Moschee-Kathedrale in Cordoba. Vor allem aber konnte im Zuge der Studienwoche die Grundlage für eine weitere intensive Zusammenarbeit in Forschung und Lehre innerhalb der Jesuiten-Universitäten in Europa und im Libanon gelegt werden. So sind die Teilnehmer:innen der Studienwoche in diesen Tagen fest verbunden mit ihren Freund:innen an der Université St. Joseph in Beirut.
(Michaela Quast-Neulinger)
Ökumeniker-Tagung der Jesuiten
Die International Society of Jesuit Ecumenists (JesEcum), in Kooperation mit dem Institut für Systematische Theologie, richtete ihre diesjährige Konferenz von 16. bis 18. Juli an unserer Fakultät aus. Die International Society gibt es seit fast 60 Jahren und ist eine weltweite Vereinigung von Jesuiten, die Ökumene lehren oder ökumenisch arbeiten. Sie ist eine Einrichtung der Generalskurie SJ in Rom. Dieses Mal waren nur die Mitglieder der Leitung von JesEcum eingeladen, um über die Zukunft des JesEcum-Kongresses und der International Society zu beraten.
Die drei Konferenztage waren geprägt von Impulsvorträgen, intensiven Diskussionen, einem im Gebet getragenen ignatianischen Unterscheidungsprozess und Eucharistiefeiern. Das genaue Aufeinanderhören war dabei ein charakteristisches Merkmal des Treffens. Die Beiträge der einzelnen Teilnehmer vertieften das Verständnis der Fragestellungen und waren eine große Bereicherung. Zum Teil gingen die Diskussionen bei den Mahlzeiten weiter, die wir in der Gemeinschaft des Jesuitenkollegs Innsbruck einnahmen. Auffallend war die große Übereinstimmung in wesentlichen Fragen und Antworten, die ein Voranschreiten in die Zukunft erleichtern werden.
Ein großer Dank gebührt dem Institut für Systematische Theologie als Kooperationspartner, sodass die Konferenz an der Katholisch-Theologischen Fakultät stattfinden konnte, sowie unserer Sekretärin Handan Öztürk, die sich um den Kaffee in den Vormittagspausen zuverlässig gekümmert hat. Ebenso herzlich ist dem Jesuitenkolleg und seinem Rektor P. Christian Marte SJ zu danken, der die Konferenz großzügig unterstütze.
(Markus Schmidt)
Eine neue Menschlichkeit leben: Christlich-muslimischer Dialogcluster „Tutti Fiori“ der Fokolarbewegung tagte im Montafon
Von 26. bis 31. August 2024 tagte der christlich-muslimische Dialogcluster „Tutti Fiori“ der Internationalen Fokolarbewegung in St. Gallenkirch (Vorarlberg). Aus der katholisch-theologischen Fakultät Innsbruck, die den Cluster mitgegründet hat und gemeinsam mit der Fokolarbewegung trägt, waren Roman Siebenrock als Koordinator, Wolfgang Palaver und Michaela Quast-Neulinger mit dabei.
Die Dialoggruppe besteht derzeit aus ca. 20 Mitgliedern aus Innsbruck, Deutschland, der Schweiz und Rom und befasset sich aus christlicher und muslimischer Perspektive mit der Spiritualität Chiara Lubichs. „Der interreligiöse Dialog ist Teil der Grundsendung der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, ja, ich würde sagen, mit dem Dialog steht und fällt die Kirche. Der Dialog ist keine bloße Expertensache, sondern jede und jeder kann und soll seinen Teil beitragen, indem wir aufmerksam füreinander da sind, das Leiden und Leben miteinander teilen“, fasst Roman Siebenrock zusammen. Für Adnane Mokrani, muslimischer Theologe an der Universität Gregoriana, ist der Cluster ein „Raum des Wachstums“, eine „Übung spiritueller Intelligenz“, in dem eine neue Menschlichkeit entsteht.
Mokrani hielt fest: „Wir sind keine Träumer. Unser Denken hat eine mystische Wurzel, doch sie versucht die Herausforderungen der Zeit, die Gewalt, in einer gewaltfreien Form anzugehen. Dass alle Leben denselben Wert haben, wir alle gleich sind, alle Kinder gleich sind – was so selbstverständlich schien, muss in unserer Zeit dringend aktiv eingefordert werden.“
Die tiefen Verwundungen durch Krieg, Hass, Gewalt machen den Dialog oft aussichtslos. „Aber wir wollen sehen, was den Frieden verhindert und wie unsere verschiedenen Religionen helfen können, den Frieden voranzubringen“, fasste Rita Moussallem, die selbst aus dem Libanon stammt und in der Fokolarbewegung für den interreligiösen Dialog verantwortlich ist, zusammen.
(Michaela Quast-Neulinger)
Innsbrucker Theologische Sommertage
Die Innsbrucker Theologischen Sommertage fanden heuer zum 25. Mal statt. Seit dem Jahr 2000 beleuchten sie – seit vielen Jahren finanziell unterstützt durch den Bischof von Innsbruck und das Stift Wilten – ein aktuelles, gesellschaftlich relevantes Thema aus verschiedenen theologischen und philosophischen Blickwinkeln. Im Jubiläumsjahr widmeten wir uns Gott – eine Provokation. Die Tagung am 2. und 3. September 2024 stieß auf reges Interesse; mit 50 bis 80 theologiebegeisterten Personen war der Madonnensaal sehr gut gefüllt.
Die Leitung und Gesamtorganisation hatte in diesem Jahr Petra Juen inne, die uns durch zwei inhaltlich sehr spannenden Tage führte, in denen ein breiter Reigen an Fachdisziplinen zu Wort kam. Den Auftakt machte die Philosophie mit einer kritischen Frage nach Gottesbeweisen und guten Gründen, die Existenz Gottes anzunehmen. Theologisch setzten wir uns mit Gottes Provokationen für die Glaubenden auseinander und analysierten das Ringen um Gott bzw. um eine Gottesbeziehung aus religionspädagogischer Sicht. Wir befassten uns mit den Spannungsfeldern von Gott im Kindergarten und provokativen Gottesbildern in der Bibel. Die heutige gesellschaftliche Situation wurde aus dem Blickwinkel christlicher Sozialkritik und in der Frage nach dem Gemeinwohl untersucht.
Auch die aktuelle Debatte, ob Gott nicht immer noch zu oft männlich gelesen wird, und was wir dagegen tun können, wurde weitergeführt. Daran schloss die Podiumsdiskussion am Montagabend an, bei der die Künstlerin Ursula Beiler mit dem kunstinteressierten Innsbrucker Bischof Hermann Glettler sowie den beiden Wissenschaftler:innen Claudia Paganini und Bernhard Braun über die Provokation durch künstlerische Darstellungen Gottes diskutierten.
Auch in diesem Jahr gibt es wieder die Möglichkeit die Vorträge als open access Publikation nachzulesen, der Tagungsband Gott – eine Provokation wurde von Wilhelm Guggenberger, Petra Juen und Claudia herausgegeben. Zudem werden die Vorträge noch bis 24. November in der Sendereihe „Sonntagakademie“ auf Radio Grüne Welle ausgestrahlt und können auch auf der Webseite der Innsbrucker Theologischen Sommertage nachgehört werden.
(Petra Juen)